Die Trinity Verschwörung
Konsequenzen zu rechnen.« Grek sah, dass Somers antworten wollte, und hob die Hand, um ihn daran zu hindern. » Es reicht«, sagte er, während er mit der Schuhspitze die Zigarettenkippe in den Sand drehte. » Beim nächsten Mal wird ein entschieden weniger höflicher Mensch Sie besuchen kommen. Beim nächsten Mal wird man Sie vielleicht bitten, die zwanzigtausend Pfund zurückzuzahlen, die wir Ihnen für Ihr Schweigen gezahlt haben. Für Ihr Schweigen, Calvin. Hab ich mich klar genug ausgedrückt?«
» Sicher«, sagte Somers. In der ungeheuer erleichternden Erkenntnis, dass man ihm noch einmal verziehen hatte und er gleich nach Hause gehen durfte, war alles Maulheldentum von ihm abgefallen. » Ja, sicher.«
» Gut.«
» Und ich darf sagen, dass ich nie die Absicht hatte, Ihnen Ärger …«
Aber Alexander Grek hatte sich bereits umgedreht und war auf dem Weg zu seinem Mercedes, ließ Calvin Somers einfach so ins Leere reden, denn dort, wo er gestanden hatte, schwirrten jetzt Insekten kreuz und quer durch den vom Gegenlicht beleuchteten Schleier aus Staub und Pollen. Die Erleichterung machte sich durch ein hörbares Gluckern im Bauch des Krankenpflegers bemerkbar, und er ging eiligen Schrittes weiter. Der Wind kühlte den Schweiß in seinem Unterhemd, und er zog die Fleecejacke wieder über, um nicht zu frieren.
Das Feld war eine weite Fläche mit erntereifem Mais, und als er sie erreichte, fühlte er sich schon sichtlich besser. Er war frei. Sie hatten ihn erwischt, aber der Russe hatte ihm eine zweite Chance gegeben. Er ging am Rand des Feldes entlang, ermutigt durch diesen Gedanken, und schon bald stellte er sich das Glas Wolf Blass Chardonnay vor, das er sich einschenken würde, vielleicht sogar das Päckchen Zigaretten – zehn, nicht zwanzig –, die er sich in der Tankstelle neben seiner Wohnung kaufen würde. Er hatte Lust auf eine Zigarette. Auf etwas, das seine Nerven beruhigte.
Es war zehn Minuten her, dass die beiden FSB -Mitarbeiter, die zusammen mit Alexander Grek zum Mount Vernon Hospital gefahren waren, den Mercedes verriegelt und die Hauptstraße überquert hatten, nachdem ihr Vorgesetzter außer Sichtweite war. Der erste Mann, seine Name war Karl Stieleke, war ungefähr dreihundert Meter nach Westen gegangen und hatte sich in einem Bogen dem Pfad genähert, auf dem Grek und Somers ihr Gespräch führten. Der zweite Mann, er hieß Nicolai Doronin, war vom Parkplatz aus in östlicher Richtung losgegangen, bis er das Ende eines staubigen Feldwegs erreicht hatte, der um den Wald herumführte. Stieleke war unter einer Kastanie stehen geblieben, von der aus er Greks Verhör belauschen konnte. Jetzt folgte er Calvin Somers, der im sterbenden Tageslicht an einem Maisfeld entlangging, auf dem Weg zu seiner Wohnung in Harefield.
Somers war einen knappen Kilometer vom Krankenhaus entfernt und hatte mittlerweile den Rand eines großen Waldes erreicht, als er bemerkte, dass er verfolgt wurde. Um nach Hause zu kommen, musste er durch den Wald, es gab keine Abkürzung, keinen anderen Weg. Als er sich umdrehte, erblickte er einen Mann Ende zwanzig in Jeans und Polohemd. Kein Hund begleitete ihn, und er sah auch sonst nicht aus wie einer, der an einem Spätsommerabend einen Spaziergang machte. Somers hätte wetten können, dass er ein Russe war.
Jetzt bekam Calvin Somers es mit der Angst. Der Wald war eingezäunt und das nächste Tor noch mindestens hundert Meter entfernt. Also kletterte er kurzerhand über den stachligen Draht, und dabei verfing sich seine Fleecejacke. Er stieß einen unterdrückten Fluch aus, als sie einriss, und drehte sich um. Der Russe war verschwunden. Somers stand im dichten Gestrüpp, konnte sich weder verstecken noch einen der Wege durch den Wald erreichen, ohne sich an Dornen und Sträuchern die Haut aufzureißen. Er saß faktisch in der Falle. Und so beschloss er, nicht ohne ein Gefühl der Beschämung, durch den Stacheldraht zurück auf das Feld zu klettern. Er redete sich ein, dass er im offenen Gelände sicherer war. Vielleicht kam jemand des Weges und sah ihn.
Es kam jemand des Weges, und der hieß Nicolai Doronin. Von Stieleke per Handy gelotst, war er um den nördlichen Rand des Getreidefelds und zurück in den Wald gelaufen, in dem Somers gerade verschwunden war. Somers sah ihn, als er zurück über den Zaun kletterte, die Fleecejacke sorgsam unter den Arm geklemmt, und hätte ihm vor Erleichterung beinahe zugewunken. Der Mann sah mehr wie ein Einheimischer aus: Er hatte
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