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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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den Kopf kahl geschoren, trug einen Trainingsanzug und ein Paar teuer aussehende Turnschuhe. So einer hatte sicher einen Bullmastiff oder Dobermann, der irgendwo im Wald Kaninchen jagte.
    Als Somers den Kopf nach rechts wandte, stand wie aus dem Erdboden gewachsen der Russe neben ihm und sprang ihn an wie eine Katze. Ehe er realisierte, dass der andere Mann, der im Trainingsanzug, auch schon zur Stelle war, lag Somers am Boden und musste sich mit einem Gefühl entsetzlicher, ultimativer Beschämung eingestehen, dass er ihnen völlig ausgeliefert war. Irgendwie hatte er damit gerechnet, und dabei die leise unbestimmte Hoffnung gehabt, es könnte mit einer Abreibung, einer Lektion des FSB sein Bewenden haben – ein paar Tritten in den Magen, ein paar Schlägen an den Kopf, meinetwegen einem Veilchen für die nächsten zwei Wochen bei der Arbeit.
    Eine knappe Minute später wusste Calvin Somers, dass es damit nicht sein Bewenden haben würde. Er spürte eine Wärme im Körper, die nicht allein etwas mit Schwitzen zu tun hatte; in seinem Bauch war etwas nicht in Ordnung. Einer der Männer hatte ihm ein Messer in den Leib gestoßen. Er begann, um sein Leben zu betteln, und hasste sich dafür, aber was blieb ihm anderes übrig? War ihm denn je etwas anderes übrig geblieben? Durchsuchten sie ihm die Hosentaschen? Durchsuchte einer von ihnen die Tasche, die er mit zur Arbeit nahm? Es kam ihm so vor, als wäre nur noch einer da, als sei der ganze Schaden von dem einen angerichtet worden. War es so? Die Bilder verschwammen ihm vor den Augen. Das Blut in seinem Bauch wurde kalt, und der Wald fiel ihm ein. Wenn er einfach in den Wald ging, vielleicht zurück auf den Weg. Wenn er von hier weg wäre, dann würde das alles aufhören.
    Aber es würde nicht aufhören. Somers wusste, dass er nicht wieder aufstehen würde. Ob sie wirklich so weit gehen wollten? Ob sie ihn wirklich töten wollten?
    Es war ein Fehler gewesen, mit Charlotte Berg zu reden. Das wusste er jetzt, und er wusste auch, dass er nicht wieder nach Hause zurückkehren würde. Er verlor kurzzeitig das Bewusstsein, und als er wieder zu sich kam, wurde ihm klar, dass Charlotte Berg auch von diesen Männern ermordet worden war. Warum war er nicht darauf gekommen, dass sie nicht an einem Herzinfarkt gestorben sein konnte?
    Ob ihr Freund, der Professor, das wusste? Wie war sein Name? Aus irgendeinem Grund konnte Somers sich nicht erinnern. Dabei musste er den Mann doch benachrichtigen, ihm erklären, dass seine Freundin ermordet worden war. Somers angelte nach seinem Telefon, aber es war verschwunden.
    Gaddis. So hatte er geheißen. Sam Gaddis. Er musste versuchen, ihn anzurufen. Kontakt mit ihm aufzunehmen. Jemand musste dem Mann klarmachen, dass die Dinge, in die er seine Nase gesteckt hatte, ihn das Leben kosten würden.

17
    Ein elf Kilometer langer Stau auf dem M3 hinter Winchester gab Gaddis ausreichend Gelegenheit, über das nachzudenken, was Neame ihm über Eddie Cranes Jahr in Oxford erzählt hatte. Wenn sie stimmte, war es eine erstaunliche Geschichte.
    Nach seinem Examen in Cambridge hatte Crane von seinem Betreuer beim NKWD , Arnold Deutsch, den Auftrag bekommen, sich noch im selben Sommer in Oxford um eine Doktorandenstelle zu bewerben. Was Moskau verlangte, war einfach: Crane sollte ein Jahr lang kommunistische Studenten sichten, die das Zeug zu Spionen in Moskaus Diensten hatten. Mit anderen Worten, er sollte den Job machen, den Burgess mit so großem Erfolg am Trinity College in Cambridge ausgeübt hatte.
    Cranes Führungsoffizier in Oxford war ein Mann namens Theodore Maly, der verdeckt für den sowjetischen Geheimdienst arbeitete. Maly hatte schon Arthur Wynn, einen ehemaligen Studenten am Trinity College, für die sowjetische Sache gewinnen können. Neame zufolge war es ATTILA und Wynn gelungen, sich in Oxfords linke Studentenkreise zu integrieren und einen Ring von mindestens sieben Spionen aufzubauen, der – wie sich herausstellte – genauso erfolgreich war wie sein Pendant in Cambridge. Für Gaddis war das nicht nur ein interessantes Detail in der Crane-Geschichte, es war für sich allein schon eine ungeheuerliche Sensation. Die Existenz eines Rings in Oxford war während des Kalten Krieges immer wieder eine der großen Verschwörungstheorien gewesen. Und er hatte jetzt den Beweis, dass ein solcher Ring existierte.
    Aber das war noch nicht alles. Was Neame ihm über die Identität eines der Mitglieder des Oxford-Rings mitgeteilt hatte, kam einer

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