Die Trinity Verschwörung
Sensation gleich. Offenbar hatte er in Cranes Memoiren den kryptischen Hinweis auf einen Geschichtsstudenten aus der Grafschaft Yorkshire gefunden, der sich » James« nannte, von ATTILA entdeckt und 1938 von den Sowjets als Agent rekrutiert worden war. Der russische Geheimdienst hatte » James« den Codenamen AGINCOURT gegeben. In seinen Memoiren deutete Crane an, dass AGINCOURT später » eines der höchsten Ämter im Land bekleiden sollte«. Gaddis war davon überzeugt, dass Charlotte bei dem Abendessen vor drei Wochen in Hampstead auf diese Enthüllung anspielen wollte: Das war das Geheimnis, » das London und Moskau in den Grundfesten erschüttern« würde. Neame hatte behauptet, AGINCOURTS Identität nicht zu kennen, aber Gaddis war überzeugt, die Puzzlestücke zusammensetzen und zumindest eine Art Shortlist der Verdächtigen erstellen zu können, wenn man ihm genug Zeit gab.
Gaddis blieben drei Tage bis zu seiner nächsten Verabredung mit Neame. Er nutzte die Zeit, um herauszufinden, was es bereits an bekannten Fakten über Arthur Wynn gab, und richtete sein Augenmerk auf das Oxford der Vorkriegsjahre. In seinen Memoiren Spycatcher hatte der ehemalige MI 5-Agent Peter Wright von der Möglichkeit eines Oxforder Rings gesprochen und mit der Dozentin Jennifer Hart, dem Labor-Abgeordneten Bernard Floud und dessen Bruder Peter sogar Verdächtige beim Namen genannt. Laut Neame erscheinen alle drei Namen in Cranes Memoiren als aktive Sowjetagenten.
Besonders neugierig machte Gaddis die Tatsache, dass mehrere potentielle Mitglieder eines Oxforder Rings unter auffälligen Umständen zu Tode gekommen waren; eine Frau hatte sich kurz nach einem Verhör durch den MI 5 das Leben genommen. Daraufhin hatte die Sicherheitsbehörde aus Angst vor öffentlichem Aufsehen die Verhöre ausgesetzt und die Existenz eines Oxforder Agentenrings als topsecret behandelt. Offen blieb, ob Peter Wrights Darstellung nun der Wahrheit entsprach oder der clevere Versuch war, eine Nebelkerze zu zünden, um nicht nur ATTILA und Wynn, sondern auch AGINCOURT zu schützen.
An diesem Abend ging Gaddis mit Holly ins Donmar Warehouse Theater, wo sie sich ein neues Stück ansahen, das ein ehemaliger Studienkollege von ihr geschrieben hatte.
» Langweilst du dich?«, fragte sie ihn in der Pause. » Du wirkst so abwesend.«
Sie hatte recht. Er konnte sich nicht auf die Aufführung konzentrieren. Er wäre lieber mit Holly in ein Restaurant gegangen und hätte ihr von Neame und Lampard, von » James« und dem Agentenring in Oxford erzählt. Aber das war unmöglich, er durfte sie da nicht mit hineinziehen. Er wusste ja noch nicht einmal genau, warum Holly mit den Unterlagen ihrer Mutter zu Charlotte gegangen war. War es purer Zufall gewesen, oder hatte Katya Levette irgendetwas mit der Crane-Verschwörung zu tun gehabt? Tausend Möglichkeiten schwirrten ihm durch den Kopf.
Der Barkeeper im Donmar war ein Freund von Holly, ein ehemaliger Schauspieler namens Piers, dessen Freundin eine Rolle in dem Stück hatte. Anschließend gingen sie zu viert im Covent Garden essen, und die Gesellschaft der beiden war ihm angenehm, besonders Piers machte einen lockeren, liebenswerten Eindruck. Aber ein Teil von ihm quälte sich durch den Abend, zählte die Sekunden, bis er endlich nach Hause durfte, um sich über seine Bücher herzumachen. Er überredete Holly, mit zu ihm zu kommen, wo er sie in sein Bett legte und ins Arbeitszimmer ging, um das Internet nach Informationen über AGINCOURT abzugrasen. Mehr als die uralte Verschwörungstheorie, nach der der frühere Premierminister Harold Wilson für die Sowjetunion gearbeitet haben sollte, förderte er dabei nicht zutage. Hatte Neame ihn auf eine falsche Fährte gesetzt?
Am Donnerstagmorgen machte er sich auf den Weg nach Winchester, befolgte die Instruktionen, die Neame ihm beim Verlassen der Kathedrale gegeben hatte. Er sollte wieder im Obergeschoss von Waterstone’s Bookstore auf Peter warten, wobei er diesmal, hatten sie gewitzelt, die Herald Tribune weglassen durfte.
Peter erschien pünktlich um elf Uhr und trug ein rotes Manchester United Trikot mit dem Namen » ROONEY « auf dem Rücken. Sie waren allein im Raum, Gaddis lachte, als er das Trikot sah, Peter grinste und gab ihm eine kleine Schachtel und ein Blatt Papier, auf das er eine Reihe von Instruktionen geschrieben hatte.
» Ein Navi«, sagte er. » Eingeschaltet. Einfach nur auf den grünen Knopf drücken und tun, was es Ihnen sagt. Ihr Freund wartet
Weitere Kostenlose Bücher