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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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letzten Monat, kurz nachdem die Berg Kontakt zu mir aufgenommen hatte.« Tretiak sagte » die Berg«, als fehlte ihr für den vollen Namen die Kraft. » Ein Mann von der Regierung kam zu Besuch.«
    Die Bedrohlichkeit machte sich in Gaddis’ Bauch bemerkbar.
    » Was heißt das? Jemand aus dem Belyi Dom ist zu Ihnen gekommen?«
    Belyi Dom war das russische Wort für das Weiße Haus, dem Moskauer Sitz der russischen Regierung. Tretiak nickte. Sie wirkte matt, fast gelangweilt, als würde sie mit dem Briefträger oder dem Installateur reden. » Der Mann hat zu mir gesagt, er sei auf persönliche Anweisung von Sergej Platow gekommen.«
    » Platow?« Wieder traute Gaddis seinen Ohren nicht. » Ich verstehe nicht, Mrs. Tretiak. Was könnte der Präsident von Ihnen wollen? Hat der Mann etwas gesagt?«
    » Er hat mir verboten, mit Ihrer Freundin zu sprechen.«
    Gaddis hatte das merkwürdige Gefühl, durch sie hindurch auf ein Dickicht aus Geheimnissen und Tarnungen zu blicken, in das er nie würde eindringen können. Gerade wollte er fragen, wie der Kreml davon erfahren haben könnte, dass sie sich mit Charlotte Berg treffen wollte, als die Antwort ihm ganz von selbst einfiel: Sie hatten ihre E-Mails gelesen. Herrgott, sicher war Charlotte auch abgehört worden. Deshalb hatte er nicht den geringsten Hinweis auf die Crane-Recherche auf ihrem Computer finden können. Techniker des FSB hatten alles gelöscht. Er schaute Ludmilla Tretiak über den Tisch hinweg an, klein, zerrüttet, die Achseln zuckend wie ein schmollendes Schulmädchen. Er hätte sie schütteln, sie aus ihren Drogenträumen reißen mögen. Sie brachte ein kleines, tröstliches Lächeln zustande, als ein paar Regentropfen die Schaufenster des Cafés sprenkelten. Gaddis versuchte, mehr Informationen aus ihr herauszubekommen, aber sie blieb vage, desinteressiert an Einzelheiten.
    » Der Beamte hat gesagt, ich soll mit keinem Menschen über Edward Crane reden. Und sollte eine Person aus Großbritannien an mich herantreten, um mit mir über einen Agenten mit dem Codenamen ATTILA zu reden, muss ich sie umgehend darüber informieren.«
    Gaddis rückte ab von dem Tisch, an dem er saß, ein Reflex des Selbstschutzes. Er hatte nicht das Gefühl, von Tretiak in eine Falle gelockt worden zu sein – dazu war sie viel zu stoned –, aber Moskau wurde jetzt gefährlich für ihn. Man würde ihm zu Leibe rücken. Er schaute sich im Café um. Alle hier konnten Überwachungsagenten sein, die Angestellten und Studenten, das schmusende Paar in der Ecke.
    » Sie hätten sich nicht mit mir treffen dürfen«, sagte er. » Sie sind hier nicht sicher. Das alles kann Ihnen riesengroßen Ärger einbringen.«
    » Vielleicht«, erwiderte sie.
    » Den Brief, den ich Ihnen geschrieben habe, müssen Sie vernichten.«
    » Hier. Nehmen Sie«, sagte sie und zog das Blatt aus ihrer Jeanstasche hervor.
    » Und zu niemandem ein Wort darüber, okay? Zu Ihrer und zu meiner Sicherheit. Denken Sie an Ihren Sohn, Mrs. Tretiak. Unser Gespräch hat nie stattgefunden. Haben Sie verstanden?«
    Sie nickte stumm. Zu seiner eigenen Verwunderung ergriff Gaddis ihre Arme. Sie waren so dünn, dass er meinte, sie mit einer Drehung des Handgelenks zerbrechen zu können.
    » Ludmilla. Sehen Sie mich an.« Er schaute ihr in die Augen und sah, dass sie einmal eine Schönheit gewesen sein musste. Viel war davon nicht übrig geblieben. Die Bedienung, die hinter dem Tresen die CD wechselte, schaute herüber, als er sie losließ. » Vergessen Sie unser Gespräch. Vergessen Sie, was ich Ihnen erzählt habe. Über Edward Crane, über ATTILA , über den Mord an Ihrem Mann. Es ist zu Ihrer eigenen Sicherheit. Okay? Seien Sie klug. Die Situation ist viel gefährlicher, als ich geglaubt hatte.«

21
    Erst als Gaddis auf dem Aeroflot-Rückflug nach London irgendwo über der Nordsee eine Bloody Mary trank, begann Dresden für ihn langsam einen Sinn zu ergeben. 1985 war der frischgebackene Spion Sergej Platow vom Obersten Direktorium des KGB nach Dresden versetzt worden. Dort dürfte er an der Seite Tretiaks gearbeitet und mit hoher Wahrscheinlichkeit gewusst haben, dass ATTILA von Berlin aus operierte.
    Gaddis verbrachte fast den ganzen Rest des Flugs damit, alle Implikationen dieser Tatsache zu sortieren. Warum intervenierte der russische Präsident fünfzehn Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem KGB persönlich in der Vertuschungsaffäre ATTILA ? War Charlotte einem Skandal auf die Spur gekommen, der das Potential hatte,

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