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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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getötet wurde? Was meinen Sie, warum die Russen Charlotte ermordet haben?«
    Meisner stieß ein heiseres, ersticktes Lachen aus. » Doktor Gaddis, ich habe fast den Eindruck, dass Sie selbst diese Fragen am besten beantworten können. Ich weiß nicht mehr, und ich habe nichts Unrechtes getan. Der MI 6 hat mir Geld gegeben, damit ich den Mund halte. Und ich habe den Mund gehalten. Ich habe euren Official Secrets Act unterschrieben, wie ich einst den Eid des Hippokrates geschworen habe. Solche Dinge bedeuten mir etwas. Und ich lege Wert auf meinen Ruf. Wenn Benedict Meisner seinen Namen unter etwas setzt, wenn er ein Versprechen gleich welcher Art macht, dann hält er es. Das mag kein besonders zeitgemäßes Konzept sein, aber es ist ein Grundpfeiler meiner Lebensphilosophie.«
    Wieder entstand ein Schweigen. Der Kopfhörer fühlte sich wie eine Druckdichtung auf Tanyas Ohren an, und kurz zog sie die Muscheln auseinander, spürte Schweiß auf ihren Schläfen.
    » Und was ist mit Thomas Neame?«, fragte Gaddis. » Sagt Ihnen der Name etwas?«
    Beinahe meinte Tanya zu sehen, wie Meisner den Kopf schüttelte. » Nie gehört. Wer ist das bitte?«
    Sie fluchte leise in sich hinein, dachte an den Innenhof in Vauxhall Cross. Früher oder später, hatte sie Brennan prophezeit, wird Gaddis herausfinden, dass Neame der sechste Mann ist. Richtig, hatte der Chef geantwortet, und genau in dem Moment schreiten wir ein. Sie war noch wütend über seine Täuschung gewesen, hatte es als Schmach empfunden, von ihrem Chef den Auftrag bekommen zu haben, Gaddis zu beschatten, ohne die wichtigste Information im Zusammenhang mit dieser Operation anvertraut zu bekommen. Kenntnisgabe nur bei Bedarf, fürchte ich, hatte er gesagt und versucht, den Affront mit einem schleimigen Lächeln abzufedern. Nur eine Handvoll Menschen auf der ganzen Welt wissen, was mit Edward Crane geschehen ist. Willkommen im Club.
    Gaddis rührte sich in seinem Sessel. Für Tanya klang es nach dem Rascheln von Stoff, und sie dachte schon, er würde das Jackett ausziehen. Als die Empfangsqualität plötzlich noch besser wurde, wusste sie, dass er sein Mobiltelefon aus der Tasche gezogen hatte.
    » Ich habe ein Foto von ihm«, sagte er. Tanya zählte eins und eins zusammen, während Gaddis begann, sich durch die Bilder in seiner Fotogalerie zu klicken. » Haben Sie diesen Mann schon mal gesehen?«
    Sie wartete. Sie konnte nicht das Geringste tun gegen das, was jetzt passieren würde. Sie hörte, wie Meisner sich von seinem Stuhl erhob und ihm das Handy über den Tisch gereicht wurde. Als Meisner das Foto von Neame in dem Pub sah, gab er genau das Geräusch von sich, mit dem sie gerechnet hatte: ein ungläubiges Stöhnen.
    » Aber das ist der Mann«, sagte er zu Gaddis. » Das ist der Mann, der damals ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Der Mann auf dem Foto ist nicht Ihr Thomas Neame. Der Mann ist Edward Crane.«

28
    Es war nur ein schwacher Trost für Gaddis, dass er selber schon auf den Gedanken gekommen war, Neame und Crane könnten ein und dieselbe Person sein. Andererseits fühlte er sich gedemütigt, nach Strich und Faden von einem Meisterlügner hinters Licht geführt. Es gab also gar keine Memoiren. Es gab sie nicht, weil Thomas Neame die Geschichte war. Er hatte mit dem sechsten Mann persönlich gesprochen und war zu dumm und zu gierig gewesen, es zu erkennen. Es hinterließ eine Leere, nicht unähnlich dem Gefühl, von einem guten Freund hintergangen oder von einem eifersüchtigen Kollegen geschickt beeinflusst worden zu sein; er empfand es als eine Schmach, gleichzeitig war er stinksauer. Gaddis war immer bereit, das Beste von seinen Mitmenschen zu glauben, sie für bare Münze zu nehmen und darauf zu vertrauen, dass menschlicher Anstand die Oberhand behielt. Natürlich war es ein naiver Gedanke, alle Welt hätte sein Fortkommen im Sinn. Er hätte erkennen müssen, was Crane im Schilde führte. Immerhin war er ein Mann, der – wie Philby – sein ganzes erwachsenes Leben hinter einer ausgeklügelten Maskerade gelebt hatte. Anstelle einer Persönlichkeit besaß Crane eine Reihe von Masken, und wenn er eine von ihnen absetzte, dann nur, um sie gegen eine andere auszutauschen. Neame war einfach nur die vorläufig letzte in einer langen Reihe von Scheinexistenzen, eine Rolle, die er sowohl zu seinem persönlichen Amüsement als auch zum Zweck der Tarnung seiner eigenen Identität spielte. In seiner Jugend hatte Crane der britischen Regierung vorgespielt, ein

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