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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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waren sie? Wer hatte sie geschickt? Er war sicher, dass ihm von Schönefeld aus niemand gefolgt war, aber es wäre ein Leichtes, ihm über die Kreditkarte oder das Signal, das sein Mobiltelefon sendete, auf der Spur zu bleiben. Sein Handy hatte er allerdings im Novotel vergessen. Wie hatten sie ihn trotzdem gefunden?
    Am Ende der Liegnitzer Straße bog Meisner nach links in die Reichenberger Straße ab, eine breite Wohnstraße, die bereits im Halbdunkel lag. Einmal waren sie keine fünf Meter entfernt von Tanya, die verborgen im Dunkel ihres geparkten Audi saß. Sie sah Meisner den Schlüssel aus der Tasche ziehen, während Gaddis ihm in das Haus folgte. Beide machten einen nervösen Eindruck. Für die Installation von Audio/Video-Equipment in Meisners Wohnung war keine Zeit gewesen, also würde sie nicht erfahren, was sich da oben zwischen ihnen abspielte, worüber sie sich unterhielten.
    Das Haus war ein renovierter Mietsblock aus dem neunzehnten Jahrhundert mit zwei Wohnungen auf jeder Etage. Auf halber Treppe begegnete ihnen ein blutjunger weiblicher Grufti in zerrissenen Jeans und schwarzer Lederjacke. Das Mädchen hatte keinen Blick für Meisner, ging auch an Gaddis gesenkten Kopfes vorüber und polterte nach unten Richtung Hauseingang. Auf der zweiten Etage steckte Meisner den Schlüssel ins Schloss, stieß die Wohnungstür auf und trat ein.
    Etwas ließ ihn auf der Schwelle verharren, und Gaddis lief auf ihn auf. Als er den Blick hob, erschien die Mündung einer Pistole hinter der Tür, auf Meisners linke Schläfe gerichtet. Im selben Moment löste sich ein fast lautloser Schuss, der einen Schwall Gehirnmasse gegen einen goldrandigen Spiegel auf der rechten Seite des Flurs spritzen ließ. Instinktiv warf Gaddis sein ganzes Gewicht gegen die Tür und drückte sie auf. Meisner war zu seinen Füßen zusammengebrochen. Jemand blockierte auf der anderen Seite die Tür, und er drückte fester. Ein Mann fluchte auf Russisch, Gaddis sah die Pistole in den Flur fallen.
    Er hätte weglaufen sollen. Das wäre klüger gewesen. Er hätte die Tür zuknallen und nach unten rennen sollen. Aber Meisners Körper lag im Weg, und aus Angst, der Russe könnte die Pistole aufheben, machte er einen Schritt nach vorn in die Wohnung hinein und trat auf das gebohnerte Eichenparkett. In seinem Rücken rappelte Meisners Mörder sich bereits auf, doch Gaddis blieb Zeit, die Waffe zu ergreifen, sich umzudrehen und den Lauf auf den Körper des Mannes zu richten. Als der Russe sich auf ihn stürzen wollte, drückte er ab.
    Die Kugel traf Nicolai Doronin rechts in die Brust, kurz unterhalb des Schulterblatts. Er röchelte vor Schmerz und sank zu Boden, blickte Gaddis aus irren Augen an. Den Finger noch am Abzug, drückte Gaddis ein zweites Mal ab, diesmal in Panik. Der zweite Schuss schien den Hals des Mannes zu durchschlagen, und man hörte ein scharfes Splittern, als wäre ein Türstock oder die Wand getroffen. Seit er mit siebzehn bei einem Zielschießen auf einem Feld in Schottland dabei war, hatte Gaddis keine Pistole mehr abgefeuert, und er war fassungslos über die Kraft, die Einfachheit, mit der es geschehen war. Er schaute hinunter auf den Lauf und sah, dass vorne ein Schalldämpfer draufgeschraubt war. Deshalb kein Knall. Jetzt war nur noch das Geräusch seines eigenen Atems zu hören, so hektisch, als wäre er die Treppen heraufgesprintet. Er drehte sich um zur Tür. Überall an den Wänden im Flur war Blut. Meisner rührte sich nicht. Der Russe stöhnte und wandte sich von ihm ab, krümmte sich vor der Wand zusammen wie ein Fötus.
    Er hätte bleiben müssen. Das war ihm später klar geworden. Aber in diesem Moment, unter den Nachwirkungen dessen, was er gesehen und getan hatte, wollte Gaddis nur noch raus aus diesem Haus, so weit weg von dieser Wohnung wie möglich. Er bewegte sich auf Meisner zu und sah zu seinem Entsetzen, dass die gesamte linke Seite seines Kopfes fehlte. Er schaute mitten hinein in das Gehirn eines Menschen; es fehlte nicht viel, und er hätte auf das Parkett gekotzt. Den Russen schaute er sich nicht an. Er wusste, dass er nicht den Mut finden würde, ein drittes Mal abzudrücken oder nachzusehen, ob der Mann noch lebte. Hatte er heute Abend einen Mann getötet? Er hätte die Polizei rufen müssen. Oder zumindest einen Nachbarn rausklingeln. Stattdessen rannte, flog er beinahe, drei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter und lief hinaus auf die Straße.
    Tanya riss es aus ihrem Sitz, als sie ihn

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