Die Trinity Verschwörung
angebracht:
BENEDICT MEISNER
AKUPUNKTUR
HOMÖOPATHIE
WIRBELSÄULEN - UND GELENKTHERAPIE
Es war rätselhaft. Warum praktizierte ein Vollmediziner in Berlin als Akupunkteur und Homöopath? Hatte Meisner die Approbation verloren? Gaddis sah auf die Uhr und stellte fest, dass er zehn Minuten zu früh dran war. Zeit genug, Josephine Warner anzurufen.
» Er holt das Telefon heraus«, berichtete Des.
Josephine reagierte auf Gaddis’ Anruf mit der angemessenen Begeisterung.
» Sam! Sind Sie hier?«
» Ja«, antwortete Gaddis auf Deutsch und bedauerte den Scherz auf der Stelle. » Wie geht’s Ihrer Schwester?«
Sie senkte die Stimme zu verschwörerischem Flüstern. » Treibt mich in den Wahnsinn. Ich weiß schon, warum ich sie nie besucht habe.«
Gaddis lächelte. » Dann darf ich hoffen, dass Sie sie morgen zum Abendessen mal allein lassen?«
» Und ob.« Josephine flirtete bereits mit ihm und – wer weiß? – vielleicht spielte sie insgeheim schon mit dem Gedanken an einen Schlummertrunk im dritten Stock des Novotel am Tiergarten.
» Ich kenne ein Lokal«, sagte Gaddis, denn er hatte bereits im Internet nach anständigen Berliner Restaurants recherchiert und – für alle Fälle – einen Tisch für zwei Personen im Café Jacques in Neukölln reserviert.
Schnell hatten sie sich auf den Ort und die Zeit geeinigt, Gaddis hatte aufgelegt und den Klingelknopf von Meisners Praxis gedrückt. Auftragsgemäß aktivierte Des die Wanze in EISBÄRS Handy, und nur Sekunden später hörte Tanya Acocella, wie Gaddis sich der Arzthelferin vorstellte.
» Guten Tag«, sagte er. » Es tut mir leid, dass ich kein Deutsch spreche.«
» Kein Problem, Sir.«
» Ich habe um vier einen Termin bei Doktor Meisner.«
Zu Tanyas Erleichterung war die Empfangsqualität erstklassig; sie hörte über einen Kopfhörer mit, und es klang, als würde die Unterhaltung im Nebenzimmer stattfinden. Die Arzthelferin bat Gaddis, ein Formular auszufüllen – » nur ein paar persönliche und medizinische Informationen bitte« –, dann der Seufzer des in einen Sessel plumpsenden Gaddis, ein kurzer Aussetzer der Wanze, als er in der Jackentasche nach einem Stift suchte, das Rascheln des Papiers, als er das Formular ausfüllte.
Drei Minuten später klingelte im Wartezimmer ein Telefon. Die Arzthelferin nahm es ab, und Gaddis wurde mit den Worten » der Doktor erwartet Sie« in Meisners Behandlungszimmer gebeten. Als er ihr das ausgefüllte Formular anbot, wurde er aufgefordert, es zu behalten und dem Doktor zu übergeben. Tanya versuchte, sich vorzustellen, wie Gaddis durch die Verbindungstür trat und Meisner die Hand gab, und war jetzt schon gespannt auf die Eröffnung.
» Tja! Auch ein Doktor, wie ich sehe.«
Meisner hatte einen starken deutschen Akzent und klang munter und entspannt.
» Richtig.« Gaddis’ Stimme war flacher, nervöser. » Aber mit ganz anderem Fachgebiet. Es ist mir nicht gegeben, Tag für Tag Leben zu retten.«
Er schmierte ihm Honig um den Bart. Die Art, wie Gaddis ihn weichklopfte, gefiel Tanya.
» Ach, Doktor Gaddis, Leben rette ich schon lange keine mehr. Ich lindere lediglich Schmerzen. Und welches ist Ihr Fachgebiet?«
» Ich bin Dozent am University College London.«
» Ah! Am UCL ! Setzen Sie sich doch.«
Wieder ein gedämpfter Plumps, als Gaddis sich in den Sessel fallen ließ. Tanya hörte, wie er dem Arzt erklärte, dass er am Institut für slawische und osteuropäische Studien Vorlesungen über russische Geschichte hielt. Meisner sagte ständig » Ja, ja« und schien höchst interessiert an allem zu sein, was Gaddis ihm erzählte.
» Ach? Tatsächlich? Das ist ja interessant. Vor längerer Zeit habe ich selber in London gelebt.«
» Ach was! Wo denn?«
» In der Gegend von Hampstead. Ich hatte eine Stelle am St. Mary’s Hospital in Paddington. Kennen Sie es?«
» Ja, das kenne ich.«
Das war die Gelegenheit für Gaddis, und Tanya fragte sich, ob er sie ergreifen würde. Man legte bei dieser Art von Gesprächen die Karten besser frühzeitig auf den Tisch und baute nicht erst Vertrauen auf, wenn man es ohnehin zerstören musste.
» Um ehrlich zu sein, ist das auch der Grund, der mich heute zu Ihnen führt.«
Er verlor keine Zeit. Tanya hörte Meisner sagen: » Verzeihung, aber das verstehe ich nicht«, und ihr Magen tat einen Hüpfer. Sie drückte den Kopfhörer fest an die Ohren.
» Ich fürchte, ich bin unter einem Vorwand zu Ihnen gekommen, Doktor.«
» Unter einem Vorwand …?«
Meisner
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