Die Troja-Mission
die Hand durch das Bullauge der Kombüse steckte und ihm eine Tasse hinhielt.
»Kaffee?«, fragte sie.
»Sie sind ein Engel«, sagte Pitt. »Besten Dank.«
Er trank einen Schluck Kaffee und tippte dann eine Nummer in das Telefon. Sandecker meldete sich beim vierten Klingeln.
»Sandecker«, knurrte er unwirsch.
»Haben Sie vielleicht vergessen, mir etwas mitzuteilen, Admiral?«
»Drücken Sie sich klar und deutlich aus.«
»Odyssey.«
Erst herrschte Schweigen. Dann: »Weshalb fragen Sie?«
»Weil uns eine Mitarbeiterin des Unternehmens ausspioniert hat, als wir an Bord gegangen sind. Ich möchte gern wissen, warum.«
»Das erkläre ich Ihnen lieber später«, erwiderte Sandecker zugeknöpft.
»Hat das vielleicht etwas mit dem Tiefbauprojekt zu tun, das Odyssey in Nicaragua durchzieht?«, fragte Pitt treuherzig.
Wieder Schweigen, dann der Widerhall. »Weshalb fragen Sie?«
»Aus reiner Neugier.«
»Woher wissen Sie überhaupt davon?«
Diesmal konnte Pitt der Versuchung nicht widerstehen. »Das erkläre ich Ihnen lieber später.«
Dann unterbrach er die Verbindung.
19.
Gunn steuerte die
Poco Bonito
durch das schwarze Wasser der Fahrrinne, die zwischen den hoch aufragenden Landzungen hindurchführte. Weit und breit war kein Schiff zu sehen, nur die Leuchtbojen, die die Einfahrt in den Hafen markierten, tanzten in weiter Ferne in der Dünung, die eine grün, die andere rot blinkend.
Pitt saß in seinem Liegestuhl, genoss den tropischen Abend auf See und sah, wie der gelbe Lichtschein von Bluefields allmählich in der Dunkelheit verschwand. Aber die Spionin drüben auf der Werft ging ihm nicht aus dem Kopf, ließ ihm irgendwie keine Ruhe. Es war eher eine unbestimmte Ahnung, dunkel und undeutlich. Er machte sich keine Gedanken darüber, dass sie beim Ablegen beobachtet worden waren. Das war ihm gleichgültig. Wegen eines Pick-ups mit der Aufschrift ODYSSEY an der Tür bekam er noch lange kein Muffensausen, und schon gar nicht dieses beklommene Gefühl. Aber die Eile, mit der die Fahrerin die Flucht ergriffen hatte, gab ihm zu denken. Sie hätte nicht Hals über Kopf abhauen müssen. Die Leute von der NUMA hatten sie also entdeckt. Na und? Keiner machte auch nur die geringsten Anstalten, auf sie loszugehen. Es musste irgendeine andere Erklärung dafür geben.
Und dann wurde ihm mit einem Mal alles klar, als ihm die nassen Haare wieder einfielen.
Gunns rechte Hand lag auf den beiden Gashebeln, mit denen er die Drehzahl der Dieselmotoren regelte, bereit, sie vorzuschieben und mit dem Boot über die leichte Dünung dahinzujagen, die von der Karibik hereinrollte.
Mit einem Mal setzte sich Pitt auf. »Rudi, stopp das Boot!«
Gunn drehte sich zu ihm um. »Was?«
»Stopp das Boot! Auf der Stelle!«
Pitts Ruf klang scharf wie ein Rapier, worauf Gunn sofort gehorchte und die Gashebel zurückzog. »Al«, brüllte Pitt dann an Giordino gewandt, der mit Ford und Dodge bei Kaffee und Kuchen drunten in der Kombüse saß. »Bring meine Tauchausrüstung rauf!«
Gunn trat aus der Seitentür des Ruderhauses. »Was soll denn das?«, fragte er verständnislos. Renee und Dodge wirkten nicht minder verdutzt, als sie an Deck kamen, um sich zu erkundigen, was das Geschrei sollte.
»Ich bin mir nicht ganz sicher«, erklärte Pitt, »aber womöglich haben wir eine Bombe an Bord.«
»Wie kommen Sie denn darauf?«, fragte Dodge skeptisch.
»Die Fahrerin des Pick-ups hat meiner Meinung viel zu hastig das Weite gesucht. Warum hatte sie es so eilig? Es muss irgendeinen Grund dafür geben.«
»Wenn Sie Recht haben«, sagte Dodge versonnen, »sollten wir lieber zusehen, dass wir sie finden.«
Pitt nickte energisch. »Genau meine Meinung. Rudi, Renee und Patrick durchsuchen die Kabinen, Zentimeter für Zentimeter. Al, du nimmst dir den Maschinenraum vor. Ich gehe über Bord, falls eine unter dem Rumpf angebracht sein sollte.«
»Dann mal los«, sagte Giordino. »Womöglich ist sie mit einem Zeitzünder versehen, der losgeht, sobald wir aus dem Hafen sind und in tiefere Gewässer vorstoßen.«
Pitt schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Hätte ja durchaus sein können, dass wir bis morgen früh am Kai liegen. Niemand konnte im Voraus wissen, wann wir ablegen und auf offener See sind. Ich vermute eher, dass an einer der Leuchtbojen draußen in der Fahrrinne ein Sender angebracht ist, der den Zünder per Funksignal auslöst, wenn wir die Einfahrt passieren.«
»Ich glaube, Sie haben zu viel Fantasie«, warf Renee ein.
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