Die Troja-Mission
Aufschrift COSCO. Pitt wusste, dass es für China Ocean Shipping Company stand.
Er fragte sich, was in den Kisten steckte, die angeblich landwirtschaftliche Maschinen enthielten.
»Sind das hier die Hafenanlagen?«, fragte Giordino ungläubig.
»Alles, was Hurrikan Lizzie übrig gelassen hat«, antwortete Gunn.
Nach weiteren vierhundert Metern rollte der Escort auf das Gelände einer alten, hölzernen Werft, an der zahlreiche dunkle und verlassen wirkende Fischerboote lagen. Gunn bremste vor dem einzigen Schiff, dessen Deck beleuchtet war. Es sah aus, als hätte es schon bessere Zeiten erlebt. Der Anstrich wirkte im gelben Lichtschein verwittert und verblichen. Rostschlieren zogen sich über den Rumpf. Das Deck war mit Fischernetzen und allerlei anderen Gerätschaften übersät. Es sah aus wie ein ganz gewöhnliches Fischerboot, eines unter vielen, ebenso schmucklos und spartanisch wie die anderen, die rundum vertäut waren.
Als Pitt den Blick über das breit gebaute Boot schweifen ließ und die blau-weiß-blaue nicaraguanische Flagge bemerkte, die schlaff am Heck hing, griff er unter sein Hemd, betastete das kleine, zusammengefaltete Seidenbündel und überzeugte sich davon, dass es noch da war.
Er wandte sich kurz zur Seite und warf einen Blick zu einem lavendelfarbenen Pick-up, der im Schatten eines nahen Lagerhauses stand. Im Führerhaus saß jemand. Durch die Regenschlieren, die über die Windschutzscheibe liefen, konnte er eine dunkle Silhouette am Lenkrad und die rote Glut einer Zigarette erkennen.
Schließlich drehte er sich wieder zum Boot um. »Das ist also die
Poco Bonito.
«
»Macht äußerlich nicht viel her, was?«, sagte Gunn, während er den Kofferraum öffnete und das Gepäck herausholte. »Aber sie ist mit zwei tausend PS starken Dieselmotoren bestückt und verfügt über wissenschaftliche Geräte, um die sich die meisten Chemielabors reißen würden.«
»Das ist ja mal was ganz Neues«, sagte Pitt.
Gunn schaute ihn an. »Inwiefern?«
»Das muss das einzige Schiff der NUMA-Flotte sein, das nicht türkis gestrichen ist.«
»Ich kenne mich mit den kleineren NUMA-Vermessungsschiffen der Neptun-Klasse aus«, sagte Giordino. »Sie sind gebaut wie ein Panzerwagen und liegen auch bei schwerer See angenehm ruhig.« Er stockte und ließ den Blick über die anderen Fischerboote entlang der Werft schweifen. »Prima Tarnung. Von dem etwas größeren Deckhaus einmal abgesehen, das man tiefer fahren kann, passt es genau dazu.«
»Wie alt ist sie?«, fragte Pitt.
»Sechs Monate«, antwortete Gunn.
»Und wie haben es unsere Techniker hingekriegt, dass sie so … verlottert aussieht?«
»Mit allerlei Tricks und Spezialeffekten«, erwiderte Gunn lachend. »Der Anstrich wurde eigens zusammengeführt, damit sie so rostig und heruntergekommen wirkt.«
Pitt sprang auf das Deck, drehte sich um und ließ sich von Giordino ihre Koffer und den Seesack reichen. Ein Mann und eine Frau, die offenbar die Geräusche gehört hatten, kamen aus der hinteren Tür des Deckhauses. Der Mann war etwa Anfang fünfzig und hatte einen sauber gestutzten Bart und buschige Augenbrauen. Im Schein der Deckbeleuchtung glänzte der Schweiß auf seinem glatt rasierten Schädel. Er war nicht viel größer als Giordino und stand mit leicht gebeugten Schultern da.
Das andere Besatzungsmitglied war gut und gern einen Meter achtzig groß, gertenschlank und hatte eine Figur wie ein Model. Dichte, leuchtend blonde Haare umspielten ihre Schultern. Das Gesicht mit den hohen Wangenknochen war braun gebrannt, und ihre makellosen Zähne blitzten auf, als sie ihn mit einem Lächeln begrüßte. Wie die meisten Frauen, die viel im Freien arbeiten, hatte sie die Haare nach hinten gerafft und trug kaum Make-up, was ihrer Attraktivität aber keinerlei Abbruch tat. Pitts Meinung nach jedenfalls nicht. Er stellte fest, dass sie trotzdem Wert auf eine feminine Note legte. Sie hatte ihre Fußnägel lackiert.
Beide hatten die landesüblichen weißen Baumwollhemden und Khakishorts an. Der Mann trug Turnschuhe, die aussahen, als hätte jemand Löcher hineingeschossen, die Frau weiße Sandalen.
Gunn stellte sie einander vor. »Dr. Renee Ford, unsere für Fischereifragen zuständige Meeresbiologin, und Dr. Patrick Dodge, einer der besten Geochemiker der NUMA. Ich glaube, Sie kennen Dirk Pitt, Direktor für Spezialprojekte, und Al Giordino, unseren Ingenieur für Meeres- und Unterwassertechnologie?«
»Wir haben noch nie gemeinsam an einem Projekt
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