Die Trolle
verschiedenen Türen.
Die erste Tür, hinter der es still war, öffnete er vorsichtig und spähte in das Zimmer. Zu seiner Erleichterung befand sich tatsächlich niemand darin, also betrat er den Raum und schloss die Tür hinter sich. Mit drei schnellen Schritten war er am Fenster und hob die hölzerne Fassung mit dem darauf gespannten geschabten Pergament aus der steinernen Umfassung. Dann öffnete er die Fensterläden und spähte nach draußen. Noch immer bedeckten Wolken den Himmel, was Sargan nur allzu gut passte. Geschickt schwang er sich durch das Fenster und suchte mit den Fingern nach einem passenden Spalt für seine Kletterklingen.
Stück für Stück arbeitete er sich aufs Neue nach oben und nach links, denn aus einem der Fenster dort oben drang ein schwacher Lichtschein. Auf sein Ziel fixiert, kletterte Sargan immer weiter, bis er knapp unterhalb des Fensters angekommen war. Zwar waren die Läden geschlossen und das Pergament eingesetzt, aber als er sein Ohr an das Holz der Fensterläden presste, konnte er dennoch Stimmen vernehmen, die sich unterhielten. Das Pergament und die Läden dämpften die Geräusche etwas, doch Sargan konnte deutlich eine Frauenstimme erkennen, die gerade sagte: »… Herr wird seinen Teil der Übereinkunft einhalten. Allerdings, wenn Eure Bemühungen mehr Zeit benötigen, dann ist auch unsere Bürde größer. Unsere Ressourcen sind nicht unbegrenzt, das versteht Ihr sicherlich.«
Als Nächstes konnte Sargan nur undeutliches Gemurmel hören, so als würde geflüstert, doch dann antwortete die tiefe Stimme eines Mannes: »Unsere Abmachung sah keine Beschränkung durch Zeit vor, Sciloi Kaszón. Die Lieferungen treffen wie vereinbart ein, und wir sehen keinen Grund, Euch mehr zu geben, als ausgemacht war.« Der Sprecher redete langsam und ohne einen Akzent, aber in der Art von Leuten, die eine fremde Sprache zwar beherrschten, aber dennoch nicht häufig in dieser redeten.
»Das ist durchaus richtig, aber während Euer Teil der Abmachung aus Gütern bestand, die Ihr uns liefert, habt Ihr uns um Hilfe gebeten. Und Ihr spracht davon, dass Euer Problem schnell gelöst werden könnte, falls wir Euch helfen. Nun aber teilt Ihr uns mit, dass Eure Feinde Euch mehr Schwierigkeiten bereiten als erwartet. Die Zeit, die Ihr uns genannt habt, ist längst abgelaufen, und noch immer arbeiten unsere Untergebenen für Euch und Eure Ziele. Wir werden nur ungern ausgenutzt!«, antwortete die Frau scharf.
Wieder entstand eine kurze Gesprächspause, in der Sargan nichts außer einem Flüstern vernehmen konnte. Der Sprecher schien sich leise mit einer weiteren, männlichen Person zu unterhalten, doch was gesagt wurde, konnte der Lauscher nicht verstehen.
»Nun gut. Es wird weitere Lieferungen geben, alle siebzehn Tage, bis wir Eure Hilfe nicht mehr benötigen«, gab der Sprecher dann nach, und Sargan grinste breit. Siebzehn Tage entsprachen genau der zwergischen Woche, nach der sich das Kleine Volk orientierte. Das bedeutete wohl, dass er gerade Zeuge von interessanten Nachverhandlungen geworden war.
»Wir werden morgen vor Tagesanbruch abreisen und alles vorbereiten, wenn Ihr unser Angebot annehmt«, fuhr der Zwerg fort.
»Das Angebot ist akzeptabel.«
»Dann sei es so. Gehabt Euch wohl, Sciloi Kaszón.«
»Gute Reise«, wünschte die Frau noch, und Sargan hörte eine Tür ins Schloss fallen. Trotzdem blieb er noch unter dem Fenster, denn er hoffte, noch mehr zu erfahren. Doch dann hörte er ein Kratzen und erkannte, dass jemand die Fassung des Pergamentes herausnahm. Schnell entfernte er sich von dem Fenster, in der Hoffnung, ein Stockwerk hinabzugelangen, bevor jemand seinen Kopf aus dem Fenster steckte.
Doch seine Eile wurde ihm beinahe zum Verhängnis, denn als er das geöffnete Fenster unter ihm schon erreicht hatte, rutschte er ab und glitt trügerisch langsam mit dem Fuß von der Kletterklinge. Sofort warf er sich nach vorn und suchte verzweifelt Halt mit den Fingern. Seine tastenden Hände fanden den geöffneten Fensterladen und krallten sich fest; schließlich fand er die Kraft, die Beine anzuziehen und sich in das Fenster zu schwingen. Schnell rappelte er sich auf und lauschte. Keine Ruhe für die Bösen, dachte er, nicht einmal, wenn sie von den Mauern stürzen. Aber sein kleines Abenteuer schien unbemerkt geblieben zu sein, zumindest gab es keine Alarmrufe, kein Licht, keinerlei Anzeichen von Aufruhr. Besonders vorsichtig lehnte er sich aus dem Fenster und holte seine Klinge
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