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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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hallen hörte. Gewandt drückte er sich in eine Nische, verbarg die winzige Blendlaterne in der Hand und lauschte. Die Echos machten es ihm schwer, den Lärm zu orten. Zu seiner Erleichterung wurde das Geräusch nun stetig leiser, aber selbst nachdem es verklungen war, harrte Sargan noch einige Herzschläge mit dem Rücken an der Felswand aus, bevor er seinen Weg fortsetzte.
    Das Licht der Laterne reichte kaum fünf Schritte weit, aber Sargan hatte sie mit Bedacht gewählt. Die Bewohner der Tunnel führten gewiss größere Lampen mit sich, die er früher erkennen konnte als sie die seine. Andererseits waren die Zwerge gerissen und schlau, und es mochte durchaus sein, dass sie Wachen ohne Licht postiert hatten, um Eindringlinge wie ihn zu entdecken. Dann würde Sargan alle Vorsicht wenig nützen, aber diesem Problem konnte er sich immer noch stellen, wenn es auftrat. Ganz ohne ein Licht wären die unterirdischen Tunnel und Höhlen jedenfalls ein unüberwindbares Hindernis, denn sie bildeten ein gewaltiges Labyrinth, in dem man sich leicht verirren konnte.
    Ihre wichtigsten Routen hatten die Zwerge mit Reliefs verziert, die ihre Steinmetzen kunstvoll in die Wände geschlagen hatten. Somit war es Sargan immerhin möglich, sich grob zu orientieren. Leise schlich er weiter durch unbekannte und feindliche Gänge, die Nerven bis zum Äußersten angespannt.
    Überraschenderweise war es hier unten verhältnismäßig warm, ganz entgegen den Geschichten über die kalten Tiefen, welche man sich in Sargans Heimat erzählte. Dieser Umstand hatte sich als sehr glücklich für ihn herausgestellt, denn nachdem er den Fluss durchquert hatte, der von zahlreichen klaren Gebirgsgewässern gespeist wurde und dementsprechend kalt war, hatte er schon befürchtet, umkehren zu müssen. Er konnte es nicht riskieren, ein Feuer zu entfachen, um sich aufzuwärmen. Nicht, dass er überhaupt genug brennbares Material gefunden hätte. Aber je tiefer er in die Höhlen vordrang, desto angenehmer wurde es. Vielleicht wärmten die Schmiedefeuer der Zwerge ja sogar die Berge.
    Leider war der Weg durch den Fluss die einzige Möglichkeit gewesen, die Sargan gefunden hatte, um ins Innere des Gebirges zu gelangen. Das gewaltige Tor, das die Zwerge in die Felswand geschlagen hatten und das zu ihrem unterirdischen Reich führte, war so gut wie immer geschlossen und wurde nur geöffnet, um die Handelskarawanen des Kleinen Volkes hinein- oder herauszulassen. Nach fast zwei Dutzend Tagen, in denen er das Tor beobachtet hatte, war sich Sargan sicher gewesen, dass es für ihn dort kein Hineinkommen gäbe, zu gut wurde das Portal bewacht und zu gewissenhaft waren die Zwerge bei der Kontrolle der Wagen.
    Ein glücklicher Umstand hatte ihn auf den Fluss aufmerksam gemacht: Vor wenigen Wochen waren Trümmer eines zerschmetterten Bootes und die aufgeblähte Leiche eines Zwerges durch den nahen Ort Ercyra getrieben, und Sargan hatte davon erfahren, als er sich mit Proviant versorgt hatte.
    Nach einigen Überlegungen hatte er den Entschluss gefasst, sich den Fluss genauer anzusehen. Am Ende des Sommers führte der Magy wenig Wasser mit sich, was sich mit den Regenfällen im Herbst wieder ändern würde. Im Winter war der Fluss zu kalt, und es trieben gefährliche Eisschollen auf seiner Oberfläche, während im Frühjahr die Strömung, deren urgewaltige Wut Felder und zuweilen gar ganze Dörfer verschlang, noch weiter anschwoll. Nur im Sommer ließ sich der breite Strom – die Lebensader des umliegenden Landes – gut befahren. Also hatte Sargan die Gunst der Stunde genutzt und die wenigen Habseligkeiten in gefettete Tierhäute verpackt, von denen er hoffte, dass sie dem Wasser standhielten.
    Die anderen Menschen in Ercyra hatten gescherzt, dass der tote Zwerg wohl beim Baden ertrunken sei; schließlich sei dies ja eine äußerst ungewohnte Handlung für das Kleine Volk. Aber Sargan vermutete nach wie vor, dass mehr dahintersteckte. Die Zwerge waren im Umland nicht sehr beliebt, denn auch wenn sie mit ihren Waren begehrte Handelsgüter lieferten, die den Händlern Reichtum und Wohlstand brachten, so empfand man sie wegen ihres überheblichen Gehabes hintertrieben und gierig. Aus eben diesem Grunde hatte die bäuchlings durch das Dorf treibende Leiche eher grimmige Erheiterung als Entsetzen oder gar Mitgefühl ausgelöst.
    Für Sargan war es ein Leichtes, alles über die Zwerge in Erfahrung zu bringen, was die einfältigen Dörfler wussten. Zugegeben, es war nicht gerade

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