Die Trolle
Schutz für Händler und Waren ließ sie sich gern anheuern, aber nicht, um zur Belustigung der Masriden in die Bärengrube zu steigen. Ebenso hatte sie jeden Versuch abgelehnt, sie für Überfälle und Angriffe zu kaufen. So mancher dachte, dass ein Mietschwert für genügend Gold alles tat, jede Schandtat und jedes Verbrechen beging, aber Flores und viele andere, die sie kannte, hatten ihre Prinzipien und Grenzen.
Doch dann polterte die Kutsche durch den Torbogen der Festung und lenkte die Wlachakin von ihren Gedanken ab. Selten war sie bisher in der Feste gewesen, und wie die Male zuvor wurde sie ein wenig unruhig. Vermutlich war es nur Einbildung, aber irgendwie fühlte sie sich, als ob sie in eine Falle geriete. S ten konnte nur mit größter Mühe wieder von hier entkommen. Und ich begebe mich freiwillig hinein, dachte die junge Kriegerin, schalt sich dann aber sofort für diesen Gedanken. Niemand kennt mich, hier bin ich ebenso eine einfache Söldnerin wie in der Stadt.
Trotzdem blieb ihr ein ungutes Gefühl in der Magengrube, während die Kutsche im großen Hof der Burg hielt und Hernád ausstieg, gefolgt von Flores.
Vor ihnen tauchte ein ältlicher Masride auf, der den Händler mit einer tiefen Verbeugung bedachte: »Edler Hernád, es ist mir eine Freude, Euch im Namen meines Herrn begrüßen zu dürfen.«
»Die Ehre liegt ganz bei mir, Edler Bàjza«, antwortete der Händler geziert.
»Folgt mir bitte«, bat der Majordomus der Burg und führte Hernád durch die mächtigen Eichentore in das Hauptgebäude der Burg, wobei seine Wachen in gemessenem Abstand hinter ihm herschritten.
Hinter ihnen führten die Knechte der Festung die Kutsche vom Hof zu den Ställen, während ein halbes Dutzend Bewaffnete in Zorpads Farben sich zu ihnen gesellten und sie eskortierten. Neben Flores und Ezro hatte Hernád zwei weitere Wachen und den alten Kóvasz dabei, vermutlich eine genau abgestimmte Menge an Bediensteten, um den Reichtum des Händlers darzustellen, ohne dabei seinen Gastgeber zu beschämen.
Der Haushofmeister führte sie durch die imposante Eingangshalle der Festung, in der große, farbenfrohe Wandteppiche die Wände bedeckten. Weiter ging es geradeaus durch ein breites Portal, das sie direkt in den großen Saal der Burg brachte, wo Bàjza sie anwies zu warten.
In der Halle befanden sich bereits mehrere Gruppen von Personen, sodass Hernáds Gefolge sich bemühte, einen aufmerksamen und guten Eindruck zu machen, während es dem Händler durch den Saal folgte, der jeden Anwesenden zu kennen schien und höflich begrüßte. Zum größten Teil handelte es sich um Masriden, obwohl Flores auch einige Szarken und wenige Wlachaken erkannte. Alle trugen ihre beste Kleidung und bemühten sich um höfische Umgangsformen.
Hin und wieder öffnete sich die kleinere Tür am hinteren Ende des Saales, und eine Person oder Gruppe trat hinaus, während jemand anderes aufgerufen wurde. Offenbar hat Zorpad an diesem Tag alle Hände voll zu tun. Vermutlich wollen sie ihm zu S tens Hinrichtung gratulieren, dachte Flores trocken. Bei dem Gedanken an die Gesichter, welche die Masriden machen würden, wenn sie von Stens Flucht und seinen unglaublichen Abenteuern hörten, musste Flores widerwillig grinsen. Und wie ich mein Brüderchen kenne, wird es nicht allzu lange dauern, bis er irgendeine Torheit begeht, über die man wieder Lieder singen wird.
Als es draußen bereits dunkel zu werden begann, hatte sich die große Halle merklich geleert. Obwohl sie wenig mehr tun musste, als hinter Hernád herzulaufen und dabei angemessen beeindruckt von der Umgebung zu wirken, fühlte sich Flores erschöpft und ausgelaugt. Ihre Füße schmerzten, und sie sehnte sich nach einem guten Schluck Wein. Das belanglose Geplauder und die Anekdoten, die trotz ihres mangelnden Humors stets mit geflissentlichem Lachen quittiert wurden, ermüdeten die Wlachakin zusätzlich. Endlich wurde Hernád aufgerufen und trat aufgeregt durch die Tür in Zorpads Audienzzimmer. Seine Bediensteten wurden bis auf den alten Kóvasz nicht eingelassen, aber mit etwas anderem hatte Flores auch nicht gerechnet.
In einem unbeobachteten Augenblick trat sie an den Tisch mit den Getränken und füllte sich einen Pokal mit schwerem Rotwein, den sie im Valedoara anbauten und den das Volk Drachenblut nannte, nach dem Wappentier von Laszlár Szilas, dem Herrn der Region und einem von Zorpads Rivalen im Kampf um die Krone von Ardoly.
Genüsslich ließ Flores den Wein in ihrem Mund
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