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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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sie bei dem Gesinde. Flores konnte sich die Namen all der Menschen, die Hernád vor seiner Audienz bei Zorpad Dîmminu noch treffen wollte, nicht merken. Der Masride plante offensichtlich einen besonders guten Eindruck zu machen und so die Gunst des Marczegs zu erlangen. Vermutlich hatte Hernád in letzter Zeit ein gutes Händchen bei seinen Geschäften gehabt und wollte nun auch beim Adel einen Vorteil aus seinem Wohlstand ziehen. Oder er hat Zorpad verärgert, und der droht ihm, ihn entmannen zu lassen, wenn er nicht spurt, dachte Flores hämisch, was ihr aber nicht wahrscheinlich erschien. Hernád war nämlich guter Dinge und unterhielt sich während der kurzen Fahrten in der Kutsche gern mit ihr.
    Solange der Händler in der Nähe war, verhielten sich alle ruhig und waren zumindest höflich zueinander, aber sobald die Bediensteten sich selbst überlassen waren, begann Ezro über die Wlachaken im Allgemeinen und Flores im Besonderen zu lästern. Doch sie ignorierte das leere Gespött und sonderte sich ab, denn ihre Gedanken drehten sich mehr um ihren Bruder und sich selbst als um ihre Umgebung. Natürlich wagte es Ezro nicht, einen richtigen Streit vom Zaun zu brechen, und so blieben seine Drohungen hohl und ohne wirkliche Bedeutung.
    Aber sein Lieblingswort »Gesocks!« brachte eine Erinnerung an Kindheitstage mit sich, als sie zusammen mit ihrem Bruder und Viçinia einen Kübel voller Schleimschnecken in das Bett eines masridischen Gesandten ausgeleert hatten. »Gesocks!«, hatte der wutentbrannt gegeifert, und sein Geschrei war die nachfolgende Strafe mehr als wert gewesen …
    Inzwischen war es später Nachmittag geworden, und die Kutsche überquerte die Reiba auf der Astoni-Brücke, welche von Teresnach Remis führte und dabei die kleine Insel Csalas überquerte, den einzigen Boden in Teremi, der weder zu Remis noch zu Teresgehörte. Auf der Insel lebten vor allem Handwerker, wie zum Beispiel die berühmten Holzschnitzer, deren Werke in ganz Wlachkis begehrt waren. Einst war Csalas von den Abgaben befreit gewesen, denen der Rest der Stadt unterlag, denn damals hatten die Handwerker und Künstler jene Schnitzereien geschaffen, welche von den Geistsehern und den Gläubigen zur Anrufung der Geister verwendet wurden. Seit dem Einfall der Masriden aber war diese Regelung aufgehoben worden, und jeder Holzschnitzer, der die alten Stücke fertigte, musste mit dem Tod auf den Scheiterhaufen des Albus Sunasrechnen. Deshalb standen vor den Werkstätten nur mehr weltliche Schnitzereien, verzierte Dachgiebel, Statuetten, Essgeschirr und Behältnisse aller Art.
    Aber Flores hatte keine Augen für die ausgestellten Stücke der Künstler, sondern blickte versonnen auf die Stickereien auf dem Polster der Rückenlehne, als Hernád sie plötzlich ansprach: »Wir fahren jetzt in die Feste. Ich würde Marczeg Zorpad gern einen Kampf in der Grube anbieten. Du weißt vielleicht, wie beliebt die Bärenkämpfe am Hof sind. Willst du es dir nicht noch einmal überlegen? Ich würde dir ein stattliches Sümmchen dafür zahlen.«
    Unwirsch schüttelte Flores den Kopf. »Nein, Herr. Ihr kennt meine Antwort darauf doch bereits.«
    »Ich würde deinen üblichen Preis verdreifachen. Solltest du verwundet werden, bezahle ich die besten Heiler für deine Genesung!«, bot ihr der dicke Händler an. Seine hellen Augen fixierten sie, und er hob fragend die dünnen Brauen.
    »Trotzdem lehne ich ab, auch wenn mich Euer Angebot ehrt. Aber Ihr habt doch genug Bedienstete, die zu kämpfen verstehen. Was ist mit Ezro?«, fragte Flores fast gänzlich ohne Hintergedanken, wobei ihr unweigerlich das Bild vor Augen trat, wie der Szarke schlotternd gegen einen Bären antrat, was sie lächeln ließ.
    »Er kann ein Schwert halten, das wohl, aber ich möchte Marczeg Zorpad ein großes Schauspiel bieten und einen guten Eindruck hinterlassen. Deine Klinge wäre vortrefflich dazu geeignet.«
    »Ich fürchte, Ihr müsst ohne mich auskommen, Herr«, antwortete Flores höflich, aber bestimmt, und der Händler lehnte sich seufzend zurück und zupfte seinen Ärmel gerade.
    »Eine Schande.«
    Der Rest des Weges bis zur Burg Remis verlief schweigend, und das war Flores nur recht. Das Angebot des Händlers, obwohl sicherlich großzügig und gut gemeint, hatte sie erzürnt, denn es erinnerte sie an die Vorwürfe, die Natiole ihr noch vor wenigen Tagen gemacht hatte. Obwohl Flores ihre Klinge für Geld einsetzte, achtete sie doch auf den Sinn und Zweck ihrer Arbeit. Als

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