Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
bewachten. Neben sich spürte Viçinia die Trolle mehr, als dass sie sie sah, doch die Ungeheuer verhielten sich still und starrten nur in die Dunkelheit.
    Schritt um Schritt kroch der Kahn voran, während der Regen auf sie niederprasselte. Gerade als er zwischen den Türmen hinaus in die Freiheit gleiten sollte, ertönte ein kratzendes Geräusch, und ein Ruck ging durch das Boot.
    »Die Kette!«, schrie Sten verzweifelt und beugte sich über die Reling. »Sie haben uns!«
    Ein kalter Schauer lief über Viçinias Rücken, als sie die schlechte Neuigkeit hörte. Wenn sie im Hafen gefangen waren, so würde es nur eine Frage der Zeit sein, bevor man sie mit anderen Booten fand. Wir können versuchen zu schwimmen, überlegte die Wlachakin, aber in der Strömung und bei diesem Wetter ist es gefährlich, vor allem für die Verwundeten. Suhai wäre dem Tode geweiht!
    »Gehen wir durchs Wasser«, rief einer der Trolle, aber Sten schüttelte wild den Kopf.
    »Das schaffen wir nicht alle!«, gab er Viçinias Gedanken laut wieder und stellte fest: »Wir haben Verletzte – Suhai, Natiole. Wir brauchen das Boot!«
    »Mach Platz, Mensch!«, befahl der riesige Troll rüde und robbte vorsichtig nach vorn zum Bug. »Was ist das für eine Kette?«
    »Schmiedekunst des Kleinen Volkes. Da, sieh«, erklärte Sten schreiend, um den Donner zu übertönen, der jetzt in kurzen Abständen direkt über dem Hafen grollte. »Unterhalb der Oberfläche. Wir haben zu viel Tiefgang!«
    »Zwerge?«, brüllte der Troll fragend zurück, und Sten nickte, wobei er sich die nassen Haare aus dem Gesicht strich. Inzwischen war der Regen zu einem wahren Wolkenbruch geworden, und das Wasser sammelte sich gefährlich schnell am Boden des Bootes. Die beiden kleinen Männer, der Rothaarige und der Wlachake, hatten sogar schon damit begonnen, es mit den Händen über Bord zu schaufeln.
    »Zdam! Komm her!«, brüllte der große Troll, nur um dann plötzlich zu verstummen und sich schuldbewusst umzusehen.
    »Verdammt!«, gab ein anderer Troll wild zurück. »Er ist tot, du dämlicher …«
    »Dann komm du her!«, erwiderte der riesige Troll grimmig. Unter heftigem Schaukeln des Kahns kroch der angesprochene Troll nach vorn und starrte in die dunklen Wasser des Magy.
    »Zieh gefälligst!«, schrie der andere, griff selbst in das Wasser und bekam die Kette zu fassen. Der zweite Troll tat es ihm gleich, und schon bald senkte sich der Bug ihres Bootes gefährlich ab, während die Trolle die Kette hoben.
    »Ducken!«, befahl Sten laut und warf sich auf den Boden des Kahns, während die Trolle die mächtige, schwere Kette langsam über das Boot schoben. Die dicken Kettenglieder kratzten über die Reling, während die beiden Trolle sich dagegen stemmten und sie langsam nach hinten Richtung Heck drückten, wobei sie den Kahn automatisch hinaus auf den Fluss schoben. Zweimal splitterte die Reling unter dem Druck der schweren Metallkette, doch beide Male wuchteten die Trolle sie wieder hoch und setzten ihr übermenschliches Werk fort, bis sie das Heck erreicht hatten, wo sie die Kette mit einem letzten, von einem urtümlichen Schrei begleiteten Kraftakt über das leicht erhöhte Ruder hievten und sie dann laut platschend ins Wasser fallen ließen.
    »Zwergenscheiße!«, brüllte der große Troll triumphierend, bevor er sich wieder vorsichtig in die Mitte des Kahns begab. Mit vereinten Kräften stakten Sten und sein Freund das Boot in Richtung Flussmitte. Als sie von der starken Strömung erfasst wurden und an den Mauern der Stadt vorbei in die Nacht getragen wurden, ließ sich Sten erschöpft auf den Boden sinken und rief: »Costin, geh an das Ruder! Halt uns in der Mitte!«
    Erst nachdem der kleine Wlachake in das Heck gerobbt war und die Ruderpinne ergriff, kroch Sten zu Viçinia in die Mitte des Kahns. Das Lächeln gefror ihm auf den Lippen, als er ihr Gesicht sah. Traurig schüttelte die Wlachakin den Kopf, und Sten sah hinab auf Natiole.
    »Nein«, flüsterte der junge Krieger und blickte mit vor Entsetzen geweiteten Augen auf den leblosen Körper vor sich. »Nein. Nicht hier, Nati, nicht so.«
    Sein Blick suchte Viçinias, doch sie konnte nichts tun, um seinen Schmerz zu mildern, außer mit ihm zu trauern. Mit ungelenken Bewegungen, als sei sein Körper taub, kroch Sten näher und strich mit den Fingern über Natioles Stirn.
    »Du lässt mich allein, Bruder?«, fragte er mit gebrochener Stimme. »Weißt du nicht, dass ich dich brauche?«
    Dann schüttelte ein

Weitere Kostenlose Bücher