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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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ihre Knochen grub. Sie wunderte sich nur über die an ihrem Sichtfeld vorbeifliegenden Gesichter, die grimmigen Mienen der Zwerge, fast verborgen hinter den dichten Bärten, die blassen Gesichter der Wlachaken um sie herum, die kämpften und starben. Dann schlug sie auf dem Boden auf, und alle Luft wurde ihr aus den Lungen getrieben. Benommen wälzte sie sich auf den Rücken, als unvermittelt ein Schatten über ihr auftauchte und das künstliche Sonnenlicht des Albus Sunasverdeckte. Eine hoch erhobene Axt glänzte im strahlenden Licht. Fasziniert sah Flores, wie sich Blutstropfen vom Blatt der Waffe lösten. Warte auf mich, Nati, dachte sie ohne Angst, ich folge dir bald auf die dunklen Pfade.

 
59
    Abschätzend sah Sten zum Himmel hoch, an dem einige Wolkenbänder hingen, die von der untergehenden Sonne in einem dunklen Rot eingefärbt wurden. Nicht mehr lange, und die letzten Lichtstrahlen würden hinter den Bergen verschwinden, und die Nacht würde sich über Wlachkis senken. Die Nacht der Entscheidung, dachte Sten, musste dann aber über sein eigenes Pathos lachen. Nichtsdestotrotz war es die Wahrheit, denn die heutige Schlacht würde über das Schicksal der Wlachaken entscheiden.
    Ein Leben unter Zorpads Knute, unfrei, unterdrückt, gejagt und verfolgt, überlegte der junge Krieger, oder die Freiheit auch außerhalb des Mardews, zum ersten Mal seit so vielen Jahren. Eines war jedenfalls sicher: Sten würde alles geben, um seinem Volk endlich diese Freiheit zu erkämpfen. Und nicht nur ich, dachte er stolz und besah sich die Gruppe von Kriegern, die ihn begleitete.
    »Macht euch bereit«, befahl er leise und wies auf den blutroten Himmel. »Bald beginnt der Tanz.«
    »Tanz?«, fragte Costin. »Habe ich was verpasst? Ist die Schlacht vorüber, und wir sind schon auf dem Weg zur Siegesfeier?«
    Lachend schlug Sten dem kleinen Wlachaken auf die Schulter: »Nur Geduld, Freund Costin, bald ist es so weit.« Dann wandte er sich an seine restlichen Begleiter: »Und für jene, für die morgen keine Sonne mehr aufgeht: Fürchtet euch nicht, ihr wandelt dann bereits auf den dunklen Pfaden!«
    Raues Lachen antwortete seinem Scherz, dann trat ein junger Krieger zu Sten und sagte: »Es ist uns eine Ehre, mit dir zu kämpfen, Sten. Jeder von uns hat immer gehofft, in der Schlacht an deiner Seite zu stehen!«
    »Danke«, erwiderte Sten, den die Worte berührten. »Aber das ist zu viel der Ehre.«
    »Nein«, warf eine Frau ein, die gerade die Riemen ihrer Rüstung prüfte und fester zog. »Jeder, der von deinen Taten gehört hat, wusste, dass du uns den Sieg über Zorpad bringen wirst!«
    »Ich habe nur getan, was jeder von euch an meiner Stelle auch getan hätte«, gab Sten zu bedenken, »und viele andere haben weitaus mehr als ich geleistet – und verloren.«
    Als er die skeptischen Gesichter seiner Mitkämpfer sah, fügte Sten hinzu: »Vergesst die Geschichten! Morgen schon werden die Lieder von euch allen künden, und in hundert Jahren noch wird man von euren Heldentaten erzählen!«
    Das weichende Licht ließ die Welt düster und grau zurück, doch in den grimmigen Gesichtern der Krieger und Kriegerinnen konnte Sten Hoffnung sehen und Entschlossenheit. Als sein Blick über die Männer und Frauen in ihren dunklen Rüstungen und Gewändern wanderte, nickten sie ihm zu. Nein, nicht ihr müsst stolz sein, an meiner Seite zu kämpfen, ging es dem Wlachaken durch den Kopf. Ich muss stolz darauf sein, an eurer Seite kämpfen zu dürfen.
    Bevor er seine Gedanken in Worte kleiden konnte, erkundigte sich Costin: »Denkst du, unser Plan geht auf?«
    »Würde ich sonst hier stehen?«, hielt Sten dagegen. »Jetzt schon wird das Heer weiter vorrücken, und sobald die Dunkelheit vollständig ist, erwachen die Trolle auf ihren Wagen. Kurz darauf erreichen unsere Krieger das Schlachtfeld. Selbst wenn Zorpad kurz vorher von seinen Kundschaftern gewarnt wurde, hat er keine Möglichkeit mehr, einer Schlacht bei Nacht aus dem Wege zu gehen.«
    »Und wir sind dann auch da«, erwiderte Costin grinsend, und Sten nickte.
    »Sobald die Nacht vollständig hereingebrochen ist, gehen wir los«, sagte der Krieger mit einem weiteren Blick zum Himmel, der merklich dunkler geworden war. »Also bald …«
    Gespannt starrte Sten aus seiner versteckten Position am Waldrand hinab. Zwischen den beiden Hügeln hatten sich die Heere versammelt, und auch wenn Sten kaum mehr als Lichtpunkte von Fackeln und dunkle Massen von Kriegern sehen konnte, stellte er sich

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