Die Trolle
Keller hinab.
Druan rief die übrigen Bewohner des Hofes zurück ins Haus und schickte sie nacheinander in den Keller. Den Familienvater hielt Sten kurz auf: »Ist sonst noch jemand auf dem Hof? Ich kann nur denen Sicherheit versprechen, die den Trollen gehorchen und in den Keller gehen.«
»Nein, Herr, wir sind alle hier«, antwortete der Bauer leise und mutlos.
»Viel Platz ist da unten nicht mehr«, warf Pard ein, als der letzte Mensch hinabgestiegen war und die Leiter wieder an der Wand lehnte, »aber das geht schon irgendwie.« Mit diesen Worten packte er den Käfig und versuchte ihn in das Loch zu versenken. Doch die Eisenkonstruktion war zu groß für den Kellereingang und blieb stecken.
»Lass gut sein, Pard. Er ist ja im Käfig«, sagte Druan, der sich bereits auf eine der Matten gelegt hatte.
Fluchend ließ Pard den Käfig zu Boden fallen und schloss die Falltür. Dann setzte er sich auf die Bretter, die gefährlich unter der Last knarrten, und grinste zufrieden. »Mal sehen, ob die Menschlein mich hochbekommen, wenn sie es versuchen.«
»Nicht mal ich kann deinen fetten Arsch hochheben«, antwortete Roch, was einen allgemeinen Heiterkeitsausbruch unter den Trollen auslöste. Pard funkelte Roch böse an, fiel dann jedoch in das Gelächter ein. Kurz vor Sonnenaufgang lief Anda noch einmal hinaus. Nach kurzer Zeit kehrte sie wieder und hielt triumphierend zwei große, pelzige Hundekadaver an den Schwänzen hoch. »Frühstück!«
Während die Trolle noch darüber spekulierten, ob die Hunde zu alt und sehnig waren oder gut schmecken würden, lehnte Sten sich zurück und legte die Hand auf den Stein unter seinem Hemd. Das Haus hatte mehrere Fenster, die zwar mit Läden verschlossen waren, aber sicher nicht vollkommen lichtdicht sein würden. Wenn seine Theorie über den Schlaf der Trolle stimmte, so bedeutete dies, dass die Trolle den ganzen Tag über unfähig waren, aufzuwachen. Ein Tag würde ihm genug Zeit geben, um einen Plan zu schmieden und sich zu befreien. Und dann würde er überprüfen, ob Trolle im Licht tatsächlich zu Stein wurden oder ob eine scharfe Klinge ihnen nicht einfach den Garaus machen konnte. Mit einem wölfischen Grinsen saß er in seinem Käfig und erwartete voller Vorfreude den Tag, während die Trolle scherzten und lachten. Von unten war kein Laut zu hören, aber Sten war sicher, dass sein Freund Natiole ebenso Pläne schmiedete wie er selbst.
6
Mit der aufgehenden Sonne kam tatsächlich der todesähnliche Schlaf über die Trolle, die sich im Raum verteilt hatten. Sobald die ersten dünnen Lichtstrahlen durch die Fensterläden fielen, sanken sie in sich zusammen und schienen gar mit dem Atmen aufzuhören. Als Sten das sah, machte er sich an die Arbeit.
Druan hatte ihm zuvor etwas Essen von den Vorräten des Hofes sowie einen Tonkrug voll Wasser hingestellt. Derart gestärkt sah sich Sten das Problem der klemmenden Tür noch einmal genauer an. Diesmal schlug er mit dem Stein auf die Scharniere ein, um diese ein wenig zu lockern.
Der Lärm, den er dabei produzierte, blieb im Keller nicht unbemerkt, und schon bald meldete sich Natiole zu Wort: »Sten! Was passiert da oben?«
»Ich versuche aus diesem verfluchten Käfig rauszukommen!«, entgegnete Sten.
»Was ist mit den Trollen?«, fragte sein Freund.
»Sie schlafen wie Tote, nichts scheint sie zu wecken. Ich glaube, es ist das Sonnenlicht.«
»Ha! Das solltest du keinesfalls dem Albus Sunaserzählen. Sonst kriegt man noch endlose Predigten über das göttliche Licht am Himmel von ihm zu hören«, scherzte Natiole.
»Gib mir etwas Zeit, wir reden später. Erst einmal muss ich diese Tür aufbekommen«, erklärte Sten, während er nach wie vor die Türangeln mit gezielten Schlägen bearbeitete. Es war ein hartes und mühseliges Unterfangen. Der Stein, nun gesplittert und mit sichtbaren Gebrauchsspuren, war nicht das ideale Werkzeug. Immer wieder glitt Sten ab und fügte sich so einige Schnitte und Quetschungen an den Händen zu, doch er dachte nicht ans Aufgeben.
Nach einer ganzen Weile kam es ihm so vor, als zeitigte seine Arbeit Erfolg. Die Scharniere hatten sich leicht nach außen gebogen, und tatsächlich, die Tür saß jetzt lockerer als zuvor. Diese Entdeckung beflügelte Sten geradezu und ließ ihn mit frischem Mut seine Anstrengungen verdoppeln. Schließlich lehnte er sich so weit wie möglich zurück und trat mit aller Kraft gegen die Stäbe der Tür. Viel Platz war dafür nicht, aber wenigstens bot ihm der
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