Die Trolle
Käfig Halt, damit er Druck auf die Tür ausüben konnte. Als diese schließlich mit einem lauten Krachen aufflog, seufzte Sten vor Erleichterung.
Mit schmerzenden Gliedern kroch er aus dem Käfig und genoss es für einen Augenblick, sich hinzulegen und endlich der Länge nach auszustrecken. Aber noch war sein Werk nicht ganz vollbracht.
Vorsichtig stand er auf, wobei er sich am Käfig festhalten musste, da seine Beine schwach waren und zitterten. Die paar Schritte bis zum Fenster hätten ihn beinahe wieder zu Fall gebracht, aber er erreichte eben noch die Wand und stützte sich dort ab. Dann öffnete er die Fensterläden, um sicherzugehen, dass die Sonne in den Raum schien.
Das Ganze wiederholte er bei den anderen Fenstern. Jeder Schritt, den er tat, ließ ihn sicherer auf den Beinen werden. Erst dann begab er sich zu dem regungslosen Pard und sah auf dessen massige Gestalt hinab. Wütend verpasste er dem Troll einen Tritt in die Seite. »Mich zerquetschen? Du verdammte Bestie, dafür wirst du noch bezahlen!«
Mit aller Kraft versuchte er, den Leib des Trolls von der Falltür wegzuzerren, doch das Monstrum war zu schwer für ihn. Erst mit Hilfe einer Schaufel, die er als behelfsmäßigen Hebel gebrauchte, gelang es Sten, Pard so weit von den Brettern zu rollen, dass er die Falltür anheben konnte. Aus dem Loch starrten bleiche Gesichter zu ihm empor, auf denen sich die Angst abzeichnete, doch Sten lächelte ihnen zu: »Keine Sorge, es ist sicher, sie schlafen tief und fest.«
Mit diesen Worten schob er die einfache Leiter zu dem Loch und ließ sie vorsichtig hinab. Zunächst kam Natiole hinauf, die Hand am Knauf seines Dolches. Er umarmte Sten nach einem schnellen Blick auf die bewegungslosen Trolle.
»Meine Güte, Sten, du siehst furchtbar aus. Und du stinkst wie Ziegenmist!«
»Versuch nicht, mir zu schmeicheln. Ich weiß, ich weiß. Ich brauche dringend ein Bad«, erwiderte Sten mit einem Blick an sich hinab, »und frische Kleidung wäre auch nicht schlecht.«
Lachend stimmte Natiole ihm zu. Das Versteckspiel im Keller schien ihm nicht viel ausgemacht zu haben. Sein langes, hageres Gesicht war schmutzig, und die kurzen dunklen Locken waren ungekämmt und verfilzt, aber die hellen Augen strahlten so lebendig wie immer unter den dichten Brauen hervor. Offensichtlich hatte er seit dem letzten Treffen mit Sten das Gewand ebenfalls nicht wechseln können, denn noch immer trug er die leinene Reisekleidung eines einfachen Händlers, die mittlerweile dreckig und zerschlissen war. Vor allem aber trug er an seinem breiten Schwertgürtel einen langen Dolch und ein Schwert. Während die beiden Kampfgefährten den Kindern aus dem Keller halfen, fragte Natiole mit einem Blick auf die blauen Flecken an Stens Armen und Beinen: »Waren das diese Bestien?«
»Nein«, winkte Sten ab, »das waren Zorpads Schergen. Obwohl … die Hände habe ich mir an der dreimal verfluchten Tür blutig geschlagen, und ein paar Wunden an meinem Rücken stammen von den Gitterstäben.«
»Ich hätte nicht geglaubt, dich noch einmal lebend wiederzusehen. Bevor ich geflohen bin, sagte Linorel, dass Zorpad verbreiten lässt, du seist tot«, erzählte Natiole.
»Nein, sie haben mich nur gefangen genommen. Ich habe einige unschöne Tage als Zorpads Gast verbracht, dann haben sie mir die Augen verbunden und mich in den Wald geschafft. Futter für die Krähen.«
»Und ich habe schon damit gerechnet, in jedem Dorf zwischen hier und Teremi weinende Mädchen anzutreffen, denen dein hübsches Gesicht irgendwann mal den Kopf verdreht hat.«
Der Jüngere schnitt eine Grimasse. »Das ist wohl kaum mein größtes Problem.«
»Alle werden dich für tot halten.«
»Ja. Das ist ein Vorteil, den ich zu nutzen gedenke«, gab Sten zurück.
»Alle«, wiederholte Natiole viel sagend.
»Ich weiß, Nati. Ich muss dringend hier weg. Wie lange war ich außer Gefecht? Eine Woche?«
»Länger«, antwortete Natiole und schien kurz zu überlegen. »Heute ist der elfte Tag nach dem Überfall in Teremi.«
»Und was hat dich in diese Einöde verschlagen?«, meinte Sten, nachdem er kurz über Natioles Antwort nachgesonnen hatte.
»Seit dem Überfall auf dich ist Teremi nicht mehr sicher, für keinen von uns, also bin ich von dort verschwunden. Und da Zorpads Leute gerade ziemlich umtriebig sind, habe ich versucht, mich so unsichtbar wie nur möglich zu machen.«
Unterdessen war die gesamte Bauernfamilie aus dem Keller geklettert. Bis auf den Familienvater trugen
Weitere Kostenlose Bücher