Die Trolle
fügte Sten verschmitzt hinzu, wunderte sich innerlich aber, denn bei seinem Volk waren die Zwerge nicht eben für ihre große Anzahl bekannt. Eigentlich sagte man ihnen eher das Gegenteil nach, nämlich dass sie wenige waren. Verwirrt fragte sich Sten, ob es tatsächlich so wenige Trolle gab oder ob unter der Oberfläche so viel mehr Zwerge lebten, die von den Menschen niemals gesehen wurden.
»Es sind gierige kleine Bastarde«, Druan spuckte abfällig aus, »und sie hassen uns. Was nicht weiter schlimm ist, denn wir hassen sie auch.«
»Aber warum sucht ihr die menschlichen Magier?«
»Der Zwerg, den wir gefangen genommen haben, hat viel erzählt«, sagte Druan voll grimmiger Freude. Sten hingegen spürte einen Schauer seinen Rücken hinablaufen. Ohne Frage, er konnte sich gut vorstellen, dass jemand, den Pard befragte, viel erzählen würde. »Er hat uns verraten, dass es Menschen sind, die ihnen helfen. Menschen, die die Sonne als Gott verehren.«
Dafür kam eigentlich nur eine Organisation im gesamten Land Wlachkis in Frage. »Der Albus Sunas«, sagte Sten entschieden. »Die Sonnenmagier.« Und damit die Masriden, fügte er in Gedanken hinzu, denn der Orden würde schwerlich eine solche Aufgabe ohne die Kriegsherren aus den Ländern jenseits der Berge auf sich nehmen. Laut sagte er: » In Teremi werdet ihr mehr als genug von den Sonnenpriestern finden. Fast alle Masriden glauben ihren Lehren.«
Es bereitete dem Wlachaken einige Gewissensbisse, dass er den Trollen nicht die ganze Wahrheit sagte, aber es musste sein. Der Albus Sunashatte sich seit dem Einfall der Masriden überall im Land verteilt, die Klöster des Ordens waren wie Pilze aus dem Boden geschossen. In fast jedem Dorf gab es einen Schrein und in manchen Städten sogar mehrere Tempel. Informationen über den Orden hätten die Trolle allerorts bekommen können, doch nach einigem Nachsinnen fiel Sten eine Begründung ein, warum sie ausgerechnet nach Teremi gehen mussten, die er fast selber glauben konnte: »Dort gibt es einen großen Tempel. Die Stadt ist das Zentrum des Albus Sunas. Wenn man irgendwo etwas herausfinden kann, dann dort.«
Druan nickte und fragte dann bedächtig: »Du bist kein Masride?«
»Nein. Ich bin Wlachake!«, antwortete Sten und blickte dem Troll gerade in die Augen.
»Was ist der Unterschied?«
»Das hier ist unser Land. Wlachkis. Seit ewigen Zeiten. Die Masriden kamen erst vor wenigen Generationen. Sie überfielen uns, töteten unsere Kinder, unsere Krieger, ja selbst den Kralj, unseren König. Sie verwüsteten das Land, verbrannten Städte, plünderten Dörfer. Ihre verfluchten Reiter hetzten alle, die sich ihnen widersetzten, zu Tode. Seitdem beherrschen sie Teile meiner Heimat, sitzen in unseren Städten und Burgen. Sie haben selbst dem Land einen anderen Namen gegeben: Ardoly, das Land des Waldes. Nur noch wenige der alten Teras sind im Besitz ihrer rechtmäßigen Herrscher«, erzählte Sten und spürte, wie er sich mehr und mehr in Rage redete.
»Teras?«, fragte Druan nach.
»Das sind Provinzen. Unsere Provinzen, unser Land. Einst gab es fast zwei Dutzend von ihnen. Der Herr oder die Herrin eines Tera saß im Rat des Kralj. Jetzt kontrollieren die Wlachaken nur noch vier der Teras. Der Rest ist in den dreimal verfluchten Händen der Masriden.«
»Und Zorpad ist einer von ihnen?«
»Zorpad ist einer, der Mächtigste. Seine Vorfahren haben das größte Stück Land an sich gebracht, als die Masriden ihre Kriegsbeute verteilten.«
»Klingt nach Pard, der nimmt sich auch immer das größte Stück«, lachte Druan, was den Troll dazu brachte, sich umzudrehen.
»Was?«
»Schon gut, wir reden nur übers Essen«, antwortete Druan, bevor er Sten weiter ausfragte. »Du bist ein Krieger? Du kannst mit diesen Metallwaffen umgehen, nicht wahr?«
»Ja. Meine Familie besaß früher einmal Land, man hat mich seit meiner Kindheit im Umgang mit Waffen unterrichtet.« Beinahe zärtlich berührte er den Knauf des Schwertes: »Eines Tages werden unsere Schwerter die Masriden aus unserem Land vertreiben, und wir werden unser Geschick wieder selbst bestimmen. Bis dahin kämpfen wir.«
»Gut. Das bedeutet, dass ich dir vertrauen kann, solange unsere Feinde die gleichen sind«, sagte Druan zufrieden. Wortlos nickte Sten und hing dann wieder seinen düsteren Gedanken nach – Erinnerungen an endlose Tage von Krieg, Leiden und Tod und an all jene, die er verloren hatte, allen voran seine Eltern. Seine Mutter war bei der Verteidigung
Weitere Kostenlose Bücher