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Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Titel: Die Trüffelgöttinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lexa Holland
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Jackenärmeln geklopft und den Kugelschreiber, die Haarklammer und den Lockenwickler auf den Tisch gelegt, die sie neben Mister Big auf dem staubigen Parkett gefunden hatte. Diese unverhoffte Aufdeckung adeliger Schlamperei entschädigte sie reichlich für den pikierten Blick, den Thomas’ Mutter nach der ersten Schrecksekunde auf den wohlproportionierten Stein des Anstoßes warf. Dass Melanie Mister Big mit der Bemerkung „ Ich habe manchmal ganz einfach total verspannte Nackenmuskeln!“ wieder in der Tasche verstaute, machte die Situation zwar auch nicht besser, aber sie hatte trotz allem ein unbezahlbares Gefühl der Genugtuung. Endlich hatte sie einen Blick hinter die hochglanzpolierte und lavendelduftende Fassade der Familie von Ducaty werfen und feststellen können, was sie sowieso längst geahnt hatte: Unter dem ganzen überheblichen Adelsgetue verbarg sich derselbe Staub, der unter dem viel zitierten Hempel’schen Sofa lag.
    „ Dann bis Freitag, meine Damen!“
    Glamour berührte sie beide zum Abschied leicht an den Oberarmen, was bei May ganz offensichtlich fast einen sexuellen Höhepunkt auslöste, und verschwand dann ebenso lautlos, wie er gekommen war im Aufzug.
    „ Ist er nicht der absolute Wahnsinn, Melanie?“
    May sah aus, als habe sie gerade etwas überirdisch Schönes geträumt.
    „ Und diese Hose! Und diese Hände! Und überhaupt ...“
    Sie drehte die Augen zur Decke und seufzte wie ein Teenager vor dem Poster seiner Lieblingsboysgroup.
    Melanie vermutete, dass Glamour sogar mit heruntergelassener Hose und in rosa-grünen Boxershorts vor May bestehen würde, oder vermutlich gerade wegen der heruntergelassenen Hosen.
    Wie auch immer: Sie würde den hormonellen Übereifer ihrer Kollegin irgendwie dämpfen müssen, bevor sie sich vor einem Millionenpublikum lächerlich machte.
    „ Weißt du, May,“ setzte sie vorsichtig an, aber May schien ihr gar nicht zuzuhören.
    „ Was gäbe ich nicht alles für eine Nacht im Bett dieses Gottes!“
    Sie seufzte noch einmal und schlang die Arme um sich, während sie sich vorstellte, es seien Glamours Arme.
    „ Auch Götter müssen ihren Hintern abwischen, wenn sie auf dem Klo waren, glaub mir, Schatz!“ ertönte eine raue Stimme hinter ihnen.
    Gladys stellte den vollen Putzeimer neben sich auf den Boden und stemmte die Arme in die üppigen Hüften.
    „ Irgendwie gefällt mir das gar nicht, wie du von diesem Honigträufler schwärmst. Der macht euch Mädels doch nur was vor. Und sein komischer neuer Schönheitstrend, ich weiß nicht.“ Ihre Kulleraugen verengten sich zu Schlitzen. „Ich wette, insgeheim hasst er dicke Frauen.“ Gladys schüttelte verständnislos den Kopf.
    „ Dass eine Frau wie du auf so einen Blender hereinfällt, das hätte ich nicht gedacht, Schätzchen. Ich versteh’ das wirklich nicht!“
    Das konnte sie auch nicht. Man musste May Fisher näher kennen, um verstehen zu können, warum sie immer wieder auf Typen wie Glamour hereinfiel – Männer, die das Blaue vom Himmel herunterlogen, ein bisschen Spaß mit ihr hatten, und dann ganz einfach ohne eine Erklärung spurlos aus ihrem Leben verschwanden, während May noch dabei war, die Gravur der Verlobungsringe zu entwerfen.
    May Fisher folgte ohne ihr Wissen einem tief in ihr Unbewusstes eingebrannten Muster, das sie immer wieder zielsicher zu den gleichen Männern und zu der gleichen Erfahrung führte. Sie suchte in jedem Mann ihren Daddy, den sie abgöttisch geliebt und der die Familie ohne ein Wort des Abschieds verlassen hatte, als sie zwölf war.
    Peter Fisher war ein immer gut gelaunter, jovialer Lebenskünstler mit einem riesigen Freundeskreis gewesen, dem das Geld genauso schnell und leicht aus der Tasche floss, wie es hereinkam, und als er die Klagen seiner Frau über seinen leichtfüßigen Lebenswandel nicht mehr ertragen konnte, kehrten er und seine Kreditkarten eines Morgens ganz einfach nicht mehr von der täglichen Joggingrunde zurück.
    Mays Mutter zögerte nicht lange, bestellte einen Container, warf seine Kleider und persönlichen Gegenstände hinein und ließ alles zum örtlichen Sozialdienst bringen, wo sich die Mitarbeiter mit großen Augen daran machten, die erlesenen Designerstücke für die Bedürftigenkleiderstube zu sortieren. Noch Monate danach waren die Bänke in den öffentlichen Parks von Obdachlosen in Calvin-Klein-Anzügen, Seidenhemden, Kaschmirpullovern und Armanijeans bevölkert, was einige zu Woolworth verurteilte Bürger in falscher

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