Die Trüffelgöttinnen (German Edition)
astronomisch hohe Verkaufszahlen erreichen, da war er sich absolut sicher. Bisher hatten sich doch nur die wenigsten dicken Frauen getraut, ihre Männer zu verschrecken, indem sie ihre Fettwülste in Strapse, Stringtangas und gewagt ausgeschnittene BHs pressten. Seine Kollektion war in Größen erhältlich, die sogar einen Elefantenhintern mit Strapsen versorgen konnten, wenn ein Zirkusdirektor jemals auf diese skurrile Idee verfallen sollte.
Inzwischen hatte sich Mays Lipgloss weiter ausgedehnt, ihr Mund glich einer zart gefiederten Chrysanthemenblüte, aber Melanie wagte nicht, sie darauf aufmerksam zu machen.
„ Ich muss Sie jetzt leider wieder verlassen, ich werde bei Radio Scandal zu einem Interview erwartet.“
Glamour drückte sein Zigarillo in dem von May blitzschnell in Reichweite geschobenen Standaschenbecher aus und erhob sich.
May warf beim Aufstehen fast den kleinen Glastisch um, auf dem eine Flasche Whisky und das von Glamour benutzte Glas standen.
Melanie war bisher nur wenig zu Wort gekommen, weil ihr May jedes Mal, wenn sie den Mund öffnete, um eine Frage zu stellen oder etwas zu erwidern, ganz einfach zuvorgekommen war. Sie nahm es ihr nicht übel, ein Blinder konnte sehen, dass sie Glamour auf einen Wink seiner tadellos manikürten Hand willenlos bis in den siebten Kreis der Hölle gefolgt wäre.
Melanie würde einen Weg finden müssen, wie sie May möglichst diplomatisch auf die Offensichtlichkeit ihrer Gefühle für Glamour ansprechen konnte. Aus professioneller Sicht war es fatal, wenn Zuschauer das emotionale Verstricktsein eines Moderatoren live miterlebten. Außerdem beeinträchtigte es die Qualität der Beiträge erheblich, wenn der Moderator den neutralen Blick für die Sache verlor und stattdessen plötzlich nur noch die Person im Mittelpunkt seiner Beiträge stand.
Auch Melanie war von Glamour hingerissen, aber sie hatte sich zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn geschworen, niemals sexuellen Botenstoffen die Zügel zu überlassen, egal, wie fasziniert sie von einem männlichen Gast ihrer Sendung wäre. Während der Aufzeichnungen gelang es ihr immer hervorragend, die professionelle Distanz zu wahren, und zwar freundlich-interessiert, aber unter gar keinen Umständen emotional zu beteiligt zu wirken. Das war allerdings nicht nur eine Sache des Schwörens, sondern auch harten Trainings gewesen, und eine ihrer Strategien gegen sexuelle Fantasien über ihre Studiogäste bestand darin, sich lebhaft vorzustellen, dass ihr Gegenüber in der rechten Hosentasche eine Packung Viagra griffbereit hatte, weil er ohne diese chemische Hilfe keinen mehr hochkriegte. Wenn das nichts half, bediente sie sich des höchst ernüchternden Bildes, wie er unter den kritischen Blicken seiner Mutter in einer rot-weiß-karierten Küchenschürze den Boden aufwischte und dabei wie einstmals der Kinderstar Heintje die Schnulze „ Mama “ schmetterte.
Zu Anfang hatte sie den Fehler gemacht, sich zur emotionalen Abkühlung ganz einfach vorzustellen, dass der anbetungswürdige Mann auf dem Sessel neben ihr schwul sei, bis sie merkte, dass das eine Falle war. Es hatte in null Komma nichts den bei vielen Frauen vorhandenen Bekehrungsehrgeiz und die Überzeugung geweckt, diejenige zu sein, der dieser altruistische Liebesdienst gelingen würde, und die sexuellen Fantasien hatten sie stärker denn je überschwemmt.
Die Strategie, die sich am meisten bewährt hatte, nannte sie Brainsex , die Kombination einer östlichen Versenkungstechnik mit der ganz bewussten lebhaften Imagination aller nur denkbaren sexuellen Varianten im Zeitraffer – und zwar vor der Sendung.
Manchmal wurde das Ganze unterstützt durch den Einsatz von Mister Big , den sie bei einem Bummel mit ihrer besten Freundin durch die Frankfurter Erotikshops erstanden hatte und der sich immer in ihrer Handtasche befand. Der im Anschluss an diese Entspannungsübung in der Sendung harmlos lächelnd neben ihr sitzende Talkpartner hatte nicht die geringste Ahnung, dass er soeben eine heiße Orgie mit der Moderatorin erlebt hatte.
Der Aufbewahrungsort von Mister Big hatte zu einer peinlichen Situation am Kaffeetisch im Hause von Ducaty geführt, als Melanie die Tasche heruntergefallen und Mister Big unter die Gobelincouch gerollt war. Melanie hatte dabei zu ihrem Vergnügen entdeckt, dass dort unten durchaus nicht dieselbe peinliche Ordnung herrschte wie an besser einsehbaren Plätzen, und hatte sich vor aller Augen ausgiebig den Staub von den
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