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Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kulbach-Fricke
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gerissen. So dreht sich das Rad des Lebens. Wir Kölner Bürger aber mußten nun nicht mehr fürchten, unseren Kaiser als Belagerer vor unserer Stadt zu sehen, und atmeten auf.
    Ich war sehr erleichtert, daß die von mir erwogenen Maßnahmen zum Schutz meiner Familie nun nicht nötig waren.

    Übrigens hielt der Kaiser dem in die Knie gezwungenen Philipp auch mit väterlicher Strenge die häßliche Geschichte mit den Neußer Juden vor. Er hatte erfahren, daß Philipp das Verbrechen des geisteskranken Juden zu seiner Bereicherung benutzt hatte, und schöpfte mehr als diesen Gewinn wieder ab, indem er ihn zur Zahlung einer Buße von zweitausend Mark an den Kaiser und weiteren zweihundertsechzig Mark an dessen Hof verurteilte.
    Übrigens erfolgte diese Verurteilung nicht etwa wegen besonderer Grausamkeit oder dergleichen: Nein, die Buße war fällig, weil der Erzbischof die Rechte Barbarossas mißachtet hatte, denn die Juden standen unter kaiserlichem Schutz und hätten nur von diesem abgeurteilt werden dürfen.
    Und ausschließlich von ihm ausgeplündert werden dürfen, natürlich.
    Zum Zeichen seiner Ungnade, welche der »Kölner Pfaff« zu beschwichtigen hatte, ordnete Barbarossa auch an, daß eins der Kölner Stadttore bis zum Gewölbe abgetragen werden mußte. Der Graben, welcher die Mauern schützte, mußte an vier verschiedenen Stellen zugeschüttet werden, und zwar auf eine Strecke von jeweils vierhundert Fuß. Eine klare Demonstration der kaiserlichen Macht.
    Ob uns Bürgern das wieder angst machte? Ach, so sehr eigentlich nicht. Diese Äußerung staufischen Machtwillens galt nämlich nur für einen einzigen Tag - am folgenden Morgen durften die Gräben wieder freigeschaufelt, das Tor wieder eingesetzt werden. Die Zimmerleute hatten zu tun, und viele Tagelöhner verschafften sich mit der Schaufel einen sicheren Tagesverdienst. Das Geld, welches dafür aufzuwenden war, blieb in der Stadt.
    Übrigens haben die führenden Kölner Bürger die Gunst der Stunde genutzt und sich mehr und mehr an der Regierung der Stadt beteiligt. Zuerst ließ Philipp dies zu, um sich der Unterstützung der Bürger zu versichern, und nach
seiner Mainzer Demütigung war er zu schwach, um es zu verhindern. Wir hatten mit Dietrich von der Mühlengasse und mit Henrich Flacco zwei sehr durchsetzungsfreudige Männer als Bürgermeister, die beherzt zugriffen und die Machtverhältnisse in Köln zu ändern verstanden.
     
    Nachdem Kaiser Friedrich unseren Erzbischof solcherart zurechtgestutzt hatte, ging er den ihm weitaus wichtigeren Punkt des Mainzer Hoftages an. Im Oktober des Vorjahres hatte Sultan Saladin Jerusalem erobert! Barbarossa, inzwischen ein siebzigjähriger Greis, sah es als letzte große Aufgabe in seinem Lebenswerk an, sich auf eine Fahrt im Zeichen des Kreuzes zu begeben und das Heilige Grab erneut aus den Händen der Ungläubigen zu befreien. In einer ergreifenden Zeremonie nahm er gemeinsam mit seinem Sohn Friedrich das Kreuz, während der junge König Heinrich in seiner Abwesenheit das Reich verwalten sollte.
    Wie immer, plante er auch diesmal sein großes Unternehmen mit Bedacht und Gründlichkeit. Gesandtschaften wurden ausgeschickt: an Sultan Saladin mit der Aufforderung, sich aus dem Heiligen Land zurückzuziehen, die christlichen Gefangenen freizulassen und die erbeutete Lanze Christi wieder herauszugeben, andernfalls sage ihm die gesamte Christenheit Fehde an. Der Kaiser von Byzanz, der König von Ungarn sowie der Großzupan von Serbien wurden um freies Geleit für das Kreuzheer ersucht, ebenso der Herrscher des Seldschukenreiches.
     
    Ich verstand nicht ganz, warum der Kaiser den Landweg wählte, und ging zu Constantin, um es mir erklären zu lassen.
    »Ich verstehe nicht, warum Barbarossa diesen anstrengenden und beschwerlichen Marsch auf sich nimmt. Er ist doch inzwischen ein Greis von siebzig Jahren, eigentlich müßte
man ihn in ›Weißbart‹ umbenennen. Warum tut er sich das an? Die Könige von England und Frankreich nehmen doch auch den Seeweg, wie man hört.«
    Constantin nahm mich bei der Hand und führte mich in den mir so gut vertrauten Hof seines Hauses, wo seine kleinen Kinder spielten. Seine Frau Elizabeth wünschte sich eine große Familie und schenkte fast jedes Jahr einem Kind das Leben. Drei der Kinder waren in der Schule, aber Karl und Philipp ritten auf ihren Steckenpferden durch den Garten und aßen dabei die ersten heruntergefallenen Äpfel - alle wurmstichig, natürlich, und unreif dazu.

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