Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
zurückzulassen, denn dann würden alle unverheirateten Männer unserer Vaterstadt sich die Finger nach dir lecken.«
Da fiel ich ihm um den Hals und weinte.
Aber nicht alle dachten wie Constantin und mein Mann. Constantin Crop, der Sohn meiner Base Liveradis, nahm das Kreuz, ebenso mein Vetter Hermann Scherfgin, der beinahe so alt war wie Constantin und einen Haufen junger Kinder zu Hause hatte.
Gottschalk regte sich sehr auf, als er feststellte, daß auch sein Bruder Regenzo das Kreuz ergriffen hatte. Er eilte zu ihm und redete auf ihn ein, sein Vorhaben aufzugeben; aber Regenzo wehrte ab. Verstockt erklärte er, er habe sich nun entschieden, und dabei sollte es bleiben.
»Er will einfach nicht auf mich hören, Sophia! Warum will er nur auf diese gefährliche Fahrt gehen? Er ist von Natur aus doch gar nicht abenteuerlustig, er hat, soviel ich weiß, keine größere Sünde begangen, die er damit abbüßen will, und Angst vor dem Papst hat er vermutlich auch nicht«, schimpfte Gottschalk.
Ich sagte nichts. Angst vor dem Papst wohl nicht, aber vielleicht Angst vor seiner Ehefrau? Regenzo und Methildis Hastator waren nun fast ein Jahrzehnt verheiratet, und noch immer lag kein Kind in der Wiege. Methildis lamentierte oft darüber; und Regenzo hatte mir, als er wieder einmal etwas
zu tief ins Glas geschaut hatte, anvertraut, daß sie ihn ständig verfolgte und fast täglich - ja, man muß wohl sagen: in ihr Bett befahl.
»Ständig sagt sie zu mir: ›Mach mir endlich ein Kind!‹«, hatte Regenzo unglücklich in seinen Humpen gemurmelt. »Ich tue ja mein Bestes, aber jeden Tag? Das ist einfach zuviel. Und dann auch noch ohne Erfolg …«
Aber das erzählte ich Gottschalk nicht. Wie Constantin festgestellt hat, ich mag zwar neugierig sein, aber eine Klatschbase bin ich nie gewesen.
1189
A m Nachmittag ging ich über den Alter Markt. Der Schreiber der Schreinsbücher hatte seinen Stand aufgeschlagen, und davor standen meine Base Engilradis, die Tochter meines Vetters Constantin und Frau des Hildeger Hardefust, und ihr Halbbruder Theoderich. Ich hatte ihn seit dem Tod von Gertrudis nicht mehr häufig gesehen, weil er ständig auf Reisen war, und fand ihn gealtert. Vielleicht kam das aber auch von seinem ernsten Gesichtsausdruck. Engilradis redete heftig auf ihn ein. Ich blieb stehen und wollte wissen, um was es da ging.
»Stell dir vor, Sophia, Theoderich hat sich auch für den Kreuzzug einschreiben lassen. Ist das nicht furchtbar? Und jetzt will er uns auch noch sein Vermögen übertragen. Nein, das halte ich nicht aus …«
»Beruhige dich, Schwesterchen. Es ist ja nur für den Fall der Fälle, daß ich nicht heimkehren sollte.«
Ungeduldig mischte der Schreiber sich ein. »Was ist denn nun, soll ich jetzt einen Eintrag machen oder nicht?«
»Natürlich sollst du. Also schreibe: Ich, Theoderich,
gehe zum Heil meiner Seele auf eine Pilgerfahrt. Sollte ich nicht zurückkehren, so übertrage ich meinen ganzen Besitz, insbesondere das Haus bei den Tuchhändlern mit den anschließenden Lagerräumen, auf die Kinder meiner Schwester Engilradis und ihres Ehemannes Hildeger Hardefust. Dafür soll der Kirche St. Mauritius jährlich achtzehn Schilling gezahlt werden, diese Belastung kann mit zwanzig Mark abgelöst werden.«
Theoderich hielt kurz inne, während der Schreiber den gewünschten Text in die rechtmäßig vorgeschriebene Form brachte. Er wandte sich an Engilradis.
»Es hat keinen Zweck, daß ich unseren Bruder Heinrich an diesem Besitz beteilige«, sagte er gedrückt.
Heinrich war schon seit geraumer Zeit recht krank. Er hustete Blut, und selbst Engilradis’ liebevolle und sorgsame Pflege konnte ihn nicht heilen. Er konnte schon seit einem Jahr nicht mehr auf Handelsfahrt gehen und führte nur noch die Bücher. Ganz mager war er geworden, und seine Haut war grau. Früher war er fast jeden Abend bei seiner Halbschwester Engilradis erschienen und hatte mit ihren Kindern gespielt, die er sehr liebte, aber nun mied er ihr Haus, damit nicht eins der Kinder sich bei ihm anstecken könnte. Statt dessen saß er jetzt oft auf der Bank im Garten und schaute den spielenden Kätzchen zu, ganz wie Großvater früher.
»Aber falls ich es nicht mehr kann, mußt du für ihn sorgen. Darum nehmen wir noch folgenden Passus auf. Fahre fort, Schreiber! Meine Schwester und ihr Mann beziehungsweise deren Erben sollen meinem Bruder Heinrich sechs Mark jährlich zahlen, solange er lebt.«
Er hielt noch einmal inne und
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