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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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sie uns dann noch Blumen zwischen die Locken gesteckt hatte, klatschte sie selbst vor Freude in die Hände.
    »Ach, ihr lieben Mädchen, wie wunderschön seht ihr aus!«
    In Constantins Haus gab es einen Spiegel, er war darin nicht so streng wie mein Vater.
    Auf einen Wink meiner Mutter holte die Magd ihn aus Constantins Kammer. Seine Töchter hatten schon öfters angeregt, er möge den Spiegel doch in einem allgemein zugänglichen Raum aufhängen, aber Constantin behauptete, er brauche ihn zum Rasieren. Damals gab es noch nicht solche Spiegel wie heute, mit Glas ausgelegt, in denen man sich wunderbar betrachten kann. Hätten wir doch damals schon so ein Wunderding gehabt! Jetzt könnte ich einen haben, aber nun brauche ich ihn nicht mehr. Was soll ich mir meine Falten auch noch betrachten!
    Jedenfalls war Constantins Spiegel eine polierte Metallplatte. Mutter hielt ihn uns hin, und wir versuchten möglichst viel von uns darin zu erspähen, auch wenn wir uns dabei fast die Hälse verrenkten. Wir waren alle drei so voller Vorfreude und Übermut, daß wir unaufhörlich kichern
mußten. Engilradis’ und Drudas Wangen waren vor Aufregung gerötet, und die Augen blitzten, und so wird es dann wohl auch bei mir gewesen sein.

    Dann ging es in den Saal, wo die engste Familie bereits wartete. Großvater ließ es sich nicht nehmen, alle drei Bräute zärtlich zu umarmen. Mich hielt er am längsten fest, ich bin eben immer sein Liebling gewesen. Dann nahm Constantin Engilradis an die rechte und Druda an die linke Hand, Vater nahm meinen Arm, und so gingen wir hinaus auf die Straße, wo sich mittlerweile unsere Bräutigame, ihre Familien und alle anderen Hochzeitsgäste versammelt hatten. Ich kann gar nicht sagen, wie viele Menschen es waren, die enge Dwergasse war jedenfalls völlig verstopft bis in die benachbarten Straßen und Gassen hinein.
    Aber unter allen Leuten sah ich nur einen. Gottschalk überragte selbst den hochgewachsenen Hildeger Hardefust noch um eine Handbreit, er hatte seine wilden dunklen Lokken mit einem roten Seidenband gezähmt. Gerade sprach er mit Hildeger, aber als die Leute beim Anblick der Bräute in Beifall ausbrachen, schaute er herüber und sah mich an. Mein Herz begann wie rasend zu schlagen.
    Eckebrecht hatte eigentlich den Zug anführen wollen; aber Gerard Unmaze, Engilradis’ Großvater, protzig wie immer, hatte gleich eine ganze Schar von Musikanten und Schauspielern für die Hochzeit seiner Enkelin engagiert, und nun lief ein Akrobat auf den Händen vor der Hochzeitsgesellschaft her. Mein Großvater sah ein, daß er Gerard Unmaze nicht mehr zu einem besseren Geschmack erziehen konnte, wehrte sich aber entschieden dagegen, hinter dem Akrobaten herzugehen.
    »Am Ende erwarten die Leute noch, daß ich auch auf den Händen laufe, um sie zu belustigen, und so etwas verträgt sich nicht mit meiner Würde, und ich könnte es auch
meinem alten Rücken nicht mehr antun«, brummte er mir ins Ohr. Also eröffnete mein Vater mit mir den Brautzug, dahinter Constantin mit Tochter und Stieftochter, anschließend die Bräutigame in einer Reihe, dann Großvater mit meiner Mutter, Onkel Fordolf mit seiner Frau Engilradis, Gottschalks Eltern Regenzo und Godelive, dann die Hardefusts, und die übrigen Verwandten und Freunde reihten sich ein.

    Mutter hatte mir ein winziges Glöckchen an den Kleidersaum genäht, das bei jedem Schritt ganz leise klingelte. Ich höre es noch heute. Das ist merkwürdig, denn unser Hochzeitszug war nicht gerade leise, und viele Leuten riefen den jungen Paaren lauthals ihre Glückwünsche zu. Aber ich hörte nur das Glöckchen, das mit seinem zarten Klang mein Glück einläutete.

    Unsere Trauung fand in der Domkirche statt. Gerhard Unmaze hatte Wert darauf gelegt, daß seine Enkelin vom Erzbischof persönlich getraut wurde. Ich weiß nicht, ob er dies tatsächlich erreicht hätte, aber Erzbischof Philipp von Heinsberg war noch nicht aus Aachen zurückgekehrt, wo er Barbarossas Sohn, den vierjährigen Prinzen Heinrich, zum König gekrönt hatte. So mußten wir mit dem Dompropst vorliebnehmen. Ihm diente bei der heiligen Handlung Constantins Sohn Fordolf.
    Gottschalk und ich standen in der Mitte, eingerahmt von Constantins Töchtern mit Hildeger und Cunrad. Ich reichte Gottschalk gerade bis zur Schulter und mußte an Mathilde denken, die ihren Gemahl um fast einen Kopf überragt hatte. Vorsichtig blickte ich an meinem zukünftigen Eheherrn hoch; ein Lichtstrahl fiel durch ein Fenster

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