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Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Vielleicht hatte ihn Lady Dudley für heute beurlaubt. Was ich allerdings bezweifelte. Seit ich ihn kannte, war Master Shelton immer im Dienst gewesen.
    »Wer ist das?«, fragte ich, um ihn wenigstens der Form halber ins Gespräch zu ziehen. Gleichzeitig überlegte ich, wie ich den Ring abgeben konnte, der mir in der Tasche brannte.
    »Na, wer schon?«, knurrte er. »Bist du blind? Lord Guilford natürlich, wer denn sonst?«
    »Ich meine die Dame neben Lord Guilford.«
    Lange blieb er stumm. »Lady Jane Grey«, fauchte er schließlich, und mir war, als hörte ich einen schmerzlichen Unterton in seiner Stimme. »Die älteste Tochter Ihrer Gnaden, der Herzogin von Suffolk.«
    »Suffolk?«, wiederholte ich, und er fügte ungeduldig hinzu: »Ja, Jane Greys Mutter ist die Tochter der verstorbenen französischen Königin Mary, der jüngsten Schwester unseres Königs Henry selig.« Er trank noch einen Schluck Wein. »Nicht, dass dich das etwas anginge.«
    Dieses schmächtige Mädchen sollte das Luder sein, das Guilford gestern das Bier vergällt hatte? Das kam mir eigenartig vor, und ich war schon im Begriff, weiter nachzufragen, als eine andere Gestalt meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
    Elizabeths zweite Gefährtin hatte ihren Umhang irgendwo abgelegt und bewegte sich selbstsicher durch die Menge, in ein bernsteinfarbenes Samtkleid gewandet, das sich hübsch zu ihren umbrabraunen, von einem halbmondförmigen Diadem gehaltenen Locken ausnahm. Mit ihrer jugendfrischen Grazie und natürlichen Ausstrahlung fiel sie angenehm unter all den geschniegelten, angemalten Hofschranzen auf. Zuerst vermutete ich, dass sie sich mit einem Verehrer treffen wollte – ein Mädchen wie sie musste derer viele haben –, doch dann sah ich, dass sie den jungen Stutzern, die sie beäugten, eher auszuweichen schien, um sich der hohen Gesellschaft am Kamin zu nähern. Wahrscheinlich, sagte ich mir, wollte sie nur ihrer Herrin zur Seite eilen; aber Elizabeth wandte sich bei ihrem Herannahen einfach ab, als würde sie ihre eigene Gefährtin nicht wahrnehmen.
    Auch wenn ich noch nicht lange am Hof war, konnte ich erkennen, wann jemand schauspielerte. Für mich sah es so aus, als belauschte das Mädchen Personen von höherem Rang, und Elizabeth, ihre Herrin, wäre sich dessen durchaus bewusst. Als ob sie gespürt hätte, wie ich sie anstarrte, sah das Mädchen plötzlich auf und begegnete meinem Blick. In ihren Augen las ich Trotz, Arroganz – und eine unverblümte Herausforderung.
    Ich lächelte. Auch wenn man ihre Anziehungskraft einmal außer Acht ließ, bot sie mir die perfekte Lösung für mein Dilemma. Sie hatte mich mit Elizabeth sprechen sehen; sie musste erraten haben, dass ich mich bemühte, ihr eine geheime Botschaft zu übermitteln, die sie unter anderen Umständen eventuell gar nicht abgeneigt wäre zu akzeptieren. Gewiss würde eine so vertraute Dienerin die verborgenen Wünsche ihrer Herrin zu erfüllen suchen?
    Plötzlich durchfuhr mich der Impuls zu handeln, meinen Teil des Geschäfts endlich zu erledigen, mich dann zu entschuldigen und zu Bett zu gehen. Ob ich je den Weg zurück zu den Gemächern der Dudleys finden würde, blieb abzuwarten; aber zumindest würde ich mich mit gutem Gewissen zur Ruhe begeben können, wenn ich getan hatte, was mir befohlen worden war. Und nach einer Mütze Schlaf würde ich auch in besserer Verfassung sein, meine zukünftige Rolle bei den Machtspielen der Dudleys zu überdenken.
    Ich behielt das Mädchen im Auge, um den richtigen Moment für eine Annäherung nicht zu versäumen, und sah sie in einer Gruppe vorbeischlendernder Frauen verschwinden, nicht ohne mir über die Schulter ein Lächeln zuzuwerfen. Es war eine Einladung, die nur ein Narr ignoriert hätte.
    Master Shelton schmunzelte. »Ein hübsches Weibsbild. Warum nicht anschauen, was sie zu bieten hat?« Er stieß mich in den Rücken. »Na, lauf. Falls Lord Robert kommt und nach dir fragt, werde ich sagen, ich hätte dich weggeschickt, weil ein Junker ohne seinen Herrn im Thronsaal nichts zu suchen hat.«
    Ich war perplex. Täuschte ich mich, oder wollte er mich wirklich loswerden? Wie auch immer, das kam mir sehr recht. Mit einem erzwungenen Lächeln straffte ich die Schultern und schlenderte davon. Als ich mich umblickte, sah ich ihn schon wieder nach dem Weinkrug hinter sich greifen.
    Ich folgte dem Mädchen in sicherem Abstand und bewunderte ihr üppiges, wie ein Banner den Rücken hinabfallendes Haar. Ich war, was Frauen betraf, nicht

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