Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
sprang auf und deutete anklagend auf mich. »Prescott, du hast hier bei der besseren Gesellschaft nichts zu suchen!«
Da hatte ich mich schön in die Nesseln gesetzt. Ich hätte mich nie so nah heranwagen sollen. Nie hätte ich dem Mädchen folgen sollen. Ja, besser wäre ich gleich in Worcestershire geblieben.
»Prescott?« Jane Grey blickte verwirrt zu Guilford auf. »Ihr kennt diesen Burschen?«
»Ja, und er sollte jetzt eigentlich meinen Bruder Robert bedienen«, knurrte Guilford. »Ich hoffe, du hast eine gute Erklärung dafür, Prescott.«
Ich öffnete den Mund – und brachte keinen Ton heraus. Jane Grey starrte mich an. Ruckartig zog ich die Kappe vom Kopf und verbeugte mich. »Mylady, bitte vergebt mir, dass ich Euch gestört habe.«
Als ich durch den Haarschopf spähte, der mir über die Augen fiel, sah ich einen Anflug von Farbe auf ihren Wangen. »Ihr kommt mir bekannt vor«, sagte sie zögernd. »Haben wir uns schon einmal getroffen?«
»Ich glaube nicht, Mylady«, erwiderte ich sanft. »Daran würde ich mich gewiss erinnern.«
»Na, an deine Manieren kannst du dich anscheinend auch nicht erinnern«, nörgelte Guilford. »Geh und hol uns sofort was zu trinken, bevor ich dich auspeitschen lasse.«
Wie befürchtet, hatte seine Streitsucht die anderen hellhörig werden lassen. Elizabeth erhob sich von ihrem Sessel und zog sich zum Kamin zurück. Weit schwerer als ihr Missfallen wog allerdings das unaufhaltsame Nahen Lady Dudleys. Die Brust wurde mir eng. Ich hatte keine Entschuldigung vorzubringen, außer dem Vorwand, dass ich nach Robert suchte, was selbst mir unglaubwürdig erschien. Während ich mich bis zum Boden verneigte, fürchtete ich, das Ende all meiner Träume, in die Dienste der Dudleys aufzusteigen, sei gekommen.
»Stimmt etwas nicht, meine Liebe?«, wandte sich Lady Dudley an Jane. Auch ohne aufzublicken, konnte ich mir vorstellen, wie ihre kühlen grünblauen Augen in völliger Verachtung über mich hinwegglitten. »Ich hoffe doch, unser Diener hat Euch nicht behelligt. Er ist offenbar nicht fähig, den ihm angemessenen Platz einzunehmen.«
»Ganz recht«, feixte Guilford schadenfroh. »Mutter, sorgt bitte dafür, dass er uns nicht mehr stört.«
Ich lugte empor und sah Janes Augen zwischen Guilford und ihrer Schwiegermutter in spe hin- und herwandern. Sie kaute unschlüssig auf ihrer Unterlippe. Ich hatte das Gefühl, sie wolle nichts lieber als einfach verschwinden.
»Er, er …«
»Ja?« Huldvoll nickte Lady Dudley ihr zu. »Nur zu, meine Liebe.«
Jane sank in sich zusammen. Mit einem scheuen Blick in meine Richtung murmelte sie verlegen: »Ich dachte, ich kenne ihn. Ich habe mich geirrt. Verzeiht mir.«
»Es gibt nichts zu verzeihen. Eure Augen müssen vom vielen Lernen übermüdet sein. Ihr solltet versuchen, Euch weniger mit Büchern abzugeben. Das tut Euch nicht gut. Und nun entschuldigt mich für einen Moment.«
Fast hätte ich laut gejapst, als sich Lady Dudleys Finger wie Messer in meinen Arm gruben. Sie schob mich ein Stück weg. Immer noch mit demselben gefrorenen Lächeln fragte sie: »Wo bitte ist Robert?«
Mein Mund war plötzlich knochentrocken. »Ich dachte, Lord Robert sei vielleicht …«
Es war sinnlos. Ich vermochte kaum mit ihr zu sprechen, geschweige denn sie anzulügen. So war es immer schon gewesen. Ich hatte mich oft gefragt, warum sie mich aufgenommen hatte, wo sie mich doch offensichtlich nicht leiden konnte. Auf ein unrühmliches Ende meiner kurzen Hofkarriere gefasst, senkte ich den Kopf. Meinen Verstoß gegen die höfische Etikette würde man mir nie verzeihen. Ich konnte mich glücklich schätzen, wenn ich den Rest meiner Tage damit verbringen durfte, die Hundezwinger zu schrubben.
Bevor sie noch etwas hinzusetzen konnte, ertönte eine schrille Stimme aus der Sesselgruppe am Kamin. »Was geht da hinten vor sich?« Die beringte Hand, die den Gehstock umfasste, klopfte damit zweimal gebieterisch auf den Boden. »Ich will es augenblicklich wissen!«
Ich zuckte zurück. Lady Dudley stand reglos da. Dann verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem sonderbaren Lächeln. Sie winkte mich vor. »Nun denn, wie es scheint, möchten Ihre Gnaden von Suffolk dich kennenlernen.«
7
Mit einem Kloß im Hals folgte ich ihr. Während wir uns näherten, blickte Elizabeth mich vom Kamin aus an. In ihren kühlen bernsteingelben Augen zeigte sich kein Anflug von Wiedererkennen.
»Auf die Knie!«, zischte Lady Dudley mir ins Ohr. »Die Herzogin von Suffolk ist von
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