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Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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zuteil.«
    »Nun, seht Ihr, ich wartete auf den geeigneten Moment.« Der Herzog richtete sich auf und überragte sie um Haupteslänge. »Wie Ihr wisst, ist Seine Majestät seit Längerem unwohl.«
    »Ich weiß, und ich hoffe, Edward befindet sich auf dem Wege der Besserung.«
    »Allerdings, und er hat mehrmals nach Euch gefragt. Habt Ihr seine Briefe denn nicht erhalten?«
    »Doch, ja. Ich … ich bin erleichtert.« Ich sah, wie ihre Züge weicher wurden. Sie brachte es sogar fertig, kokett den Kopf zurückzuwerfen, während sie dem Herzog die Hand auf den Arm legte und ihm gestattete, sie in den Saal zu führen. Inmitten der Kerzenflammen und gleißenden Wandspiegel, der farbenprächtigen Samtroben und extravaganten Juwelen der Höflinge, die sich in bauschigen Stoffkaskaden vor der Prinzessin verneigten, ragte sie heraus wie Alabaster. Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter. Mir war, als sähe ich alles zum ersten Mal, diese schillernde Wildnis aus Täuschung und Verrat, bevölkert von wohlgenährten Raubtieren, welche die Prinzessin umkreisten wie Wölfe ihre Beute.
    Ich musste mich selbst zur Ordnung rufen; meine verstaubten Vorstellungen von Tugend und Anstand, die sich aus den Rittergeschichten meiner Kindheit speisten, waren hier fehl am Platz. So zerbrechlich sie auch wirken mochte – Elizabeth Tudor war kein hilfloses Rehlein. Sie hatte diese vergiftete Luft seit der Stunde ihrer Geburt eingesogen. Wenn irgendjemand sich darauf verstand, am Hof zu überleben, dann sie. Anstatt mir Sorgen um sie zu machen, kümmerte ich mich besser um meine eigenen Nöte. Ich musste immer noch den Ring abliefern, und Robert hatte ja unmissverständlich klargemacht, was mich erwartete, wenn ich versagte. Ich sah andere wie mich im Saal, livrierte Schatten, die ihren Herren Weinkelche und Servietten nachtrugen. Vielleicht konnte auch ich mich unsichtbar machen, bis ich eine Gelegenheit fand, mich der Prinzessin noch einmal zu nähern.
    Ich sah mich in der Menge um. Elizabeth driftete immer wieder in mein Blickfeld, blieb hier und da stehen, um jemanden zu grüßen oder anzulächeln. Als sie an dem riesigen Kamin ankam, um den herum auf Polstersesseln Personen von besonderem Rang saßen, erhoben sich alle, um sich vor ihr zu verneigen. Es war gewiss nicht einfach, überlegte ich mir, von solcher Ehrerbietung umgeben zu sein, zu wissen, dass man durch Rang und Geblüt stets eine erhabene Stellung einnehmen würde. Und plötzlich erkannte ich meine Chance.
    Neben einer Anrichte unweit der noblen Gesellschaft lungerte Master Shelton.

6
    Ich watete durch eine Flut von Höflingen und wich einem Ansturm von Dienern, die mit Tabletts beladen waren, aus, während ich auf eine Gruppe von Damen in mächtigen Gewändern zusteuerte, die mir den Weg versperrten.
    Abrupt riss mich jemand am Ärmel zu sich herum.
    »Was machst du hier?«, zischte Master Shelton.
    Aus seinem Mund schlug mir Weindunst entgegen, als er mich zur Anrichte zog. Er runzelte böse die Stirn, wie sonst nur, wenn die Haushaltsbilanz nicht stimmte oder wenn er einen der Forstaufseher des Herzogs beim Wildern erwischte.
    »Na, willst du nicht antworten?«, fuhr er mich an. »Wo ist Lord Robert?«
    Ich beschloss, so wenig preiszugeben wie möglich. »Seine Gnaden, der Herzog, hat ihn zum Tower geschickt, irgendetwas zu erledigen. Und mir hat er befohlen, auf ihn zu warten.« Während ich sprach, teilte sich vor meinen Augen zufällig die Menge, und ich erhaschte einen Blick auf die Prinzessin, die bei den Sesseln am Kamin stand.
    »Dann hättest du ihn begleiten sollen«, tadelte Shelton. »Ein Junker darf nie von der Seite seines Herrn weichen.«
    Elizabeth unterhielt sich mit einem schmächtigen Mädchen, das in einem jener monumentalen Sessel saß. Das Mädchen trug ein schlichtes Gewand, das dem von Elizabeth ähnelte, ebenso wie ihr kupferfarbenes Haar und ihr blasser Teint, nur dass ihrer von Sommersprossen durchsetzt war. In dem Sessel neben ihr fläzte sich mit gerötetem Gesicht kein anderer als Guilford Dudley.
    »Hör auf zu glotzen!«, herrschte Master Shelton mich an. Doch seine Miene war starr vor Anspannung, und auch er konnte den Blick nicht von Elizabeth wenden, die über irgendetwas lächelte, was das Mädchen gesagt hatte. Tastend, ohne hinzuschauen, griff er nach seinem Becher, und während er den Inhalt hinunterkippte, fiel mir ein, dass ich ihn im Dienst noch nie betrunken gesehen hatte. Aber vielleicht war er ja heute Abend nicht im Dienst.

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