Die Tuer im Schott
der Dienerschaft bisher nicht. Kurze Aussagen. Einige der Anwesenden mußte ich erst ausfindig machen. Mr. Burrows ist über Nacht im Herrenhaus geblieben, damit er uns heute zur Verfügung stehen kann. Aber der Herausforderer, dieser Mr. Patrick Gore, und sein Anwalt (ein gewisser Welkyn) sind nach Maidstone zurückgekehrt.« Er blickte sich zu Page um. »Ich nehme an, Sir, es flogen die Fetzen – oder sagen wir, es herrschte eine gewisse Anspannung, nachdem das Heft mit den Fingerabdrücken gestohlen worden war?«
Page bestätigte es mit einigem Nachdruck.
»Da erst recht«, erwiderte er. »Das Merkwürdige war, daß alle außer Molly sich mehr um den verschwundenen Beweis sorgten als darum, daß John Farnleigh ermordet worden war – wenn es Mord war.«
Ein Funken Interesse glomm in Dr. Fells Blick. »Wie war denn die Stimmung bei dieser Frage nach Mord oder Selbstmord?«
»Sehr zurückhaltend. Ich fand es seltsam, daß keiner sich festlegen wollte. Die einzige, die eindeutig sagte (brüllte, besser gesagt), es sei Mord gewesen, war Molly – Lady Farnleigh, meine ich. Ansonsten gingen die Anschuldigungen, daß falsch gespielt werde, kreuz und quer – auf eine Weise, an die sich heute hoffentlich keiner mehr erinnert. Ich selbst weiß auch nicht mehr alles, und da bin ich froh. Wahrscheinlich war es ja nur natürlich. Vorher waren wir alle so verbissen höflich zueinander gewesen, daß das Pendel nun ein wenig zu sehr in die andere Richtung ausschlug. Offenbar sind selbst Anwälte doch Menschen. Murray rief zur Ordnung, aber er wurde niedergeschrieen. Und dem Sergeant von der hiesigen Polizeiwache erging es nicht viel besser.«
»Ich mühe mich«, sagte Dr. Fell und schnitt dazu eine gräßliche Grimasse, »eine Bresche für die Frage zu schlagen, um die es eigentlich geht. Sie sagen, Inspektor, im Grunde zweifeln Sie nicht daran, daß es Mord war?«
Da war sich Elliot sicher.
»So ist es, Sir. Wir haben drei Schnitte quer über den Hals, und bisher hat sich nirgends eine Waffe gefunden, weder im Teich noch in der näheren Umgebung. Zugegeben«, fügte er vorsichtiger hinzu, »der Bericht des Arztes steht noch aus. Ich will nicht behaupten, daß es unmöglich wäre, daß jemand sich solche Wunden selbst beibringt. Aber wenn keine Waffe da ist, wäre die Sache doch eindeutig genug.«
Einen Moment lang hörten sie nur den Regen und den schweren Atem von Dr. Fell, der nicht überzeugt schien.
»Sie halten es nicht für möglich«, sagte der Doktor, »ich – ahemm – will das nur zu bedenken geben: Sie halten es nicht für möglich, daß er sich umbrachte und mit der letzten Zuckung die Waffe so weit von sich warf, daß Sie sie nicht gefunden haben? So etwas ist, glaube ich, schon vorgekommen.«
»Ganz unmöglich ist es nicht. Aber er kann sie nicht ganz aus dem Garten geschleudert haben, und wenn sie irgendwo dort ist, dann wird Sergeant Burton sie finden.« Elliot sah den Doktor fragend an. »Glauben Sie denn, daß es Selbstmord war, Sir?«
»Aber nein, nein«, erwiderte Dr. Fell mit Nachdruck, als schockiere ihn der Gedanke. »Doch selbst wenn ich davon ausgehe, daß es Mord ist, muß ich doch wissen, welche Frage sich uns jetzt überhaupt stellt.«
»Die Frage, wer Sir John Farnleigh umgebracht hat.«
»Gewiß. Aber Sie sehen immer noch nicht, in was für ein Dornendickicht wir da geraten. Ich sorge mich, weil der Täter gegen alle Spielregeln verstößt. Nichts stimmt, denn er hat sich den Falschen als Opfer ausgesucht. Wenn es doch nur Murray gewesen wäre! (Verstehen Sie mich nicht falsch – das ist rein akademisch gesprochen.) Teufel noch mal, das wäre vernünftig gewesen! Wäre es ein Mörder, wie man ihn erwarten konnte, dann hätte Murray das Opfer sein müssen. Daß Murray hier ist, schreit doch geradezu nach einer solchen Tat. Er kommt her mit dem Beweismaterial in der Tasche, mit dem sich die entscheidende Frage auf Anhieb beantworten läßt; ja, er könnte wahrscheinlich sogar ohne Beweismittel bestimmen, welcher von beiden Kandidaten der echte ist: Das ist doch der Mann, der in einem solchen Falle geradezu zwingend umgebracht werden muß. Trotzdem krümmt der Mörder ihm kein Haar, und die Frage nach der Identität der beiden Männer ist rätselhafter denn je, nun wo der eine tot ist. Stimmen Sie mir soweit zu?«
»Ja«, sagte Inspektor Elliot grimmig.
»Dann lassen Sie uns ein wenig mehr von dem Dickicht roden«, drängte Dr. Fell. »Ist es
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