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Die Tuer im Schott

Die Tuer im Schott

Titel: Die Tuer im Schott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickson Carr
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Gefühl, daß ihm Gore vage bekannt vorgekommen war.
    »An Murray«, sagte Page in das Schweigen hinein.
    »An Murray. Da haben Sie es auf den Punkt gebracht. Natürlich im Laufe der Zeit ein wenig uneindeutiger geworden, beeinflußt vom eigenen Charakter – aber doch immer noch deutlich und offensichtlich genug. An Murray, der in den entscheidenden Jahren seines Lebens fast der einzige war, der ihn prägte. Sehen Sie sich doch seine Körperhaltung an, hören Sie doch, wie er mit homerischem Atem seine Sätze baut. Die Ähnlichkeit ist nur oberflächlich, das gebe ich gerne zu; in ihrer Natur sind die beiden sich nicht ähnlicher, als ich meinen Kollegen Elliot oder Hadley ähnlich bin. Aber das Echo ist noch zu hören. Glauben Sie mir, die einzig wichtige unter den Fragen, die Murray gestern abend gestellt hat, war jene nach der Lektüre des Jungen, danach, welche Bücher der echte John Farnleigh mochte und welche nicht. Sehen Sie sich den Burschen an!« Er zeigte mit dem Finger auf Gore. »Haben Sie mir nicht erzählt, wie seine Augen leuchteten, als er vom   Grafen von Monte Cristo   sprach, von Stevenson? Und von den Büchern, die er damals nicht ausstehen konnte und bis heute verachtet? Kein Hochstapler würde es wagen, so vor jemandem zu sprechen, der die Vorlieben und Ansichten des Echten so gut kennen mußte. In so einem Fall haben Fakten nicht die geringste Bedeutung. Jeder kann Fakten büffeln. Entscheidend ist, wo sich das Innere des Jungen zeigt. Glauben Sie mir, Murray: Es wird Zeit, daß Sie Ihr Spiel aufgeben und Farbe bekennen. Ich kann ja verstehen, daß Sie gern den Meisterdetektiv spielen, aber inzwischen geht es zu weit.«
    Ein roter Streifen zeigte sich auf Murrays Stirn. Er sah ärgerlich aus, auch ein wenig verlegen. Doch sein Verstand fand etwas, woran er sich festhalten konnte.
    »Fakten bedeuten sehr wohl etwas«, sagte Murray.
    »Glauben Sie mir«, donnerte Dr.   Fell, »Fakte…« Er riß sich zusammen. »Ahemm. Nun gut. Vielleicht übertreibe ich. Ein wenig. Aber stimmt es, was ich sage?«
    »Er kannte das ›Rote Buch von Appin‹ nicht. Er hat mir aufgeschrieben, so etwas gebe es nicht.«
    »Weil es für ihn nur ein Manuskript war. Aber mir liegt nichts daran, mich für ihn einzusetzen. Ich möchte nur wissen, ob meine Analyse korrekt ist.«
    »Verdammt noch mal, Fell, Sie können einem aber auch wirklich den Spaß verderben«, klagte Murray, nun in etwas anderem Ton. Er sah Gore an. »Jawohl, das ist der echte Johnny Farnleigh. Hallo, Johnny.«
    »Hallo«, sagte Gore. Und zum erstenmal, seit Page ihn kennengelernt hatte, wirkte sein Gesicht nicht hart.
    Es herrschte Stille in dem Raum, doch eine, die sich zusehends verflüchtigte, als fände alles den Platz wieder, an den es gehörte, und ein verschwommenes Bild werde nach und nach scharf. Gore und Murray blickten beide zu Boden, doch auf eine unbestimmte, unbequeme Art schienen sie froh. Welkyns Stimme erhob sich in all ihrer Fülle und all ihrer Autorität.
    »Sie sind in der Lage, Beweise beizubringen, Sir?« fragte er geschäftsmäßig.
    »Und schon ist es mit meinem Urlaub vorbei«, sagte Murray. Er faßte in die Innentasche seiner Jacke, die sich vor Papieren beulte, und seine Miene wurde wieder ernst.
    »Jawohl, das bin ich. Hier haben wir das Heft mit dem originalen Fingerabdruck – mit Datum und einer Unterschrift des jungen John Newnham Farnleigh. Für den Fall, daß Sie die Echtheit des Heftes anzweifeln, habe ich Fotografien anfertigen lassen und auf der Polizeipräfektur in Hamilton hinterlegt. Zwei Briefe, die John Farnleigh mir im Jahr 1911 schrieb – vergleichen Sie die Unterschrift mit jener unter dem Abdruck. Ein aktueller Abdruck, gestern abend abgenommen, und meine Analyse ihrer Übereinstimmungen …«
    »Gut. Gut«, sagte Welkyn, »sehr gut.«
    Page blickte Burrows an, und er sah, wie bleich Burrows im Gesicht war. Page hatte sich nicht ausgemalt, welche Wirkung das Ende der langen Anspannung auf ihre Nerven haben würde.
    Doch nun sah er es, als er in die Runde blickte – zu der auch Molly Farnleigh getreten war.
    Sie war unbemerkt ins Zimmer gekommen, und Madeline Dane stand hinter ihr; sie mußte alles gehört haben. Die anderen erhoben sich in einem kuriosen Chor aus kratzenden Stühlen.
    »Es heißt, Sie sind ein ehrlicher Mann«, sagte sie zu Murray. »Sie sind also überzeugt?«
    Murray verneigte sich. »Madam, es tut mir leid.«
    »Er war ein Betrüger?«
    »Er war ein Betrüger, der niemanden

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