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Die Tuer im Schott

Die Tuer im Schott

Titel: Die Tuer im Schott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickson Carr
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werden Sie auch verstehen, wie wichtig es ist, Mr.   Whitehouse. Was mir besonders schwerfällt, das ist, hier in aller Öffentlichkeit zu erklären, wie es dazu kam, daß er es gerade mir anvertraute. Aber mit irgend jemandem mußte er ja sprechen. Er hatte Lady Farnleigh zu gern, um damit zu ihr zu kommen – das war ja gerade eine der Schwierigkeiten dabei –, und manchmal nagten die Zweifel so sehr an ihm, daß man es ihm sogar ansah; Sie werden sich erinnern, wie reizbar er manchmal war. Wahrscheinlich bin ich jemand, dem man leicht etwas anvertraut« – sie legte die Stirn halb ärgerlich, halb amüsiert in Falten –, »und so kam es eben.«
    »Und, Miss Dane, und? Was kam?«
    »Sie haben sich alles über die Begegnung von vorgestern abend erzählen lassen; das Treffen, bei dem es um den rechtmäßigen Erben und die Fingerabdrücke ging«, nahm Madeline den Faden auf, mit einer Heftigkeit des Tons, die wohl unbewußt war. »Ich war selbst nicht dabei, aber ein Freund, der dort war, hat mir in allen Einzelheiten davon berichtet. Er sagt, was ihn am meisten beeindruckt habe, sei die absolute Gewißheit beider Bewerber gewesen, bis hin zu dem Punkt, an dem die Fingerabdrücke genommen wurden, und auch danach noch. Er sagt, das einzige Mal, daß der arme John – bitte um Verzeihung: daß Sir John – lächelte oder erleichtert wirkte, sei gewesen, als der Herausforderer von den gräßlichen Vorgängen auf der   Titanic   sprach, von dem Seemannshammer, mit dem er niedergeschlagen worden sei.«
    »Und weiter?«
    »Vor Monaten hat Sir John mir folgendes anvertraut. Nach dem Untergang der   Titanic   wachte er in einem New Yorker Hospital wieder auf. Aber der Junge wußte nicht, daß er in New York war oder daß er auf der   Titanic   gewesen war. Er wußte nicht, wo er war, wie er dorthin gekommen war, ja nicht einmal,   wer   er war. Beim Untergang des Schiffes hatte er, ob Unfall oder Absicht, einige Schläge auf den Kopf erhalten, und von den Schlägen hatte er das Gedächtnis verloren – Amnesie, wie die Ärzte sagten. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Voll und ganz, Miss Dane. Fahren Sie fort.«
    »Man sagte ihm, seine Kleider und Papiere hätten ihn als John Farnleigh identifiziert. Ein Mann stand am Krankenbett, der ihm erklärte, er sei der Cousin seiner Mutter – ach, das ist alles umständlich, aber ich glaube, Sie können mir folgen –, und der Mann sagte, er solle schlafen und wieder gesund werden.
    Aber Sie wissen ja, wie Jungs in solchem Alter sind. Er fürchtete sich und machte sich die schrecklichsten Sorgen. Er wußte nichts über sich. Und das schlimmste war, daß er, wie solche Jungs es eben tun, niemandem davon erzählte, denn er hatte Angst, daß er verrückt sei oder sonst etwas mit ihm nicht stimmte; er hatte Angst, daß sie ihn ins Gefängnis stecken würden.
    So fühlte er sich damals. Er hatte ja keinen Grund zu glauben, daß er   nicht   John Farnleigh war. Er hatte keinen Grund zu glauben, daß sie ihm nicht bei allem, was sie ihm über ihn erzählten, die Wahrheit sagten. Ein paar wirre Erinnerungen waren gekommen, an das Durcheinander, die Rufe, Wind und Kälte; aber mehr wußte er nicht. Und deshalb sagte er darüber zu keinem Menschen ein Wort. Gegenüber seinem Vetter – einem Mr.   Renwick aus Colorado – tat er, als erinnere er sich an alles. Mr.   Renwick kam nie dahinter, daß er ihm etwas vormachte.
    Er bewahrte sein kleines Geheimnis jahrelang. Immer wieder las er in seinem Tagebuch, weil er hoffte, das werde die Erinnerung zurückbringen. Manchmal, erzählte er mir, habe er stundenlang dagesessen, die Hände an den Kopf gepreßt, und sich konzentriert. Manchmal hatte er das Gefühl, die vage Erinnerung an ein Gesicht oder ein Ereignis komme zurück, wie etwas, das man unter Wasser sieht. Aber schon bald schien es ihm dann doch wieder, als ob er sich etwas vormache. Das einzige, was dabei je an die Oberfläche kam, und auch das eher ein Wort als ein Bild, hatte etwas mit einer Tür zu tun: mit einer krummen Türangel.«
    Unter dem Wellblechdach saßen die Zuschauer wie Wachsfiguren. Kein Blatt Papier raschelte. Niemand flüsterte. Page spürte, wie sein Kragen feucht wurde, und sein Herz tickte wie eine Uhr. Diffuses Sonnenlicht kam durch das Fenster, und Madeline hatte die Augen ein wenig zusammengekniffen.
    »Einer Türangel, Miss Dane?«
    »Ja. Ich weiß nicht, was er damit meinte. Und er selbst wußte es auch nicht.«
    »Weiter, bitte.«
    »In den

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