Die Türme der Mitternacht
deine Dienerin den Alarm auslöste?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich befand mich tief im Traum und kämpfte gegen Mesaana. Burgwächter hätten den Alarm hören sollen«, erklärte Egwene. »Man hat sie alle tot aufgefunden. Anscheinend gingen die Attentäter davon aus, dass ich angelaufen komme. Sie hatten einen ihrer Leute im Empfangsraum versteckt, um mich zu töten, nachdem ich die anderen beiden gefangen nahm.« Sie verzog das Gesicht. »Es hätte funktionieren können. Ich rechnete mit der Schwarzen Ajah, vielleicht auch mit einem Grauen Mann.«
»Ich schickte eine Warnung.«
»Auch der Bote wurde tot aufgefunden.« Sie musterte ihn. »Du hast heute Nacht das Richtige getan, aber ich mache mir trotzdem Sorgen.«
»Wir werden das klären«, erwiderte Gawyn. »Ich sorge für deinen Schutz, und in allem anderen gehorche ich dir. Ich verspreche es.«
Egwene zögerte, dann nickte sie. »Nun, ich muss gehen und mit dem Saal sprechen. Mittlerweile werden sie kurz davor stehen, meine Tür aufzubrechen und Antworten zu verlangen.« Er wusste, dass sie innerlich eine Grimasse zog.
»Es könnte helfen, wenn du andeutest, dass meine Rückkehr immer ein Teil des Plans gewesen ist«, sagte er.
»Das war sie«, erwiderte sie. »Auch wenn ich nicht mit dieser Verzögerung gerechnet habe.« Sie hielt inne. » Als mir klar wurde, wie Silviana meinen Wunsch, dass du zurückkehrst, ausgedrückt hat, da machte ich mir Sorgen, dass du nie wieder zurückkehrst.«
»Das wäre um ein Haar auch so passiert.«
» Was hat den Ausschlag gegeben?«
»Ich musste lernen, wie man nachgibt. Darin war ich noch nie besonders gut.«
Egwene nickte verständnisvoll. »Ich gebe den Befehl, dass man in diesem Zimmer ein Bett aufstellt. Ich hatte immer geplant, dass sich mein Behüter hier aufhält.«
Gawyn lächelte. In einem anderen Zimmer schlafen? Tief in ihrem Inneren gab es da noch immer Überreste der ehrbaren Wirtstochter. Egwene errötete, als sie seine Gedanken mitbekam.
»Warum heiraten wir nicht?«, sagte Gawyn. »Auf der Stelle, heute. Beim Licht, Egwene, du bist die Amyrlin - in Tar Valon ist dein Wort so gut wie das Gesetz. Sag die nötigen Worte, und wir sind verheiratet.«
Sie wurde blass; seltsam, dass sie diese Vorstellung aus dem Gleichgewicht bringen sollte. Gawyn verspürte ein plötzliches Unbehagen. Sie behauptete, ihn zu lieben. Wollte sie ihn nicht…
Aber nein, er konnte ihre Gefühle fühlen. Sie liebte ihn. Aber warum dann?
Egwene klang entsetzt, als sie sprach. »Glaubst du im Ernst, ich könnte jemals noch meinen Eltern gegenübertreten, wenn ich ohne ihr Wissen heirate? Beim Licht, Gawyn, wir müssen sie wenigstens einladen! Und was ist mit Elayne? Du würdest heiraten, ohne es ihr zu sagen?«
Er lächelte. »Du hast natürlich recht. Ich setze mich mit ihnen in Verbindung.«
»Ich kann doch…«
»Egwene, du bist der Amyrlin-Sitz. Die Last der Welt selbst ruht auf deinen Schultern. Lass mich die nötigen Vorbereitungen treffen.«
»Also gut«, sagte sie. Sie verließ das Zimmer, wo Silviana bereits auf sie wartete - und ihm einen finsteren Blick zuwarf. Egwene befahl ein paar Dienern, für ihn ein Bett zu bringen, dann gingen sie und ihre Behüterin der Chroniken, gefolgt von zwei von Chubains Soldaten.
Gawyn hätte sie gern begleitet. Möglicherweise trieben sich hier immer noch Attentäter herum. Leider hatte sie recht, ihn schlafen zu schicken. Auf den Beinen zu bleiben kostete ihn eine große Anstrengung. Er schwankte etwas, dann fiel sein Blick auf eine Reihe von mit Laken bedeckten Gestalten draußen. Man würde sie erst wegbringen, nachdem die Schwestern einen Blick auf sie werfen konnten. Das Aufspüren von Mesaana und die Suche nach weiteren Attentätern hatte Vorrang gehabt.
Mit zusammengebissenen Zähnen zwang er sich, zu ihnen zu gehen und die Laken zurückzuziehen. Er enthüllte Celarks und Mazones leblose Gesichter - Celarks Kopf lag unglücklicherweise neben seinem Körper, war er doch enthauptet worden.
»Das habt Ihr gut gemacht, Männer«, sagte er. »Ich sorge dafür, dass Eure Familien wissen, dass Ihr das Leben der Amyrlin gerettet habt.« So gute Männer zu verlieren machte ihn wütend.
Soll man diese Seanchaner doch zu Asche verbrennen, dachte er. Egwene hat recht, was sie angeht. Etwas muss geschehen.
Er blickte zur Seite, wo die drei Attentäter ebenfalls unter Laken lagen - schwarze Schuhe ragten unten hervor. Zwei Frauen und ein Mann.
Ich frage mich …, dachte er
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