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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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etwa einen Fuß dick. Aviendha schloss die Augen und versuchte ihre Funktion zu lesen.
    Sie spürte die mächtige Aura der Säule. Sie war weitaus kraftvoller als jedes der Ter’angreale, die sie mit Elayne untersucht hatte. Tatsächlich erschienen die Säulen irgendwie … lebendig. Es war beinahe so, als könnte sie ein darin enthaltenes Bewusstsein spüren.
    Sie fröstelte. Berührte sie die Säule oder die Säule sie?
    Sie versuchte das Ter’angreal zu lesen wie sonst auch, aber das hier war gewaltig. Unverständlich wie die Eine Macht selbst. Von dem schieren Gewicht des Gefühlten überwältigt, holte sie zischend Luft. Es war, als wäre sie plötzlich in eine tiefe finstere Grube gefallen.
    Sie riss die Augen auf und zog die zitternde Hand zurück. Dem war sie nicht gewachsen. Sie war nur ein Insekt, das die Größe und Masse eines Berges begreifen wollte. Sie nahm noch einen beruhigenden Atemzug, dann schüttelte sie den Kopf. Hier gab es nichts mehr für sie zu tun.
    Sie wandte sich von der Glassäule ab und machte einen Schritt.
     
    Sie war Malidra, achtzehn Jahre alt aber dürr genug, um wesentlich jünger zu erscheinen. Sie kroch in der Dunkelheit. Vorsichtig. Lautlos. Es war gefährlich, sich so nahe an die Lichtmacher heranzuwagen. Der Hunger trieb sie an. Das tat er immer.
    Die Nacht war kalt, die Landschaft unfruchtbar. Malidra hatte Geschichten über einen Ort jenseits der fernen Berge gehört, wo das Land grün war und überall Nahrung wuchs. Sie glaubte diese Lügen nicht. Die Berge waren bloß Linien am Himmel, zerklüftete Zähne. Wer konnte schon etwas so Hohes erklimmen?
    Vielleicht die Lichtmacher. Für gewöhnlich kamen sie aus dieser Richtung. Ihr Lager lag voraus und glühte in der Dunkelheit. Das Glühen war zu gleichmäßig, um ein Feuer sein zu können. Es kam aus den Kugeln, die sie mit sich trugen. Geduckt schob sie sich näher, mit dreckigen Händen und nackten Füßen. Ein paar Männer und Frauen des Volkes waren bei ihr. Schmutzige Gesichter, strähnige Haare. Struppige Barte bei den Männern.
    Nicht zueinander passende Kleidung. Zerlumpte Hosen, Kleidungsstücke, die möglicherweise einst Hemden gewesen waren. Alles, um während des Tages die Sonne abzuhalten, denn die Sonne konnte töten. Und das tat sie auch. Malidra war die letzte von vier Schwestern, zwei waren durch Sonne und Hunger umgekommen, eine durch einen Schlangenbiss.
    Aber Malidra überlebte. Sie überlebte begierig. Am besten folgte man dazu den Lichtmachern. Das war gefährlich, aber sie registrierte Gefahren kaum noch. Das passierte eben, wenn buchstäblich alles andere einen töten konnte.
    Malidra schob sich an einem Gebüsch vorbei und beobachtete die Wächter der Lichtmacher. Zwei Wachtposten mit ihren langen, stabähnlichen Waffen. Malidra hatte einmal eine bei einem Toten gefunden, hatte aber nichts damit anfangen können. Die Lichtmacher benutzten Magie, die gleiche Magie, mit der sie ihr Essen und ihr Licht erschufen. Magie, die sie in der bitteren Kälte der Nacht wärmte.
    Die beiden Männer trugen seltsame Kleidung. Hosen, die viel zu gut passten, Mäntel voller Taschen und funkelnder Metallstücke. Beide trugen Hüte, allerdings hatte der eine ihn vom Kopf geschoben und ließ ihn an einem dünnen Lederriemen um den Hals baumeln. Die Männer plauderten. Sie hatten keine Barte, so wie es beim Volk üblich war. Ihr Haar war dunkler.
    Eine Frau vom Volk kam zu nahe, und Malidra zischte sie an. Die Frau warf ihr einen finsteren Blick zu, verzog sich aber dann. Malidra verharrte am Rand des Lichtscheins. Die Lichtmacher würden sie nicht sehen. Ihre seltsamen Glühkugeln zerstörten ihre Nachtsicht.
    Malidra musterte ihren gewaltigen Wagen. Es gab keine Pferde. Nur den Wagen, der groß genug war, um ein Dutzend Menschen aufzunehmen. Er bewegte sich auf magische Weise durch das Tageslicht und rollte auf Rädern, die so breit waren wie Malidra hoch. Sie hatte in der bruchstückhaften seltenen Kommunikation des Volkes gehört, dass die Lichtmacher im Osten eine gewaltige Straße erschufen. Sie würde direkt durch die Wüste führen. Man baute sie, indem man seltsame Metallstücke aneinanderlegte. Sie waren zu groß, um sie aus dem Boden zu graben, allerdings hatte Jorshem ihr einen großen Nagel gezeigt, den er gefunden hatte. Er benutzte ihn dazu, Fleisch vom Knochen zu schaben.
    Es war schon eine Weile her, dass sie vernünftig gegessen hatte - nicht seit sie vor zwei Jahren diesen Kaufmann im Schlaf hatte

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