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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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überlassen.
    Ihre Zuversicht wuchs. Cairhien war eine verletzte Stadt. Die verbrannten und zerstörten Überreste von Vortor außerhalb. Aus dem Boden waren Pflastersteine gerissen worden, um sie von den Mauern zu schleudern. Die Stadt hatte sich nie richtig vom Aiel-Krieg erholt, und die nie fertig gestellten Abgedeckten Türme - vom Entwurf her symmetrisch, vom Erscheinungsbild her aber schrecklich verloren aussehend - verkündeten diese Tatsache auf eine pathetische Weise.
    Das verdammte Spiel der Häuser war fast schon eine Geißel. Konnte sie daran etwas ändern? Die Menschen um sie herum klangen hoffnungsfroh, als wüssten sie, zu was für einem komplizierten Problem ihre Nation geworden war. Man konnte eher einem Aiel den Speer wegnehmen als einem Cairhiener seine Gerissenheit, aber vielleicht konnte sie ihnen eine größere Loyalität zu Land und Thron beibringen. Solange sie einen Thron hatten, der diese Loyalität auch wert war.
    Der Sonnenpalast stand genau in der Mitte der Stadt. Wie der Rest war auch er quadratisch, aber hier vermittelte die Architektur ein Gefühl imposanter Stärke. Trotz des zerstörten Flügels, in dem das Attentat auf Rand stattgefunden hatte, war es ein beeindruckendes Gebäude.
    Hier warteten weitere Adlige, standen auf verhüllten Stufen oder vor verzierten Kutschen. Frauen in steifen Gewändern mit breiten Reifen, die Männer in schicken Mänteln mit dunklen Farben, Mützen auf dem Kopf. Viele sahen skeptisch aus, einige auch erstaunt.
    Elayne warf Birgitte ein zufriedenes Lächeln zu. »Es funktioniert. Keiner hat damit gerechnet, dass ich von einem cairhienischen Heer zum Palast eskortiert werde.«
    Birgitte erwiderte nichts. Sie war noch immer nervös - und würde das vermutlich auch bis zu Elaynes Rückkehr nach Caemlyn bleiben.
    Am Fuß der Treppe standen zwei Frauen, die eine hübsch mit Glöckchen im Haar, die andere mit Locken und einem Gesicht, das so gar nicht nach Aes Sedai aussah, obwohl sie es schon seit Jahren war. Das war Sashalle Anderly und die andere Frau - die mit dem alterslosen Gesicht - war Samitsu Tamagowa. Soweit Elaynes Quellen in Erfahrung bringen konnten, kamen die beiden dem noch am nächsten, was die Stadt in Rands Abwesenheit als »Herrscher« hatte. Sie hatte mit beiden korrespondiert und bei Sashalle ein erstaunliches Verständnis der cairhienischen Denkungsart entdeckt. Sie hatte Elayne die Stadt angeboten, dabei aber angedeutet, dass ihr durchaus klar war, dass es zwei sehr verschiedene Dinge waren, sie angeboten zu bekommen und sie sich zu nehmen.
    Sashalle trat vor. »Euer Majestät«, sagte sie förmlich, »man soll allgemein bekannt machen, dass der Lord Drache Euch sämtliche Rechte und Ansprüche auf dieses Land gibt. Sämtliche formelle Kontrolle, die er über dieses Land hatte, geht auf Euch über, und die Position des Statthalters über die Nation wird aufgelöst. Mögt Ihr in Weisheit und Frieden herrschen.«
    Elayne nickte ihr majestätisch vom Pferd aus zu, innerlich kochte sie aber vor Wut. Sie hatte behauptet, dass sie nichts an Rands Hilfe bei der Eroberung dieses Throns auszusetzen hatte, aber es gefiel ihr nicht im Mindesten, dass man es ihr unter die Nase rieb. Trotzdem, Sashalle schien ihre Position ernst zu nehmen, obwohl sie sie größtenteils selbst erschaffen hatte, wie Elayne entdeckt hatte.
    Elayne und ihre Begleiter stiegen ab. Hatte Rand gedacht, dass es so einfach sein würde, ihr den Thron zu geben? Er war lange genug in Cairhien gewesen, um zu wissen, wie sie ihre Intrigen schmiedeten. Eine Aes Sedai, die eine Proklamation machte, hätte da niemals ausgereicht. Aber von mächtigen Adligen unterstützt zu werden, sollte da eigentlich reichen.
    Ihre Prozession stieg die Stufen hinauf. Sie traten ein, und jeder, der Elayne unterstützte, brachte eine kleine Ehrenwache aus fünfzig Mann mit. Elayne nahm ihre ganze Truppe mit; das machte alles etwas beengt, aber sie hatte nicht die Absicht, jemanden zurückzulassen.
    Die Korridore verliefen gerade, hatten spitz zulaufende Decken und goldene Simse. Auf jeder Tür loderte das Symbol der Aufgehenden Sonne. Es gab zahllose Alkoven, in denen man Reichtümer zur Schau stellte, aber viele davon waren leer. Die Aiel hatten ihr Fünftel aus dem Palast genommen.
    Als sie den Eingang zur Großen Halle der Sonne erreichten, stellte sich Elaynes andoranische Garde an den Korridorwänden auf. Elayne holte tief Luft, dann betrat sie zusammen mit zehn Leuten den Thronsaal. An den

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