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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Seiten erhoben sich blau geäderte Marmorsäulen bis zur Decke, und der Sonnenthron stand im hinteren Teil der Halle auf seinem blauen Marmorpodest.
    Der Stuhl bestand aus vergoldetem Holz, war aber überraschend schlicht gehalten. Vielleicht war das der Grund gewesen, aus dem Laman sich entschieden hatte, sich einen neuen Thron zu konstruieren, mit Avendoraldera als Baumaterial. Elayne ging zum Podest, dann drehte sie sich um, während der cairhienische Adel eintrat, ihre Anhänger zuerst, dann der Rest, angeordnet nach den komplizierten Anforderungen von Daes Dae’mar. Diese Ränge konnten sich jeden Tag ändern, wenn nicht sogar stündlich.
    Birgitte musterte jeden, der eintrat, aber die Cairhiener waren ein Muster an Anstand. Keiner von ihnen zeigte auch nur annähernd etwas, das an Elloriens Unverschämtheit in Andor herankam. Sie war eine Patriotin, auch wenn sie frustrierenderweise weiterhin alles ablehnte, was Elayne tat. In Cairhien machte man so etwas einfach nicht.
    Sobald Ruhe eingetreten war, holte Elayne tief Luft. Sie hatte sich überlegt, eine Rede zu halten, aber ihre Mutter hatte ihr beigebracht, dass entschiedene Taten manchmal besser waren als die beste Rede. Elayne machte Anstalten, sich auf den Thron zu setzen.
    Birgitte ergriff ihren Arm.
    Elayne sah sie fragend an, aber die Behüterin musterte den Thron. »Warte einen Moment«, sagte sie und bückte sich.
    Die Adligen fingen an zu murmeln, und Lorstrum trat zu Elayne. »Euer Majestät?«
    »Birgitte, ist das wirklich nötig?«, sagte Elayne errötend.
    Birgitte ignorierte sie und drückte gegen das Polster auf der Sitzfläche des Throns. Beim Licht! War die Behüterin entschlossen, sie in jeder nur denkbaren Situation in Verlegenheit zu bringen? Sicherlich …
    »Aha!«, sagte Birgitte und riss etwas aus dem Polster.
    Elayne zuckte zusammen und trat einen Schritt näher heran, begleitet von Lorstrum und Bertome. Birgitte hielt eine kleine Nadel mit schwarz verfärbter Spitze in die Höhe. »Im Polster versteckt.«
    Elayne erbleichte.
    »Das war der einzige Ort, von dem sie wussten, dass du dort sein würdest, Elayne«, sagte Birgitte leise. Sie ging auf die Knie und suchte nach weiteren Fallen.
    Lostrum war knallrot geworden. »Ich werde denjenigen finden, der das gemacht hat, Euer Majestät«, sagte er mit leiser Stimme. Einer gefährlichen Stimme. »Sie werden meinen Zorn kennenlernen.«
    »Nicht, wenn sie zuerst meinen kennenlernen«, sagte Bertome und musterte die Nadel.
    »Offensichtlich ein Attentatsversuch für den Lord Drachen, Euer Majestät«, sagte Lorstrum lauter, für die Zuschauer bestimmt. »Niemand würde den Versuch wagen, Euch zu töten, unsere geliebte Schwester aus Andor.«
    »Das ist gut zu wissen«, sagte Elayne. Ihr Gesichtsausdruck verkündete jedem im Raum, dass sie bei dieser Täuschung mitmachen würde, mit der er das Gesicht wahren wollte. Als ihr treuester Gefolgsmann fiel die Schande eines Attentatversuchs auf ihn zurück.
    Sich dazu bereiterklären, ihn das Gesicht wahren zu lassen, würde ihn viel kosten. Er senkte zum Einverständnis kurz den Blick. Beim Licht, wie sie dieses Spiel doch hasste. Aber sie würde es spielen. Und sie würde es gut spielen.
    »Ist er sicher?«, fragte sie Birgitte.
    Die Behüterin runzelte die Stirn. »Das kann man nur auf eine Weise herausfinden«, erwiderte sie und warf sich mit unangebrachter Gewalt auf den Thron.
    Nicht wenige der versammelten Adligen keuchten auf, und Lorstrum wurde noch blasser.
    »Nicht gerade bequem«, sagte Birgitte, wälzte sich auf die eine Seite, um sich dann gegen die Lehne zu drücken. »Ich hätte eigentlich erwartet, dass der Thron eines Monarchen besser gepolstert ist, bei deinem empfindlichen Hintern.«
    »Birgitte!«, zischte Elayne und fühlte, wie ihr Gesicht wieder rot wurde. »Du kannst doch nicht auf dem Sonnenthron sitzen!«
    »Ich bin deine Leibwächterin«, erwiderte Birgitte. »Ich kann dein Essen probieren, wenn ich das will. Ich kann neben dir durch Türen gehen, und ich kann verdammt noch mal auf deinem Stuhl sitzen, wenn ich der Ansicht bin, dich damit zu beschützen.« Sie grinste. »Außerdem wollte ich immer schon wissen, wie sich so ein Thron anfühlt«, fügte sie mit leiser Stimme hinzu. Sie stand auf, noch immer misstrauisch, aber auch zufrieden.
    Elayne drehte sich um und wandte sich dem Adel von Cairhien zu. »Ihr habt lange genug darauf gewartet«, sagte sie. »Einige von Euch sind damit nicht zufrieden, aber vergesst

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