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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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glauben, dass es das nicht war.«
    Das hast du gut gemacht, dummer Welpe, wiederholte Springer. Vielleicht kannst du ja doch etwas lernen.
    »Nur, wenn ich weiter übe. Wir müssen das wiederholen. Kannst du noch einen finden?«
    Ja. In der Nähe deine Art gibt es immer Albträume. Immer. Aber der Wolf wandte sich wieder nach Norden. Perrin hatte angenommen, dass ihn diese Träume zuvor abgelenkt hatten, aber anscheinend war das nicht der Fall gewesen.
    »Was ist dort oben? Warum schaust du immer wieder dahin?«
    Sie kommt.
    »Was?«
    Die Letzte Jagd. Sie beginnt. Oder nicht.
    Perrin stand stirnrunzelnd auf. »Du meinst… jetzt in diesem Augenblick?«
    Die Entscheidung wird fallen. Bald.
    »Welche Entscheidung?« Springers Bilder waren verwirrend, und er vermochte sie nicht zu entschlüsseln. Licht und Dunkelheit, Leere und Feuer, und eine schreckliche, unerträgliche Hitze. Vermischt mit heulenden Wölfen, die riefen und Kraft verliehen.
    Komm. Springer stand auf, nach Nordosten schauend.
    Der Wolf verschwand. Perrin versetzte sich ihm hinterher und erschien irgendwo auf den unteren Hängen des Drachenbergs neben einem Felsvorsprung.
    »Beim Licht«, sagte Perrin leise und schaute ehrfürchtig in die Höhe. Der sich seit Monaten zusammenbrauende Sturm hatte seinen Höhepunkt erreicht. Eine gewaltige schwarze Gewitterwolke dominierte den Himmel und verhüllte die Bergspitze. Langsam drehte sie sich, ein riesiger Strudel der Finsternis, der Lichtblitze verschoss, die sich mit den darunterliegenden Wolken verbanden. In anderen Teilen des Wolfstraums waren die Wolken zwar stürmisch, aber immer fern gewesen. Das hier fühlte sich unmittelbar an.
    Das hier war … der Mittelpunkt von etwas. Perrin fühlte es genau. Der Wolfstraum spiegelte oft Dinge aus der realen Welt auf seltsame und unerwartete Weise wider.
    Springer stand auf dem Felsvorsprung. Überall auf den Hängen des Drachenbergs fühlte Perrin Wölfe. Eine noch größere Zahl von ihnen, als er zuvor wahrgenommen hatte.
    Sie warten, sagte Springer. Die Letzte Jagd kommt.
    Als sich Perrin dafür öffnete, entdeckte er, dass weitere Rudel kamen; noch befanden sie sich in der Ferne, bewegten sich aber auf den Drachenberg zu. Perrin schaute zu dem monströsen Gipfel hinauf. Das Grabmal von Lews Therin, dem Drachen. Ein Monument seines Wahnsinns, sowohl seines Scheiterns wie auch seines Erfolgs. Seines Stolzes und seines Opfers.
    »Die Wölfe«, sagte Perrin. »Sie sammeln sich für die Letzte Jagd?«
    Ja. Wenn sie stattfindet.
    Perrin wandte sich wieder dem Wolf zu. »Du hast gesagt, das würde sie. ›Die Letzte Jagd kommt‹, hast du gesagt.«
    Es muss eine Entscheidung fallen, Junger Bulle. Ein Weg führt zur Letzten Jagd.
    »Und der andere?«
    Springer antwortete nicht sofort. Er schaute zum Drachenberg. Der andere Wegführt nicht zur Letzten Jagd. »Ja, aber wohin führt er dann?«
    Ins Nichts.
    Perrin öffnete den Mund, um den Wolf zu einer klareren Antwort zu drängen, aber dann traf ihn die Bedeutung von Springers Botschaft. Für den Wolf bedeutete »das Nichts« ein leerstehender Bau, aus dem Fallensteller sämtliche Welpen entfernt hatten. Ein Nachthimmel ohne Sterne. Ein verblassender Mond. Der Geruch von altem Blut, das trocken abblätterte.
    Perrin schloss den Mund. Am Himmel wogte noch immer der schwarze Sturm. Er konnte ihn im Wind riechen, der Geruch von zerbrochenen Bäumen und Erde, von überfluteten Feldern und von Blitzen ausgelösten Feuersbrünsten. Wie so oft und vor allem in letzter Zeit erschienen diese Gerüche als Kontrast zu der Welt um ihn herum. Einer seiner Sinne verriet ihm, dass er genau im Zentrum einer Katastrophe stand, die die anderen einfach nicht wahrnahmen.
    »Diese Entscheidung. Warum treffen wir sie nicht einfach?«
    Es ist nicht unsere Entscheidung, Junger Bulle.
    Perrin fühlte sich von den Wolken angezogen. Unwillkürlich stieg er den Hang hinauf. Springer folgte ihm. Dort oben ist es gefährlich, Junger Bulle.
    »Ich weiß.« Aber Perrin konnte einfach nicht stehen bleiben. Stattdessen beschleunigte er seine Schritte noch. Springer rannte neben ihm her und passierte Bäume, Felsen, Gruppen zusehender Wölfe. Perrin und Springer kamen immer höher, stiegen weiter, bis die Bäume aufhörten und der Boden kalt durch Frost und Eis war.
    Schließlich näherten sie sich der Wolke selbst. Wie ein finsterer Nebel erschien sie, wirbelte herum und erzitterte durch die in ihr tobenden Strömungen. An ihrem Rand zögerte Perrin

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