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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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vorn.
    Ein Geräusch ertönte hinter ihm. Langsam drehte er sich um und sah sich etwas Gewaltigem gegenüber. Ein Schatten, der das Mondlicht verschlang. Das Ding schien jeden Atemzug aufzusaugen, schien sein Leben und seine Willenskraft zu absorbieren.
    Das Ding ragte noch weiter in die Höhe. Es war größer als die Bäume, ein schwerfälliges Ungeheuer mit Armen so dick wie Fässer, dessen Antlitz und Körper sich im Schatten verloren. Es öffnete dunkelrote Augen, zwei gewaltigen Scheiten gleich, die aufflammten.
    Ich muss es bekämpfen!, dachte Perrin, und der Hammer erschien in seiner Hand. Er machte einen Schritt nach vorn, dann überlegte er es sich noch einmal. Beim Licht! Das Ding war gewaltig. Er konnte nicht dagegen kämpfen, nicht so. Er brauchte Deckung.
    Er drehte sich um und rannte durch den feindseligen Wald. Das Ding folgte ihm. Er hörte, wie es Zweige brach und seine Schritte den Erdboden erbeben ließen. Ein Stück voraus entdeckte er die Frau; ihr dünnes weißes Gewand verlangsamte ihre Flucht, als es sich an einem Ast verfing. Sie riss es frei und lief weiter.
    Die Kreatur ragte hinter ihm auf. Sie würde ihn erwischen, ihn verschlingen, vernichten! Er rief nach der Frau, griff nach ihr. Sie warf einen Blick über die Schulter und stolperte.
    Perrin fluchte. Er eilte an ihre Seite, um ihr aufzuhelfen. Aber das Ding war so nah!
    Also hieß es kämpfen. Sein Herz trommelte so schnell, wie eine Heidelerche gegen einen Baum pickte. Mit schweißnassen Händen drehte er sich um und hielt den Hammer fester, um sich dem schrecklichen Wesen hinter ihm zu stellen. Er trat zwischen die Kreatur und die Frau.
    Das Ungeheuer bäumte sich auf, wurde noch größer, und die roten Augen loderten grell! Beim Licht! Er konnte unmöglich dieses Ding bekämpfen, oder doch? Irgendeinen Vorteil, er brauchte einen Vorteil. »Was ist das?«, fragte er die Frau verzweifelt. »Warum verfolgt es uns?«
    »Er ist es«, zischte sie. »Der Wiedergeborene Drache.«
    Perrin erstarrte. Der Wiedergeborene Drache. Aber … aber das war doch Rand. Es ist ein Albtraum, rief er sich in Erinnerung. Nichts davon ist real. Ich darf mich nicht darin verfangen lassen.
    Der Boden erbebte, als stöhnte er. Er konnte die Hitze aus den Augen des Ungeheuers spüren. Hinter ihm ertönte ein Rascheln, als die Frau weiterlief und ihn zurückließ.
    Perrin stand mit zitternden Beinen da, und jeder Instinkt drängte ihn zur Flucht. Aber nein. Er konnte auch nicht dagegen kämpfen. Dieses Ding konnte er einfach nicht als real akzeptieren.
    Ein Wolf heulte und sprang auf die Lichtung. Springer schien die Dunkelheit wegzuschieben. Die Kreatur bückte sich zu Perrin und breitete eine gewaltige Hand aus, als wollte sie ihn zerquetschten.
    Das war eine Gasse.
    In Caemlyn.
    Es war nicht real.
    Das war es nicht.
    Um ihn herum verblich die Dunkelheit. Die gewaltige finstere Schattenkreatur verformte sich in der Luft, wie ein Stück Stoff, das man dehnte. Der Mond verschwand. Zu ihren Füßen erschien ein kleines Stück Boden - die dreckige, festgetretene Erde einer Gasse.
    Dann war der Traum blitzartig verschwunden. Perrin stand wieder in der Gasse, Springer an seiner Seite, und es gab kein Zeichen mehr von dem Wald oder der schrecklichen Kreatur, die irgendwer für den Wiedergeborenen Drachen hielt.
    Perrin atmete langsam aus. Schweiß tropfte von seiner Stirn. Er wollte ihn abwischen, aber dann ließ er ihn einfach mit einem bewussten Gedanken verschwinden.
    Springer verschwand, und Perrin folgte ihm auf dasselbe Dach wie zuvor. Er setzte sich. Allein der Gedanke an diesen Schatten ließ ihn frösteln. »Es war so real«, sagte er. »Ein Teil von mir wusste, dass das nur ein Albtraum ist. Aber ich konnte nicht anders handeln, als zu versuchen dagegen zu kämpfen oder zu fliehen. Als ich keines davon tat, wurde es stärker, oder nicht? Weil ich es als real akzeptierte?«
    Ja. Du darfst nicht glauben, was du siehst. Perrin nickte. »Da war eine Frau. Gehörte sie zum Traum? War auch sie nicht real?« Ja.
    »Vielleicht war sie ja die Träumerin«, meinte Perrin. »Die diesen Albtraum hatte, sich darin verfing und hier in der Welt der Träume gefangen war.«
    Menschen, die träumen, bleiben nicht lange hier, sagte Springer. Für ihn war das das Ende der Diskussion. Du warst stark, Junger Bulle. Das hast du gut gemacht. Er roch stolz.
    »Es half, als sie das Ding den Wiedergeborenen Drachen nannte. Das zeigte, dass es nicht real war. Half mir, daran zu

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