Die Türme der Mitternacht
lächelte. »Der nächste Korridor.«
Sie sprangen und wiederholten ihre Strategie, fluteten den Gang mit Licht. Es war niemand da, also gingen sie weiter. Die nächsten beiden Korridore waren leer. Egwene wollte gehen, als eine Stimme zischte: »Dummes Kind! Euer Muster ist offensichtlich.«
Egwene fuhr herum. »Wo …«
Sie verstummte, als sie Bair entdeckte. Die alte Weise Frau hatte ihre Kleidung und sogar ihre Haut verändert, um sich den weißen Wänden und Bodenfliesen anzupassen. Praktisch unsichtbar kauerte sie in einem Alkoven.
»Ihr solltet nicht…«, setzte Bair an.
Die gegenüberliegende Wand explodierte und schleuderte Steinbrocken durch die Luft. Auf der anderen Seite standen sechs Frauen, und sie schlugen mit Geweben aus Feuer zu.
Anscheinend war die Zeit des Anpirschens vorbei.
Perrin erklomm die Mauer um das Gelände der Weißen Burg und landete schwer. Die Merkwürdigkeiten des Wolfstraums hörten nicht auf; jetzt roch er nicht nur seltsame Gerüche, sondern hörte auch seltsame Laute. Ein Grollen aus dem Inneren des Turms.
Er jagte hinter dem Schlächter her, der das Gelände überquerte und dann die Turmwand selbst hinauflief. Perrin folgte ihm und rannte die Luft hoch. Der Schlächter behielt seinen Vorsprung bei, die Tasche mit dem Ter’angreal an den Gürtel geschnallt.
Perrin erschuf einen Langbogen. Er spannte die Sehne, blieb ruckartig auf der Seite des Turms stehen. Er schoss, aber der Wolfstöter tat einen Satz und fiel dann durch ein Fenster in den Turm. Der Pfeil flog über seinen Kopf hinweg.
Mit einem Satz erreichte Perrin das Fenster und duckte sich hinein. Springer folgte ihm wie ein Schemen in der Luft. Sie betraten ein Schlafzimmer, das mit blauem Brokat verziert war. Die Tür knallte zu, und Perrin stürmte hinter dem Schlächter her. Er machte sich nicht die Mühe, die Tür zu öffnen; er zertrümmerte sie mit seinem Hammer.
Der Schlächter rannte den Korridor entlang.
Folge ihm, wies Perrin den Wolf an. Ich schneide ihm den Weg ab.
Springer hetzte hinter dem Schlächter her. Perrin rannte nach rechts, dann in den nächsten Korridor hinein. Die Wände rasten an ihm vorbei.
Er passierte einen Gang, der voller Menschen zu sein schien. Er war so überrascht, dass er stehen blieb und ein Ruck durch den Korridor zu gehen schien.
Es waren Aes Sedai, und sie kämpften. Alles war hell erleuchtet, Feuerbälle flogen von einem Ende zum anderen. Also hatte er zuvor gar keine Phantomgeräusche gehört. Und, dachte er, ja…
» Egwene?«, fragte er.
Sie drückte sich in der Nähe gegen die Wand und starrte konzentriert den Gang entlang. Als er sprach, kreiselte sie auf dem Absatz herum und riss die Hände hoch. Etwas Unsichtbares packte nach ihm. Aber sein Geist reagierte sofort und stieß die Luft von sich.
Egwene starrte ihn überrascht an, als sie ihn nicht packen konnte.
Er trat vor. »Egwene, du solltest nicht hier sein. Dieser Ort ist gefährlich.«
»Pern’n?«
»Ich weiß nicht, wie du hergefunden hast«, sagte er. »Aber du musst jetzt gehen. Bitte.«
»Wie hast du mich aufhalten können?«, verlangte sie zu wissen. »Was tust du überhaupt hier? Warst du mit Rand zusammen? Sag mir, wo er ist.«
Sie sprach mit solcher Autorität. Sie erschien ihm beinahe wie eine völlig andere Person, die Jahrzehnte älter als das Mädchen war, das er gekannt hatte. Er wollte antworten, aber sie schnitt ihm das Wort ab.
»Ich habe dafür jetzt keine Zeit«, sagte sie. »Es tut mir leid, Perrin. Ich komme zurück zu dir.« Sie hob die Hand, und er fühlte, wie sich die Realität um ihn herum veränderte. Seile erschienen aus dem Nichts und fesselten ihn.
Amüsiert schaute er an sich herab. Die Seile rutschten in dem Augenblick herunter, in dem er sie als zu lose betrachtete.
Egwene blinzelte und sah ungläubig zu, wie sie zu Boden fielen. »Wie…«
Jemand stürmte aus einem Zimmer in der Nähe, eine hochgewachsene Frau mit schlankem Hals und schwarzen Haaren, die ein eng anliegendes weißes Kleid trug. Sie hob lächelnd die Hände, und ein Licht erschien vor ihr.
Perrin musste nicht wissen, was sie da tat. Er war ein Wolf; er war der Herrscher dieses Ortes. Gewebe waren bedeutungslos. Er stellte sich vor, dass der Angriff der Frau ihn verfehlte; er wusste, dass es so passieren würde.
Ein greller Lichtstreifen löste sich von der Frau. Perrin hob eine Hand vor sich und Egwene. Das Licht verschwand, als hätte es seine Hand aufgehalten.
Egwene drehte sich um, und
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