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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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einen Trick an, den Nynaeve ihr beigebracht hatte - in Gedanken stellte sie sich eine völlig debile Evanellein vor, unfähig zu denken, unfähig zu reagieren.
    Ein glasiger Blick trat in die Augen der Frau, ihr Mund schloss sich nicht mehr. Gedanken waren schneller als Gewebe. Egwene zögerte. Und nun? Sie töten, während sie sich nicht verteidigen konnte? Bei der Vorstellung drehte sich ihr der Magen um. Ich könnte sie gefangen nehmen. Und dann …
    Jemand erschien im Zimmer. Sie trug Schwarz, ein prächtiges Gewand mit Silberbesatz. Dunkelheit aus wirbelnden Stoffstreifen umwehte sie, bauschte den Rock auf. Der Effekt war unnatürlich und eindrucksvoll, allein hier in Tel’aran’rhiod möglich.
    Egwene sah der Frau in die Augen. Groß und blau, in einem knochigen Gesicht mit kinnlangem schwarzen Haar. Da funkelte Macht in diesen Augen, und Egwene wusste sofort, was ihr dort gegenüberstand. Warum kämpfen? Sie konnte unmöglich …
    Egwene fühlte, wie sich ihre Einstellung veränderte, wie sie zu akzeptieren begann. Panik durchzuckte sie, und in einem Augenblick der Klarheit schickte sie sich weg.
    Sie erschien in ihrem Gemach, hielt sich den Kopf und setzte sich auf ihr Bett. Beim Licht, diese Frau war wirklich stark gewesen.
    Hinter ihr ertönte ein Laut; jemand erschien im Zimmer. Egwene sprang auf die Füße und bereitete Gewebe vor. Dort stand Nynaeve, die Augen vor Wut weit aufgerissen. Sie stieß die Hände nach vorn, und Gewebe bildeten sich, aber dann erstarrte sie.
    »In den Garten«, sagte Egwene, die ihren Gemächern nicht vertraute. Sie hätte nicht herkommen dürfen; Mesaana würde diesen Ort kennen.
    Nynaeve nickte, und Egwene verschwand und erschien im unteren Burggarten. Über ihr erstreckte sich die seltsame violette Kuppel. Was war das, und wie hatte Mesaana es bloß hergebracht? Nynaeve erschien einen Augenblick später.
    »Sie sind noch immer dort oben«, flüsterte sie. »Ich habe gerade Alviarin gesehen.«
    »Ich bin Mesaana begegnet«, sagte Egwene. »Sie hat mich beinahe überwältigt.«
    »Beim Licht! Bist du wohlauf?«
    Egwene nickte. »Mestra ist tot. Ich habe auch Evanellein gesehen.«
    »Dort oben ist es so finster wie in einer Gruft«, flüsterte Nynaeve. »Ich glaube, dafür haben sie gesorgt. Siuan und Leane geht es gut; sie sind zusammengeblieben, ich habe sie vor kurzem gesehen. Kurz davor konnte ich Notori mit einem Feuerstoß treffen. Sie ist tot.«
    »Gut. Die Schwarze Ajah stahl neunzehn Ter’angreale. Das könnte uns einen Anhaltspunkt geben, mit wie vielen Schwarzen Ajah wir es zu tun haben.« Sie, Siuan, Nynaeve, Leane und die Weisen Frauen waren in der Unterzahl - aber die Schwarzen Ajah schienen mit Tel’aran’rhiod keine große Erfahrung zu haben.
    »Hast du die Weisen Frauen gesehen?«
    »Sie sind dort oben.« Nynaeve verzog das Gesicht. »Sie scheinen das zu genießen.«
    »Das sieht ihnen ähnlich«, erwiderte Egwene. »Ich will, dass wir beide zusammenbleiben. Wir versetzen uns in die Korridorkreuzungen, Rücken an Rücken, und halten nach Lichtern oder Leuten Ausschau. Wenn du eine Schwarze siehst, schlag zu. Wenn jemand dich entdeckt, sagst du ›Geh‹, und wir springen wieder her.«
    Nynaeve nickte.
    »Die erste Kreuzung ist direkt vor meinen Gemächern«, sagte Egwene. »Der Korridor auf der Südseite. Ich flute ihn mit Licht; du hältst dich bereit. Von dort springen wir einen Korridor nach unten, neben die Tür zur Rampe der Diener. Dann weiter nach unten.«
    Nynaeve nickte knapp.
    Um Egwene verblasste die Welt. Sie erschien in einem Korridor und stellte ihn sich sofort hell erleuchtet vor, zwang ihm ihren Willen auf. Licht überflutete den Ort. An der Wand kauerte eine Frau mit rundem Gesicht, die Weiß trug. Sedore, eine der Schwarzen Schwestern.
    Sedore fuhr mit wutverzerrter Miene herum, während sich Gewebe um sie herum bildeten. Egwene arbeitete schneller und erschuf eine Feuersäule, bevor Sedore die ihre auslösen konnte. Egwene verzichtete auf Gewebe. Da war nur das Feuer.
    Die Schwarze riss die Augen auf, als die Flammen brüllend über ihr zusammenschlugen. Sedore kreischte auf, aber das verstummte sofort, als die Hitze sie verschlang. Ihre verbrannte Leiche brach qualmend auf dem Boden zusammen.
    Egwene stieß einen erleichterten Seufzer aus. »Jemand auf deiner Seite?«
    »Nein«, sagte Nynaeve. »Wen hast du getroffen?«
    »Sedore.«
    »Wirklich?«, sagte Nynaeve und drehte sich um. Sie war eine Sitzende der Gelben gewesen.
    Egwene

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