Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman
Bild des Turmwächters an, der hinter mir stand und mich anblickte … er kam mir bekannter vor.
»Wie alt werde ich wohl sein?«, dachte ich laut. »18?«
Ich gab ihm den Spiegel zurück.
»O nein«, meinte er, »14, glaube ich.«
Das schien mir nicht ganz zu stimmen; aber ich konnte mich nicht noch mal betrachten, weil er den Spiegel schon wieder in die Kiste gelegt hatte.
»Einigen wir uns auf 16«, sagte er, »die goldene Mitte. Auf jeden Fall bist du jung.« Er seufzte. »Vielleicht ist man so jung oder so alt, wie man sich fühlt.«
Ich würde jetzt gerne den Spiegel noch mal haben. Irgendetwas ist mit ihm, was ich – 3)
3) abgebrochener Satz
Ich höre Stimmen; die Matrosen haben den Turm besichtigt und kommen gerade heraus. Jetzt gehe auch ich dorthin.
Später (immer noch 31. Februar)
Ich hörte Herrn Avla und die Matrosen zurückkommen und ging nach draußen, obwohl ich es eigentlich nicht sollte. Sie befanden sich auf dem Weg zum Tor; aber als sie mich sahen, blieben sie stehen und schauten zu mir herüber. Auch ich blickte zu ihnen hin. Es waren ganz normale Matrosen – das nehme ich jedenfalls an: Sie machten den Eindruck, als fänden sie sich selbst nicht ungewöhnlich. Was sie von mir hielten, weiß ich nicht; sie starrten mich regelrecht an (nur einer der Männer machte eine Ausnahme; er schaute dauernd zu den Türmen hinüber – manchmal mit beiden Augen, manchmal mit einem zugekniffenen Auge). Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas sagen müsse: »Wie klein wir doch im Vergleich zu den Türmen sind, nicht wahr?«
Sie machten ernste Gesichter und nickten. Herr Avla sagte: »Das ist Tim, mein Neffe.« Wieder nickten die Matrosen. Mir verschlug es die Sprache. Tim?, überlegte ich. Heiße ich denn Tim? Oder hat er sich das nur so ausgedacht?
Herr Avla redete weiter, laut und hastig: »Sie müssen jetzt gehen, sonst verpassen Sie Ihr Schiff.«
Schiff.
»Liegt Ihr Schiff in dieser Richtung?«, fragte ich und zeigte zu den Dünen hinüber. »Ich meine, draußen auf See?«
Einer der Matrosen lachte. »Ja, natürlich. Jedes Schiff liegt auf See.«
»Woher kommen Sie?«
»Daher, wo wir auch wieder hinfahren.« Der Seemann lachte erneut, sogar seine Augen lachten mit. Er war groß und ziemlich dick. (Hätte ich ihn kennen müssen?) »Wir fahren nach Atlantis«, sagte er, »und zwar über Engelland. Möchtest du vielleicht mitkommen?«
Ich trat einen Schritt zurück. In Gedanken sah ich plötzlich meine Fußabdrücke auf dem Strand und das Schiff, das draußen auf der bleiernen See wartete. »Nein«, flüsterte ich. »Sie kommen mir bekannt vor«, log ich. »Sind wir uns vielleicht schon mal begegnet?«
Wieder lachte der große Matrose, aber diesmal lachten seine Augen nicht mit. Herr Avla schien entweder böse zu sein oder erschrocken (ich weiß es nicht).
»Nein, mein Lieber«, sagte der Seemann, »ich kenne dich nicht und du kennst mich auch nicht. Einen Kerl wie mich kann man doch unmöglich vergessen!«
»Ich hab ja nur Spaß gemacht«, stotterte ich. »Ich dachte, dass …«
»Sag, würdest du jetzt endlich mal nach unserer Suppe sehen?«, sagte Herr Avla streng. »Sonst brennt sie noch an.«
Ich lief zur Hütte zurück; als ich mich noch einmal kurz umblickte, sah ich, dass die Matrosen weggingen.
Schiff, Strand, Fußabdrücke, Schuhe, See, Engelland, Atlantis. Alle diese Worte kamen mir bekannt vor. Wenn es mir nur gelänge, sie alle in einem einzigen Satz miteinander zu verbinden, sie richtig hintereinander zu schalten – in einem Satz, der für mich von Bedeutung wäre!
Ich spreche darüber mit Herrn Avla, der sich mir gegenüber an den Tisch gesetzt hat. Er wühlt sein Haar durcheinander und scheint immer noch ein bisschen böse zu sein.
»Tu mir bitte den Gefallen und sprich nicht noch mal mit fremden Leuten!«
Quatsch – hier ist schließlich alles und jeder fremd, auch Sie, Herr A.!
»Warum haben Sie mich vorhin Tim genannt?«, fragte ich.
»Ich musste doch irgendetwas sagen. Ich muss dich ja auch anreden können und deshalb habe ich mir einen Namen ausgedacht.«
»Ich heiße also in Wirklichkeit gar nicht so?«
»Wir wissen doch nicht, wie du heißt! Tim ist einfach ein Behelfsname. Du kannst dir genauso gut einen anderen aussuchen.«
»Ach was, sagen Sie zu mir, was Sie wollen.«
»Tim«, sagte Herr Avla. »Oder fällt dir etwas Besseres ein?« Er trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. »Möchtest du vielleicht lieber Tom heißen?«
»Nein, Tim ist schon in
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