Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman
nur ein ausgedachter Name und besteht eigentlich gar nicht. Ich hätte mit ihnen fahren sollen, auf ihrem Schiff, aber jetzt ist es zu spät. Keiner ward mehr gesehn …
Herr Avla fragte mich irgendetwas; ich hatte keine Lust, ihm zuzuhören, aber ich wollte auch nicht, dass er meine Gedanken erriet. So blickte ich also nach unten und sah, wie die Wand des Turmes schräg unter mir davonlief; ich wurde ganz schwindelig. Da rieb ich mir die Augen und schaute wieder in die Ferne, aber nicht zum Schiff hinüber. Plötzlich entdeckte ich, rechts von mir, eine Stadt . Ich sah Häuser, eine Menge heller, niedriger Häuser zwischen lauter Grün. Und einen weiteren Turm, dicht an der See, einen ganz andersartigen als die Türme des Februar: sehr schlank und mit einem Licht in der oberen Spitze. Herr Avla hat mir erzählt, dass es ein Leuchtturm ist, der den Schiffen den Weg weist; aber ich will nun nichts mehr von Schiffen schreiben.
Vielleicht stamme ich aus dieser Stadt; es war mir ja sofort klar, dass es sich um eine Stadt handelt. Dort muss ich also auch einmal hin.
Noch ein letztes Mal habe ich zur See hinübergeschaut; das Schiff war nun zu einem kleinen Punkt geworden.
Anschließend gingen wir wieder hinunter, eine Etage nach der anderen. Und ich dachte bei mir, wie leer und tot doch dieser Turm ist – und dann versuchte ich mir vorzustellen, wie es sein würde, wenn hier Menschen wohnen würden. Der Turm als eine Art Stadt … Wie lebhaft ginge es dann zu auf den Galerien!
Man muss sich nur einmal vorstellen, dass man auf der zwölften Etage wohnen würde und plötzlich Lust auf einen kleinen Spaziergang hätte; oder man hätte unten etwas liegen lassen: marsch, alle Treppen hinunter und danach wieder hinauf … Da kommt mir ein anderer Gedanke: Die Zelle im Schacht – wäre das nicht ein geeignetes Hilfsmittel zum Auf- und Abwärtsfahren? Andererseits: Würde sich überhaupt jemand da hineintrauen?
Der Turmwächter hat mich gefragt, ob ich noch in irgendeinen Raum möchte, aber ich hatte keine Lust mehr dazu. Die leeren, leblosen Zimmer reizten mich nicht – Zimmer, in denen noch nie ein Mensch geschlafen oder gelacht hatte.
Als wir dann wieder draußen standen, dachte ich, was ich auch jetzt wieder denke, wenn ich einen Blick durch das Fenster der Hütte werfe: Türme, Treppen, Tempel. Sind diese Türme vielleicht Tempel? Tempel, der Gefahr geweiht und den Blitzen, unterteilt in leere Kästchen – wie auch das leere Gefühl in meinem Kopf.
Abends
Herr A. möchte, dass ich mit dem Schreiben aufhöre und mit ihm zu Abend esse. Er macht Spiegeleier. Außerdem möchte er alles lesen, was ich mir heute zurechtgedacht habe; aber ich sage Nein, Nein . Das ist mein Tagebuch; ich schreibe es für mich selbst (ich bin ja schließlich einmalig), und was ich denke, geht niemand etwas an. Morgen gehe ich noch einmal in einen der Türme (und zwar allein, wenn ich den Mut dazu aufbringe!).
Als wir heute Mittag herauskamen und zurück zur Hütte gingen, bellte plötzlich ein Hund; es klang fröhlich und wohl bekannt.
Herr Avla brummelte etwas vor sich hin, während er zu dem Tor hinüberging, durch das immer die Leute kommen, die die Türme besichtigen wollen. Ja, da stand er, der rotbraune Hund von … war das eigentlich erst gestern?
Ich erkannte ihn sofort und er mich auch, denn er lief mit fröhlichem Schwanzwedeln auf mich zu. Herr Avla wehrte ihn jedoch mit heftigen Armbewegungen ab und rief: »Kusch, kusch!«
»Ach nein, bitte, jagen Sie ihn nicht weg«, sagte ich. »Es ist ein braver Hund; ich kenne ihn, oder vielmehr sie … Téja!«, rief ich leise.
»Kusch, ab mit dir!«, rief Herr Avla erbost. Und dann fragte er mich: »Seit wann kennst du dieses Biest? Zu wem gehört es?«
Der Hund hatte sich erschreckt; er lief ein Stück zurück, drehte sich dann aber nach mir um und wedelte vorsichtig mit dem Schwanz.
»Man kann hier niemandem vertrauen«, flüsterte Herr Avla. »Weg mit dir, hau ab«, rief er erneut. Er stampfte mit dem Fuß auf und da lief der Hund weg – den Schwanz zwischen die Beine geklemmt.
»Das war der Hund, der meine Socke hat«, sagte ich, traurig und wütend zugleich.
»Unsinn – deine Socke habe ich nicht gesehen; die bist du los. Und du hast schließlich neue von mir bekommen – also besteht absolut kein Grund zum Heulen.«
»Ich heule ja gar nicht!«
»Weißt du, warum der Hund hergekommen ist? Einfach nur so? Oder ob man ihn geschickt hat? Du sagst doch, gestern sei ein
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