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Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Titel: Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonke Dragt
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seinem Kopf war ein großes Fenster, ich blinzelte gegen das Licht. Ich fragte ihn, wo er die Blätter aus meinem Büchlein gelassen habe.
    »Abwarten«, sagte er. »Auch ich schreibe alles auf, was ich gesehen und erlebt habe. Ich werde es dir zu lesen geben, wenn ich zurückkomme, und dann musst du mir sagen, was du davon hältst.«
    Warum musste ich von Herrn Avla träumen? Ich darf ja doch nicht zu den Türmen zurück und ich will auch nicht mehr an sie denken – auch nicht an den Turmwächter. Ich will hier bleiben und tun, wozu ich Lust habe. Und doch möchte ich gerne wissen, weshalb es zwei Turmwächter gibt. Falls es sie gibt …
    (Da fällt mir auf einmal ein, dass Téja nun zwei Neffen aus Atlantis hat, falls zwei existieren! Aber das stimmt ja sowieso nicht, denn ich bin ja kein echter Neffe.)
    Ich bin wieder zur Schule gegangen. Der Mathelehrer hat über Grundbegriffe gesprochen und über verschiedene Arten der Mathematik. Ich habe eine Kladde bekommen, um das alles mitzuschreiben. Ich verstehe schon erheblich mehr als gestern. Ich habe es auch gewagt, Fragen zu stellen. Jetzt ist Pause. Ich probiere meinen neuen Kugelschreiber aus, in meinem Büchlein, das ich immer bei mir trage. Es ist besser, wenn ich außerhalb der Schulstunden nicht mit den anderen spreche; ich fürchte, dass ich mich sonst verraten würde.
    Samstagnachmittags werden drinnen in den Klassen keine Stunden gegeben; aber draußen ist nun ein so schönes, mildes Frühlingswetter, dass wir dort alles Mögliche unternehmen können. Wir dürfen zwischen den verschiedensten Spielen und Sportarten wählen (zum Beispiel Weitsprung über Gräben) oder im Schulgarten arbeiten oder in den Dünen Pflanzen studieren. (Selbstverständlich dürfen wir auch nach Hause gehen.) Ich gehe mit einer ganzen Gruppe in die Dünen. Ob Téja mitgeht, weiß ich nicht; sie ist noch nicht fertig mit Erdkunde.
    Téja hat sich für den Schulgarten entschieden, und ich habe ihr gesagt, dass ich nach Hause gehe. Sie hat mir nun ihre Bücher mitgegeben und dazu noch eins für mich, über atlantische Gebirge. Da habe ich nachher in den Dünen schön was zu schleppen!
    Ich habe sie angelogen. Aber nun kann ich endlich einmal raus, ohne dass jemand auf mich aufpasst. Ich kann nicht anders handeln; vielleicht ist der Traum von heute Nacht daran schuld. Ich muss nur dafür sorgen, dass ich vor Téja zu Hause bin!
    Später, zwischen dem 6. und 7. März
    (Es ist Nacht. Draußen machen die Katzen einen Riesenkrach.)
    Der Lehrer war ein Botaniker. Von all dem, was er über die Dünenpflanzen erzählte, habe ich nichts gehört. Ich achtete auf ganz andere Dinge: auf das Meer, die Wolken, den Verlauf der Wege und ob ich Jan Davit irgendwo sah. Und ich achtete darauf, ob wir in die Nähe der Türme kommen würden. Wenn wir sie sehen würden, wollte ich sozusagen per Zufall ein Gespräch darüber beginnen. Aber als ich sie dann tatsächlich sah, sagte ich nichts und die anderen achteten nicht einmal darauf. Wir krochen über den feuchten Boden und steckten unsere Nasen in die kleinen Kriechpflanzen – ich hatte ja auch noch die schweren Bücher in meiner Tasche – und plötzlich konnte ich es nicht mehr länger aushalten.
    Es war kein Problem, zurückzubleiben. Ich glaube, dass sie mich nicht einmal vermisst haben, und was soll’s auch – wir dürfen sowieso weggehen, wenn wir wollen. Obwohl man dann Bescheid sagen soll, glaube ich. Na ja. Es ist mir auch egal, denn dadurch, dass ich zurückblieb und schließlich wegging, landete ich ganz von selbst etwa in der Mitte des Gefährlichen Pfades. Ich erkannte ihn sofort. Selbst wenn es mild und sonnig ist wie heute, ist es dort unheimlich. Vielleicht deswegen, weil ich dort eigentlich nicht hätte sein dürfen. Vielleicht auch, weil ich plötzlich Stimmen hörte und ein Gespräch belauschte.
    Ich verließ den Pfad rasch wieder und kletterte zwischen dunklen Bäumen hindurch eine Anhöhe empor – aber so, dass ich den Pfad noch sehen konnte. Kurz darauf entdeckte ich rechts unter mir das grauschwarze Flachdach des verschlossenen Blockhäuschens mit der »Zickzack«-Tür. Dort standen zwei Männer; den einen kannte ich: Es war Jan Davit. Er sprach mit einem anderen, der meines Erachtens auch Dünenwächter war, denn er trug dasselbe Hütchen. Zuerst dachte ich, sie stritten miteinander; aber später sah es eher so aus, als ob sie über irgendetwas meckerten – vor allem der zweite Mann, der mir den Rücken zukehrte. Ich konnte

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