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Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Titel: Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonke Dragt
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Phantasie und ausgedacht. Willst du das damit sagen? Ich bin nicht wirklich.«
    »Natürlich bist du wirklich, du bist doch hier!«, sagte Téja. »Hier und heute.« Sie zog ihre Hände aus den meinen und küsste mich. Ihre Lippen schmeckten salzig. Dann küsste ich sie. Langsam gingen wir nach Hause zurück.
    Als wir in die Stadt kamen, blickte ich mich um. Die Dünen waren nun noch nebliger und es begann dunkel zu werden.
    »Mir ist kalt«, sagte Téja. »Komm rasch, komm mit.« Sie lief voraus und ich rannte hinterher. Sie war jedoch schneller als ich und bereits im Haus, als ich ankam. Im Garten sprang der Hund mir entgegen, mit wedelndem Schwanz. Ich wollte ihn festhalten, ihn zwingen, mit mir hineinzugehen, zu Téja – aber er entwischte mir und verschwand in der Dämmerung, entweder in einem anderen Garten oder um die Straßenecke.
    Drinnen wartete Jan auf mich; seine Tochter kam kurz darauf zum Vorschein. Den Hund habe ich nicht mehr gesehen.
    Stimmt es, dass ich alles werden kann, was ich will? Ich wünschte mir, ich hätte nicht vergessen, wie ich das dann bewerkstelligen muss.
    Montag, 8. März
    Heute zur Schule gegangen. In Mathe weitergemacht. Ich würde mich so gerne etwas mehr mit den anderen unterhalten, zwischen den einzelnen Stunden, aber mir fehlt immer noch der Mut dazu. Jeder, dem ich begegne, weiß genau, was er ist oder war; nur ich bin anders. Ob ich der Einzige bin? Doch wohl kaum!
    Ich lese nicht mehr in den Büchern über Atlantis. Ich möchte nicht in Atlantis geboren sein, sondern hier, in dieser Stadt an den Dünen und der See. In der einzigen Stadt, in der zwei leere Türme stehen. Hier gehöre ich hin, hier bin ich zu Hause.
    9. März
    Habe heute Morgen versucht, aus Ton ein Tier zu formen. Es war eine Katze, aber keine richtige. Der Lehrer sagte, dass ich zuerst eine Katze ganz genau beobachten müsse, dass ich selber erst zu einer Katze werden müsse. (Zu einem Kater doch wahrscheinlich!)
    Ich habe auch bei einem Ballspiel mitgemacht, draußen, zusammen mit anderen Jungen und Mädchen. Zum ersten Mal fühle ich mich in der Schule nicht mehr so fremd.
    Ich habe keine Lust zum Schreiben; dieses Tagebuch interessiert mich kaum noch. Ich habe weiß Gott Besseres zu tun!
    10. März (Mittwoch)
    Es gibt allerdings zwei Punkte, die mir nicht gefallen: Téja findet es nicht gut, wenn ich in den Spiegel schaue. Heute habe ich mich zum ersten Mal besonders gründlich angesehen, als wir bei Margret (einer Nachbarin) zu Besuch waren. Sie (Téja) mag dieses Tagebuch auch nicht. Jan übrigens genauso wenig. Ich habe es keinen von beiden lesen lassen.
    Gerade eben, als ich dies aufschreiben wollte, war es weg. Der Hund hatte es bei sich im Korb. Zum Glück weder zerfetzt noch gelesen. (Hunde können schließlich nicht lesen, oder?) Ich war böse: »Dir muss ich doch vertrauen können! Du hast doch keine Hintergedanken.« Der Hund sah mich an, als ob dies stimme – aber ich bin da nicht mehr so ganz sicher.
    Dieses Tagebuch interessiert mich doch noch, auch wenn ich vielleicht nicht mehr darin schreibe.
    12. März
    Ich wollte mit meinem Tagebuch aufhören, aber nun muss ich doch wieder etwas hineinschreiben. Gestern Abend saß ich auf dem schönen Teppich vor dem Kamin (Jan hatte Feuer gemacht, denn es war kalt) und schaute Schnura, der Katze, zu, die damit beschäftigt war, sich zu waschen. Ich sah genau hin; ich versuchte mir vorzustellen, wie ich mich als eine Katze fühlen würde, die sich leckt. Und auf einmal hatte ich eine raue rosa Zunge und Schnurrbarthaare; ich fühlte mein Fell und meinen geschmeidigen Körper, und ich war eine Katze, die sich wäscht. Zwischendurch sah ich auch die Figuren im Teppich, ganz neue Muster. Ich blickte auf, die Zunge hing mir noch aus dem Mund, und ich schaute geradewegs in Schnuras Augen. Um ein Haar hätte ich verstanden, was sie dachte. Wir waren zwei Katzen, die einander anblickten. Dann war ich wieder ich selbst , auch wenn ich nicht weiß, wer – aber jedenfalls ein Mensch , der einer Katze zusah. Die Katze starrte mich immer noch an, dann wurde sie wieder scheu und begann aufs Neue, sich zu lecken.
    Ich muss niederschreiben, dass mich dieses Erlebnis sehr erschreckt hat – obwohl es vielleicht gar keinen Grund gibt, darüber zu erschrecken. Das ist durchaus möglich, weil ich mein Gedächtnis ja noch immer nicht wiedererlangt habe. Aber daran will ich lieber nicht denken. Ich muss das vergessen und in den Tag hineinleben. Oder ich muss ganz und gar

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