Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman
Sinn.«
Ich wagte es nicht, das auszusprechen, was ich dachte. Ich werde es nicht einmal aufschreiben. Ich glaube, ich werde überhaupt mit dem Schreiben aufhören.
Soll ich einen Eimer voll Wasser nach den kreischenden Katzen werfen? Ich glaube, Schnura ist auch dabei. Aber jetzt ist Téja mit lautem Gekläff in den Garten gesprungen. Sie hat alle Katzen verjagt.
Sonntag, 7. März
Heute Morgen habe ich Téja gefragt: »Sag, wie ist das eigentlich mit dir und dem Hund?«
»Auf diese Frage gebe ich keine Antwort«, sagte sie. »Du müsstest es wissen oder du hast es vergessen.«
Weiß sie denn nicht, wie traurig es mich macht, wenn sie so etwas sagt? Immer wieder mein Gedächtnis, mein Erinnerungsvermögen – dieses ständige Daran-Erinnern!
Doch, sie weiß es; sie ist um meinetwillen auch traurig und sie sagt immer wieder: »Denk doch nicht so viel nach – vergiss einfach, dass dein Gedächtnis noch so jung ist.«
Ich will aber nicht, Téja, dass mein Gedächtnis jünger ist als deines.
Es ist schade, dass heute keine Schule ist. Schnura ist auf den Tisch gesprungen und gibt mir sanfte Kopfnüsse. Man soll es nicht für möglich halten, dass diese Schmusekatze letzte Nacht wie wahnsinnig ihre Katzenverwandtschaft angefaucht hat. Ein merkwürdiges Tier, aber mit Téja hat sie nicht viel zu tun –abgebrochener Satz
Gerade schaute Jan Davit um die Ecke; er findet es nach wie vor nicht gut, dass ich ein Tagebuch führe. »Draußen ist es so schön«, sagte er. »Geh doch ein bisschen mit dem Hund spazieren!«
Das werde ich nun auch tun.
Wie weit die Dünen sich ausdehnen! Wie viel gibt es hier wohl noch zu entdecken?! Téja hat mich zu einigen Stellen geführt, die ich noch nicht kannte; aber auch jene Stellen, an denen ich schon einmal gewesen bin, sind mir noch nicht wirklich vertraut.
Die See ist noch weiter und größer, aber vielleicht eintöniger. Wir spielten mit einem Stock. Es waren auch andere Leute da und andere Hunde. Wir lachten übereinander und miteinander. Der Wind, der von der See her wehte, blies Wolkenberge über den Himmel, aber wir gingen nicht nach Hause. Wir rannten den Strand entlang, bis dorthin, wo es ganz still war, und plötzlich verwandelte ich mich in einen Vogel, eine Möwe, einen Schwan … Ich flog hoch über den Schaumkronen der Wellen dahin; aber ich traute mich nicht, auf dem Wasser niederzugehen, und auch nicht, das Meer zu überfliegen, nach Engelland.
Dann stand ich wieder auf dem Strand. Ich war allein, der Hund war verschwunden. Ich sah wohl andere Hunde, aber die kannte ich nicht. Und die Leute, die mit ihnen spazieren gingen, jagten mir ein wenig Angst ein. Hatten sie vielleicht beobachtet, wie ich mich in einen Wasservogel verwandelt hatte? Ach nein, ich muss mir das wohl eingebildet haben; sonst hätten sie mich doch sicher sehr erstaunt angesehen.
Vom Meer her trieben Nebelfetzen heran; ich ging in die Dünen zurück und rief nach dem Hund. »Téja, wo bist du?«
Der Nebel kam hinter mir her; in Schleiern wehte er über die Dünen. Und da kam die andere Téja mir entgegen – still, lieb und geheimnisvoll. Ihre Augen waren dunkel und voller Glanz, sie lächelte und streckte mir die Hände entgegen. Ich hielt sie fest in den meinen und spürte, wie ihre Finger sich bewegten.
»Wo ist der Hund?«, flüsterte ich.
»Der Hund sucht sich seine eigenen Wege«, flüsterte sie, »nach Hause.«
»Und du? Wo kommst du her?«
»Ich bin dir entgegengegangen.«
Ich drehte mich um, ohne sie loszulassen, und schaute zur See hinüber – die hatte kein Ende, denn in dem Nebel gab es keinen Horizont.
»Téja, glaubst du, dass ich eine Möwe oder ein Schwan werden könnte und über das Meer nach Engelland fliegen?«
»Ich vermute, dass es für eine Möwe zu weit ist, vielleicht auch für einen Schwan.«
»Du meinst aber, ich könnte mich in einen Schwan oder in eine Möwe verwandeln …?«
»Du kannst alles werden, was du willst«, sagte Téja.
»Aber wie denn? In meiner Einbildung? In meiner Phantasie?«
»Nenne es, wie du willst.«
»Aber ich meine doch … War es Wirklichkeit oder Phantasie?«
»Was ist denn eigentlich Wirklichkeit?«, sagte Téja, und sie versuchte, sich aus meinen Händen zu befreien. »Und was ist Phantasie? Du kannst alles werden, was du willst: mein Vetter Tim aus Engelland.«
»Aus Atlantis!«
»Gut, aus Atlantis. Mein Freund Tim aus Atlantis.«
»Es spielt keine Rolle, woher ich komme«, sagte ich. »Es ist ja doch alles nur
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