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Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Titel: Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonke Dragt
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immer im letzten Augenblick wieder eingefallen sein – wenn ich es auch vergaß, sobald ich es ausgesprochen hatte … auch das ist eine merkwürdige Angelegenheit. Ich vertraue einfach darauf, dass es mir in Kürze wieder in den Sinn kommt. Und diesmal kannst du mir helfen, mein Junge. Zwei wissen mehr als einer.«
    Mir lief es kalt den Rücken herunter. Ich wollte das WORT ja gar nicht wissen!
    Gestern Abend nicht und auch jetzt noch nicht. Und doch …
    »Wann ist der 1. April?«, fragte ich.
    »Am Tag nach dem 30. März«, sagte Herr Vaal.
    »Aber die Daten stimmen doch nicht überein.«
    »O doch. Der 1. April hier und der 1. April dort fallen auf den gleichen Tag. Wenigstens in diesem Jahr.«
    »Und welches Jahr schreiben wir?«
    »1964«, sagte Herr Alva. »Diese Welt hat sehr viele Gemeinsamkeiten mit der unseren. In drei Tagen ist Ostern.«
    »Was ist das, Ostern?«, fragte ich.
    »Versuch lieber, dich selbst daran zu erinnern«, sagte Herr Vaal. »Diese beiden Welten haben so vieles, was übereinstimmt, dass es meiner Meinung nach kein bloßer Zufall sein kann. Und darum könnte es sehr wohl der Sinn der Sache sein, dass man nach Verbindungsmöglichkeiten zwischen ihnen sucht … oder besser gesagt: nach Verbindungsworten.«
    »Der Monat März hat hier 30 Tage, bei uns dagegen 31«, sagte Herr Alva.
    Ich fing an, langsam auf den Knöcheln meiner Hand abzuzählen. »Januar, Februar, März, April …«
    »Warum tust du das?«, fragte Herr Alva.
    »Nur so«, sagte ich. »Weil …« Aber der Grund fiel mir nicht ein.
    Herr Alva war enttäuscht. »Immerhin, ich hab das alles schwarz auf weiß«, meinte er. »Weißt du noch, was ich dir darüber erzählt habe? 41) Früher war hier die Zeiteinteilung genauso wie bei uns. Der Februar war immer der Schaltmonat. Neuerdings ist das anders.«
    41) Siehe Seite 64/65 und ferner die Beilage II aus Herrn Alvas Schriften auf Seite 214.
    »Auch dies ist kein Zufall«, sagte Herr Vaal. »Es handelt sich um einen Test, mit dessen Hilfe man den Verkehr zwischen den beiden Welten in beiden Richtungen erschweren will. Schwieriger zu berechnen, sozusagen.«
    »Das WORT«, flüsterte Herr Alva, »muss genau am richtigen Tag ausgesprochen werden.«
    »Seit acht Jahren sind hier alle Monate gleich lang und die Schalttage fallen auf andere Daten als bei euch«, sagte Herr Vaal. »So haben es unsere Regierungen beschlossen. Sie sagten, weil es so einfacher sei. In Wirklichkeit geschah es nur deshalb, weil es mehr Welten gibt als diese eine …«
    Allmählich begann sich alles um mich herum zu drehen. Es war, als ob ich träumte: die beiden alten Herren, ins Gespräch vertieft, und hinter ihnen ihre Schatten, die leise hin und her schwankten.
    Irgendwo gab es einen Ort, der viel »natürlicher« und gewohnter war – einen Ort, nach dem ich plötzlich ein großes Verlangen spürte. Ein blauer Teppich mit rosa und weißen Mustern, ein halbrundes Zimmer, ein Mädchen mit rotbraunen Haaren, dunklen Augen und weichen Lippen.
    Ich zwinkerte mit den Augen. Auch das glich auf einmal mehr einem Traum als der Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit ist eine Welt, an die ich mich nicht erinnern kann. Es kann doch nicht sein, dass ich dorthin zurückmöchte?
    Ich weiß nicht, ob ich wieder eingeschlafen bin und geträumt habe – jedenfalls war ich plötzlich wieder allein mit Herrn Alva, der vor sich hin murmelte: »… bin mal gespannt, ob Thomas zurückkommt und wen er dann bei sich hat.«
    »Noch ein Thomas? Welcher denn?«, fragte ich schläfrig. Es roch nach etwas Leckerem. »Haben Sie Kaffee aufgeschüttet?«
    »Es ist kein vierter Thomas, glaube ich. Sondern jemand, der schon seit einiger Zeit in diesem Turm herumgeistert … Wir hörten vorhin Geräusche im Treppenhaus. Thomas schaut gerade nach dem Rechten; ich meine Tom Vaal. Wenn er gleich Besuch mitbringt, bekommst du auch Kaffee. Falls mich nicht alles täuscht, haben wir guten Grund, für einen klaren Kopf zu sorgen.«
    Draußen auf der Galerie hörte man Schritte näher kommen. Ihr Klang machte mich sofort hellwach. Herr Alva spähte durch einen Riss in den Tüchern, die vor dem Fenster hingen. »Ein Dünenwächter«, flüsterte er.
    Ich dachte an Jan Davit. »Er kommt mich sicher holen, ich darf zurück nach Hause!«
    Es war jedoch Wim. Natürlich – wer denn sonst?
    Herr Vaal, der ihn hereinführte, sah mich vorwurfsvoll an. Herr Alva tat dies nicht; er legte seine Hand auf meine Schulter und sagte: »Guten Abend, beziehungsweise

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