Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman
des Thomas Alva 44)
44) Die Überschrift stammt von Tom und trägt das Datum 1964; im Übrigen ist das lose Blatt von Herrn Thomas Alva beschrieben.
Die Einteilung der Zeit »inter menses februarium et aprilem« ist ein wenig anders als bei uns, und zwar seit Januar 1957. Damals war gerade das Jahr zu Ende gegangen, in dem die Türme von unserer Welt nach hier hinübergewechselt waren und ich, Thomas Alva, vier Jahre lang (minus einen Monat) hier bleiben musste, bevor ich wieder wegkonnte (»inter menses aprilem et februarium«).
Seitdem gibt es hier zwölf Monate à dreißig Tage und im Anschluss daran fünf Feiertage. Mit den Schaltjahren ist es so: Der Reihe nach erhält jeder Monat einen zusätzlichen Tag:
1960:
Januar
)
1964:
Februar
)
Monat mit 31 Tagen
1968:
wird es der März sein
)
Dieses Jahr (1964) sind die so genannten »Gefährlichen Tage«: der 30. Februar (= der 29. Februar bei uns) und der 1. April (= der 1. April bei uns).
Es erhebt sich allerdings die Frage, ob eine so einfache Veränderung der Zeiteinteilung den Ablauf der Zeit selbst beeinflussen kann. Das klingt zwar verrückt, ist aber doch nicht ganz von der Hand zu weisen: siehe, was diese Angelegenheit betrifft, mein drittes Tagebuch von 1960 (von dort ) sowie die Traktate des Herrn Denosi (von hier ).
Sind es eigentlich wir Menschen, die diesem Extra-Tag, der alle vier Jahre einmal vorkommt, eine magische Bedeutung geben? Oder liegt diese Magie im Tag selbst, ganz gleich welches Datum man ihm auch gibt?
Noch ein anderer Punkt stimmt nachdenklich: Nämlich die Bedeutung, die der Monat März in beiden Welten hat. In unserer Welt (siehe meine diesbezüglichen Notizen von dort aus dem Jahre 1944!) steht dieser Monat seit Jahrhunderten im Zeichen der Katastrophen; unsere Vorfahren hatten ihn dem Kriegsgott Mars geweiht.
MEMORANDUM FÜR 1964
Unsere Welt
(Terra, Erde, zurzeit unbekannt, da vergessen)
inter menses februarium et aprilem
(Tom Wit nannte diese Welt X, die Unbekannte)
29. Februar
entspricht dem (Samstag, Schalttag)
30. Februar
(Samstag)
1. März
(Sonntag)
31. Februar
(Sonntag, Schalttag)
2. März (Mo)
1. März (Mo)
8. März (So)
7. März (So)
20./21. März
(Frühlingsanfang, 1. Mondviertel)
19./20. März
(Frühlingsanfang, 1. Mondviertel)
22. März (So)
(Tom Wits Geburtstag)
21. März (So)
(Tims Geburtstag)
28. März (Sa)
(Vollmond)
27. März (Sa)
(Vollmond)
29. März (So)
(Ostersonntag)
28. März (So)
(Ostern)
31. März (Di)
30. März (Di)
1. April (Mi)
1. April (Mi)
der Tag, an dem wir zurückkönnen –
bei Sonnenaufgang
Freitagabend (immer noch 26. März) 45)
45) Fortsetzung von Toms Tagebuch (im Anschluss an Herrn Alvas Bericht auf Seite 213)
»Was hat Wim vergessen?«, fragte ich, nachdem ich Herrn Alvas Bericht gelesen hatte.
»Vielleicht hat er es gar nicht vergessen; er hat ja noch genügend Zeit. Der 1. April ist erst am Mittwoch.«
Nur noch wenige Tage, bis ich hier wegkann – falls ich überhaupt kann, falls ich überhaupt will. Wir sind Gefangene. »Können wir ihnen nicht entwischen?«, fragte ich.
»Ich dachte, du wolltest wissen, was der Dünenwächter vergessen hat! Ich habe mir alle Mühe gegeben zu erreichen, dass er es vergaß: nämlich uns die Tagebücher abzunehmen und zu vernichten.«
Er fand es sehr dumm von mir, dass ich nicht sofort den Grund erkannte: »Stell dir vor, dass wir in Kürze, in unserer eigenen Welt, unsere Tagebücher lesen könnten. Wir sind zwar noch nicht in der Lage, unsere Erinnerungen mitzunehmen; solange jedoch unsere Niederschriften existieren, besitzen wir Beweise, dass es diese Welt gibt – inter menses februarium et aprilem beziehungsweise X, wie du sie nennst. Und genau das wollen die Leute hier nicht; das werden sie uns nie und nimmer zugestehen. Sie möchten die beiden Welten so voneinander abkapseln, dass keine von der anderen weiß.«
Er hat die Tücher, die vor dem Fenster hingen, heruntergenommen; und während wir schrieben und lasen, ist er immer wieder zwischendurch auf die Galerie hinausgegangen, um Ausschau zu halten. Ich selbst sollte aufpassen, ob sich jemand von der anderen Seite näherte. Ich sitze also jetzt auf dem Balkon und habe mir gegen die Kälte eine Decke umgehängt.
Heute bleibt auch der andere Turm für Besichtigungen geschlossen; das hörten wir von Herrn Vaal, der uns etwas zu essen brachte und mit uns Kaffee trank. Er hatte in der Umgebung niemanden gesehen, außer ein paar Hunden. Ein rotbrauner sei nicht dabei
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