Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman
ausgestanden habe, wenn ich während der Tage davor vergeblich nach dem WORT suchte.) Ich sagte also in freundlichem Ton: »Ich behaupte ja nicht, dass ich mich auf keinen Fall erinnern werde – vielleicht fällt mir das WORT morgen oder übermorgen wieder ein.«
»Das möchte ich Ihnen auch geraten haben«, sagte der Dünenwächter. »Und lassen Sie sich gefälligst auch das Wort einfallen, mit dessen Hilfe Sie diese beiden Türme mitnehmen können; dann sind wir sie los.«
Auf einmal redeten alle durcheinander.
»Dazu hätte ich nicht den Mut«, sagte ich wahrheitsgemäß.
»Die Türme bleiben hier!«, rief Thomas Vaal. »Ihnen verdanke ich meine Stellung und außerdem …«
»Sie sind also hiermit festgenommen«, brüllte Wim Jansel, »und zwar bis zum 1. April! Und dann ist da noch ein Punkt …«
»Ich möchte Jan Davit sprechen!«, rief Tom, der Junge. »Er ist geradeso gut ein Wächter wie Sie.«
»Die Türme bleiben …«
»Die Türme müssen verschwinden.«
Nun war es an der Zeit, die Angelegenheit zu beenden. Es gelang mir, sie alle zu beruhigen, und ich bot ihnen eine Tasse Kaffee an. Zwischendurch redete ich weiter, indem ich versuchte, möglichst lange selbst das Gespräch zu lenken.
»Wir sind also festgenommen, schön und gut. Und wir werden uns ehrlich bemühen, uns an das WORT zu erinnern.« (Ich vermutete da schon, dass es diesmal nicht allzu schwierig sein würde; Tom, der Junge, besitzt den Schlüssel dazu.) »Setz dich, Wim«, sagte ich, »lass dir den Kaffee schmecken …« (Eigentlich wollte ich gar nicht, dass er noch länger blieb.) »Vielleicht«, so fuhr ich fort, »fallen mir gleich noch viel mehr Worte ein als nur das eine. Außerdem kann man Worte auch konstruieren … Du hast doch wahrscheinlich schon von meinen Theorien gehört? Andernfalls würde ich dir empfehlen, einmal den Bericht zu lesen, den der Gelehrte Denosi vor vier Jahren hier über mich geschrieben hat …«
»Ich gehe nach Hause«, sagte Thomas Vaal. (Recht so, Freund Thomas!)
»Nein, warten Sie einen Moment«, sagte Wim Jansel nervös. »Ich muss auch weg, lassen Sie uns zusammen gehen.« Er schaute mich unaufhörlich an. »Denosi behauptet, dass diese Worte, die Sie meinen, möglicherweise nur auf Suggestion beruhen.«
Das überraschte mich keineswegs. »Ach so?«, sagte ich lachend. »Worte sind also Suggestion und Betrug … oder soll ich es noch anders ausdrücken: Magie. Diese Türme sind also nichts als Einbildung, als Scheingestalten? Ach, wüsste ich doch nur genau das Wort, mit dem ich diese Behauptung testen könnte! Dieser Turm hier gehört Tom und mir, Wim Jansel. Was würde passieren, wenn ich ihn mit einem einzigen Wort fortzaubern könnte, wie du dir das offenbar wünschst? Würde das in der Welt, die ich zurückließ, einen Zusammenstoß oder einen Einsturz von Gebäuden verursachen? Oder würde sich dieser Turm einfach in Luft auflösen, mitsamt Tom und mir selbst? Tom und ich gehören aber in dieses Gebäude, Wim; du dagegen bist innerhalb dieser Mauern ein Fremdkörper. Ich könnte mir also eher vorstellen, dass du dich in Luft auflösen würdest.«
»Ich gehe nach Hause«, sagte mein Freund Vaal noch einmal. Er ging mit staksigen Schritten auf die Tür zu.
Der Dünenwächter konnte nicht schnell genug von seinem Stuhl aufspringen. »Ich gehe mit. Sie brauchen sich jedoch nicht einzubilden«, sagte er zu mir, »dass Sie mich mit Ihren versteckten Drohungen einschüchtern können!«
»Wieso Drohungen?« Ich lachte. »Wie kann ein Mann ohne Gedächtnis mit irgendetwas drohen? – Komm gut nach Haus, Thomas. Und du, Wim, bist hier ebenfalls bei Tag und Nacht willkommen. Nur noch eins: Der Junge hat Recht – es sind zwei Wächter, die in diesem Gebiet die Grenzen bewachen. Wir möchten gerne, dass dein Kollege Jan Davit uns ebenfalls besucht. Ja, wir möchten es nicht nur gern, sondern wir verlangen es sogar – da wir selbst unter Arrest stehen und also nicht in der Lage sind, zu ihm zu gehen.«
Der Dünenwächter ging und folgte meinem Freund Vaal. (Allein hätte er sich nicht nach unten getraut.) Aber wir werden ihn bestimmt noch einmal wieder sehen, ihn oder Jan Davit oder sogar beide.
Und dann werden sie nicht vergessen, was Wim Jansel diesmal vergaß. O ja, sie kommen ganz sicher noch einmal wieder, und zwar vor dem 1. April. 43)
43) Hier endet Herrn Alvas Handschrift in Toms Tagebuch. Die nun folgende Beilage steht auf einem lose eingelegten Blatt.
BEILAGE II: Aus den Schriften
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