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Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Titel: Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonke Dragt
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ich bei den Führungen so tun muss, als seien sie mir genauso ein Rätsel wie den meisten Leuten hier … Na ja, ich darf sie eben nicht auf merkwürdige und gefährliche Gedanken bringen. Und ich muss zugeben: Die Idee, dass in diesen Türmen jemand wohnen könnte, scheint auch mir absurd. Es ist nur deinetwegen, Tom (Herr Vaal wandte sich nun zu Herrn Alva) – sonst würde ich dies Gebäude nach Sonnenuntergang nicht mehr betreten. Ich habe auch keinerlei Lust dazu, in eure Welt zu reisen.«
    »Es gibt nicht viele Menschen, Tom, die unsere Reise unternommen haben«, sagte Herr Alva zu mir, »aber es scheint, dass wir weder die Einzigen noch die Ersten sind …«
    »Man erkennt sie alle an ihrem Gedächtnisverlust«, sagte Herr Vaal.
    »Also darum …«, begann ich.
    »Ich habe nicht versucht, dich durch Lügen abzuschrecken«, sagte Herr Alva und legte ein Stück Käse auf mein Butterbrot.
    Aber der Appetit war mir vergangen. »Werden wir deshalb verfolgt und gefangen genommen?«, fragte ich. »Weil wir unerwünschte Fremde sind?«
    » Du bist nicht gefangen«, sagte Herr Alva. »Du hast hier sogar Freunde gewonnen.«
    »Ich würde ihnen nicht allzu schnell vertrauen«, brummelte Herr Vaal. »Ich weiß noch sehr gut, wie du eines Tages mit diesem rotbraunen Hund hierher gekommen bist.«
    »Sie waren sehr nett zu mir«, flüsterte ich.
    »Trotzdem werden sie dich zurückschicken, sobald es ihnen möglich ist.«
    »Das haben sie nie gesagt.«
    »Was haben sie denn sonst gesagt?«
    »Dass ich hier bleiben soll, dass ich mein Tagebuch vergessen und vernichten soll. Dass ich nicht weiter suchen soll.«
    Herr Alva runzelte die Stirn.
    Herr Vaal nickte und sagte: »Dann ist es Jan Davit also ernst mit dem, was er immer behauptet. Er gehört zu den Leuten, die nichts dagegen haben, wenn die Fremden bleiben, wenn sie nur ihrer eigenen Welt völlig abschwören … ja, sie dürften seiner Meinung nach nicht einmal mehr wissen, dass es noch eine andere Welt außer dieser gibt.«
    »Eine ganze Menge Menschen – oder sogar die meisten – wissen das tatsächlich nicht«, sagte Herr Alva. »Sowohl hier als auch zu Hause.« Er steckte sich den Käse von meinem Brot in den Mund. »Mit ›zu Hause‹ meine ich nicht hier , Tom.«
    »Es ist komisch – die meisten Leute haben etwas dagegen, ihr Gedächtnis zu verlieren«, sagte Herr Vaal. »Sie sind ständig auf der Suche danach oder jammern über den Verlust … Worüber sprachen wir eben? Ach ja … Es gibt hier auch Leute, die eine andere Meinung vertreten als Jan Davit. Sie halten sämtliche Fremden für unerwünscht. Einige stehen sogar auf dem Standpunkt, dass es gegen jedes Naturgesetz verstößt, wenn irgendjemand aus einer anderen Welt hierher kommt …«
    »Was natürlich purer Unsinn ist«, unterbrach ihn Herr Alva. »Wenn auch nur ein einziger Mensch es fertig bringt, von der einen Welt zur anderen zu reisen, so hat er bewiesen, dass ein solches Naturgesetz nicht existiert.«
    »Ich sage ja nur das, was andere behaupten«, sagte Herr Vaal. »Sie sind der Ansicht, dass es nicht der Sinn der Sache sein kann …«
    »Welcher Sache?«, fragte ich.
    »Es kann nie und nimmer so vorgesehen sein«, sagte Herr Vaal, »und zwar deshalb nicht, weil die Reisenden aus anderen Welten niemals vollständig hier ankommen; sie lassen das Wesentlichste zurück: nämlich ihr Gedächtnis.« Er nahm sich das Brot, das ich liegen gelassen hatte, und begann es zu verzehren.
    »Das ist tatsächlich ein großes Problem«, sagte Herr Alva mit einem tiefen Seufzer. »Ich bin mit einer Kiste voller Schriftstücke hier angekommen; sie enthalten Notizen darüber, wer ich war und was ich beabsichtigte – aber dies alles ist nicht mehr als ein Surrogat. Selbst dich habe ich nicht erkannt, Tim-Tom; zum Glück hatte ich in meinen Tagebüchern ausführlich über dich geschrieben. Dagegen erkannte ich Tom Vaal sofort, denn ich erinnere mich an alles, was ich während meiner früheren Besuche hier erlebt habe. Und genau das versuche ich nun herauszufinden: wie man als kompletter Mensch hierher kommen und ebenso wieder zurückgehen kann.«
    Herr Vaal nickte. »Ich unterstütze ihn dabei«, sagte er kauend, »obwohl ich nicht hoffe, dass alle Menschen sein Spiel mit Worten lernen werden.«
    »Aber wie können Sie jemals zurück, Herr Alva?«, fragte ich. »Wissen Sie denn noch das WORT?«
    »Nein. Das WORT war das Einzige, was ich nicht aufschreiben durfte. Aber während der vorigen Besuche hier muss es mir

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