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Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Titel: Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonke Dragt
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gewesen.
    Später bin ich zu ihm nach Hause gegangen, um Wasser zu holen. Kein Mensch hinderte mich daran, den Turm zu verlassen! Als ich wieder oben war, erkundigte ich mich nochmals, warum wir eigentlich nicht flüchten können.
    »Wohin denn?«, fragte Herr Alva. »Doch nicht etwa zu dem anderen Wächter? Jan Davit ist schließlich auch ein Wächter …«
    Es beginnt allmählich zu dämmern. Wir sitzen jetzt hier drinnen. Der Wind ist aufgefrischt und wir hören das Meer hinter den Dünen toben. Wir haben uns alle möglichen Stellen überlegt, wo wir unsere Aufzeichnungen verstecken könnten. Für Herrn Alva ist dies erheblich schwieriger als für mich: Ich habe ja nur mein kleines Büchlein. Es ist nun schon ganz schön voll geschrieben; Herr Alva sagt jedoch, dass er noch eine Menge Papier vorrätig hat.
    Bis jetzt haben wir – abgesehen von unserem Freund, dem Turmwächter – keinen einzigen Wächter zu sehen bekommen.
    Herr Alva sitzt da und murmelt lauter sonderbare Worte vor sich hin. Ich glaube, ich lege jetzt auch mein Tagebuch weg und gehe ins Bett.
    Samstag, 27. März
    Er weckte mich mitten in der Nacht.
    »Sei mir nicht böse«, bat er, »ich muss es dir sofort sagen; ich traue mich nicht, länger damit zu warten … Wo hast du dein Tagebuch?«
    Ich musste es holen; zitternd vor Kälte und vor mich hin schimpfend, lief ich über die Galerie zu der Stelle, wo ich es versteckt hatte. Der Wind kam von der See her, aber es regnete zum Glück nicht. Herr Alva hatte keine Lampe angezündet, weil die Tücher vom Fenster weggenommen waren. In dem Zimmer, das nach hinten hinaus liegt, war es jedoch hell genug zum Lesen: Ein riesengroßer Mond stand am Himmel und goss sein Licht über die schnell dahinziehenden Wolken.
    »Vollmond«, sagte ich.
    »Erst morgen ist er ganz voll.« Herr Alva nahm mein Tagebuch, blätterte darin und fragte: »Hast du es auch ganz durchgelesen?«
    »Ich glaube schon … Auf jeden Fall erinnere ich mich an alles seit dem 30. Februar …«
    »Dann lies diese Seite bitte noch einmal, und auch diese, und diese …« 46) Er zählte noch ein paar andere auf.
    46) Auf diese Stelle komme ich noch einmal zurück.
    Ich hielt sie ins Licht des Mondes und tat, worum er mich gebeten hatte; ich konnte jedoch den roten Faden, der offensichtlich durch diese Seiten lief, nicht entdecken.
    »Kommst du denn wirklich nicht dahinter?«, fragte er. In der bläulich-weißen Beleuchtung sah er aus, als könne er jeden Augenblick verschwinden – auch ohne ein bestimmtes Wort auszusprechen. »Bitte, lies es noch einmal aufmerksam durch«, flüsterte er. Anschließend erklärte er es mir. Ich hätte zwar das WORT vergessen, aber irgendwo tief in mir verborgen – im Unterbewusstsein – sei es trotzdem hängen geblieben. Und so hatte ich es aufgeschrieben; natürlich nicht richtig, sondern sozusagen »übersetzt« beziehungsweise etwas verdreht. »In deiner Geschichte taucht immer wieder eine Spur des Wortes auf«, sagte Herr Alva. »Ein geschickter Leser würde es finden können, wenn er sich etwas Mühe gäbe. Ich meine nicht das WORT selbst, sondern die Richtung, in der er suchen müsste. Ich habe es gefunden und nun weißt du es auch.«
    »Nein«, flüsterte ich.
    »Aber natürlich! Überleg mal einen Augenblick … Na, welches Wort ist es? Lies doch nur …« 47)
    47) An dieser Stelle sind einige Zeilen weggelassen.
    Ich wollte es eigentlich nicht, tat es dann aber doch. Ich musste einfach darüber nachdenken, während ich zum Mond hinaufschaute, der immer wieder ganz knapp den Wolken entglitt, die ihn bedecken wollten.
    »Gibt es dort auch einen Mond?«, fragte ich.
    »Du meinst, in unserer eigenen Welt? Ja – ja sicher. Man arbeitet sogar schon an Plänen, um dorthin zu gelangen.«
    Das klingt genauso seltsam und unsinnig wie meine Reise nach hier und zurück. Ich kann nämlich zurück, denn ich weiß das WORT .
    Das war Freitagnacht. Jetzt scheint die Sonne auf die Türme, auf das Land in der Umgebung, auf die Dünen und die See. Immer noch weht ein kräftiger Wind. Ich habe nach einem Schiff Ausschau gehalten. Keins zu sehen.
    Was würde wohl passieren, wenn man das WORT auf einem Schiff ausspräche? Würde das Schiff unter einem verschwinden? Würde dieses Meer in ein anderes Meer übergehen, in dem man ertrinken müsste?
    Unten spazieren Leute herum; Herr Vaal führt sie in den anderen Turm zur Besichtigung. Jetzt ruft mich Herr Alva; er hält es nicht für gut, dass ich draußen auf der Galerie

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