Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman
16. März sind Téja und ich landeinwärts spaziert, an einem Wasserlauf entlang. Und am 17. März sind wir zum Hafen gegangen. Dort ist eine Landebrücke, die weit hinaus in die See ragt; auch ein Leuchtturm ist da. Viele Schiffe liegen dort vor Anker, andere fahren ein oder aus. Manchmal habe ich vor – 51)
51) abgebrochener Satz
Ich werde jetzt mein Tagebuch in einer sehr übersichtlichen Form – und zwar von Anfang an – mit Ergänzungen versehen. 52)
52) Den größten Teil dieser Ergänzungen, jeweils auf losen Blättern notiert, habe ich in das Tagebuch selbst eingefügt, um den Bericht möglichst übersichtlich zu gestalten – jedenfalls soweit dies möglich war. Sie sind nämlich nicht ganz fertig geworden, unvollständig, ziemlich unübersichtlich und oft auch recht undeutlich – sowohl im Hinblick auf die Schrift als auch auf den Sinngehalt.
Auch Herr Alva schreibt und schreibt.
Ich habe ihn gefragt, ob es wahr ist, dass man sich in ein Tier verwandeln kann. Er sagt, er vermute es zwar, habe aber keine Beweise. Er hat noch niemals gesehen, wie es jemand tat. Er selbst kann es nicht. Und in unserer eigenen Welt kann es kein Mensch. Und was ist mit mir?
Ich muss an Folgendes denken:
die Muscheln auf dem Basalt,
die Schwäne 53)
53) Beginn eines Satzes; der Rest ist jedoch unlesbar.
Diese losen Notizen »Muscheln, Schwäne, Frösche« usw. hätte ich nirgends im Text unterbringen können, ohne meinem Vorsatz untreu zu werden, auf keinen Fall etwas dazu zu phantasieren.
die Frösche
(ich weiß genau, dass ich sie vorher noch nie gesehen hatte, obwohl ich mir das jetzt kaum mehr vorstellen kann). Margret setzte mir einmal einen auf meine Hand xxx 54)
54) unlesbar
den Abend, an dem wir gesungen haben,
das Feuerchen, das wir am Strand machten.
Téja – Wenn es Sommer gewesen wäre, sagte sie einmal, hätten wir unsere Kleider ausgezogen und wären schwimmen gegangen.
Wenn es kalt war, machte Jan Feuer im Kamin.
Der Teppich. Schnuras Streifen – 55)
55) Auf diese Art und Weise geht es noch weiter. Ich verweise hier noch einmal auf das, was ich bereits in der vorigen und vorvorigen Fußnote gesagt habe.
Sonntag, 28. März 56)
56) Fortsetzung der normalen Tagebuchaufzeichnungen
Und wenn ich nun plötzlich doch mein Gedächtnis zurückbekommen würde? Das würde dann wahrscheinlich bedeuten, dass ich demnächst, dort drüben bei uns, nichts von meinen Erlebnissen hier vergessen hätte. Es soll zwar kein Kontakt zwischen den beiden Welten bestehen; ich bin aber nun mal hier und habe viel mehr Erinnerungen als am ersten Sonntag. Auch Herr Alva ist hier und andere Leute sind hier gewesen; außerdem stehen die Türme hier und das fensterlose Häuschen.
Vielleicht sind die Türme tatsächlich aus einer Scheinmaterie, meint der Universitätsprofessor Denosi. Aber das will mir nicht in den Kopf. Nur gestern Abend, als der Vollmond ins Zimmer und später auf den zweiten Turm schien, konnte ich diese Theorie verstehen. Das heißt, ich hielt es für möglich, dass Denosi unter Umständen Recht haben könnte.
Herr Alva und ich hatten keine Lust, hier noch länger zu bleiben – zu zweit in einem Turm, der tausend Zimmer hat. So sind wir zu Herrn Vaal gegangen, in sein kleines, windschiefes Haus. Niemand hinderte uns daran.
Später träumte ich, dass ich im Mondschein über den Strand lief. Téja ging neben mir her. Ganz still. Keinerlei Geräusche außer der See. Und da wollte ich plötzlich das WORT aussprechen. Das heißt, ich wollte es eigentlich nicht, sondern ich musste es – ich konnte nicht anders. Zum Glück erwachte ich, es war noch nicht der 1. April. Aber Téja war verschwunden.
Ich höre mit der elenden Schreiberei auf. Es macht mich ganz krank; ich wünschte, ich hätte nie mit diesem Tagebuch angefangen. Von mir aus können sie es mir abnehmen. Sollen sie doch allesamt verrecken!
ERGÄNZENDE BEILAGE:
Von Thomas Alva an Thomas Wit über die Theorien des Herrn Denosi 57)
57) Von dieser Stelle an schreibt wieder Herr Alva, und zwar nicht nur Theorien und eigene Überlegungen, sondern auch ein Stück »Tagebuch«; zuerst in Toms Büchlein und später auf anderes Papier.
»In dieser spiegelbildlichen Welt können die Türme als echte Materie nicht bestehen.« Die Tatsache, dass wir beide, du und ich, hier existieren können, liegt nur an unserem geistigen Ich. Das beseelte Wort bringt uns hierher und unser Geist schafft uns den passenden Körper dazu. All die leblosen Dinge, die wir
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