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Die Türme von Toron

Die Türme von Toron

Titel: Die Türme von Toron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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tastete nach einem Stück Haut am Hals, drehte es und zog es über den Kopf. In der Düsternis verschwand die Hälfte seines Halses, sein Kinn und eine Wange. »Du meinst die Akrobatin. Sie ist ein sehr nettes Mädchen, Clea.« Er zog ein weiteres Stück Haut hoch, bis nur noch die Lippen und eine Augenhöhle übrigblieben.
    »Das weiß ich. Ohne sie wäre ich nicht hier. Ich bat sie, mir zu verraten, was eigentlich mit euch los ist, aber sie sagte, je mehr Leute es wüßten, desto mehr befänden sich in Gefahr. Also drang ich nicht weiter in sie. Aber ich bin immer noch neugierig.«
    Der Rest von Jons Gesicht verschwand. »Sie war in einer Gruppe, die man heute Dissis nennen würde. Auch ich gehörte ihr an, sozusagen. Unglücklicherweise wurden wir gezeichnet, ähnlich den Waldwächtern mit ihren Dreifachnarben. Unser Brandzeichen läßt uns in der Düsternis unsichtbar werden.« Er fuhr sich mit den Fingern grob durchs Haar, das daraufhin wie eine abgenommene Perücke verschwand. »So«, kam die Stimme von über dem leeren Kragen.
    Dann griff seine Hand in eine Tasche. Er hielt eine winzige Sprühflasche hoch und drückte darauf. Schaum breitete sich auf die scheinbare Leere. Sein Gesicht erschien – zuerst durchsichtig, dann festigte es sich.
    »Aber es gibt für alles eine Lösung, wie du siehst. Jetzt müssen wir so schnell wie möglich einen König auf den Thron setzen und diesen Krieg beenden.« Das andere Ende des Sprühfläschchens produzierte schwarzen Schaum, der das Haar zum Vorschein kommen ließ. »Willst du uns helfen, Clea?«
    »Ich bin beeindruckt. Aber Alter hat es mir bereits gezeigt. Vielleicht könntet ihr in einer kleinen Nebenshow im Zirkus auftreten. Verstopft das Zeug denn eure Poren nicht?«
    »Nein«, erklärte Jon. »Wenn der Schaum trocknet, läßt er Luft und Schweiß durch. Aber wir müssen Let zurückbringen.«
    »Für welche Fraktion arbeitest du eigentlich?« fragte sie. »Oder ist die Herzogin gar selbst auf den Thron scharf?«
    Jon schüttelte den Kopf. »Clea, das Ganze ist größer als alle politischen Differenzen. Es ist sogar größer als der Feind jenseits der Barriere, denn wir haben einen Verbündeten zwischen den Sternen.«
     
    Lichtstränge verbinden Zelt und Buden. Paare schlendern gemächlich dahin und essen gebackenen Fisch aus Plastikbeuteln. Ein Wunderrad umringt die Dunkelheit, und Kinder versuchen unter der Absperrung hindurchzuschlüpfen. Am Grund des Aquariums streckt der Tintenfisch sich über die grünen Steinchen aus. Das Vibraphon schrillt durch die Neonnacht.
     
    Alter trat aus dem Hintereingang des großen Zeltes. Mit beiden Händen hob sie ihr langes weißes Haar über den Kopf. Die Brise fühlte sich angenehm kühl am Nacken und in den Schulterhöhlen an. Der Applaus der Zuschauer dröhnte noch in ihren Ohren. Es tat gut, bewundert zu werden. Sie rannte zwischen den Zelten dahin und hielt an, als sie den narbigen Riesen sah.
    »Arkor!« Sie strahlte. »Es ist schön, dich wiederzusehen. Wie geht es dir? Und der Herzogin? Und Jon? Habt ihr etwas von Tel gehört?«
    »Nichts«, erwiderte der Hüne. »Aber alle sind wohlauf. Jon ist hier mit mir, genau wie Prinz Let.«
    »Ihr bringt ihn also zurück, damit er den Thron besteigen kann? Das ist gut.« Sie runzelte die Stirn. »Weshalb siehst du mich so komisch an?«
    »Ich lausche.« Sie spazierten nun nebeneinander her. »Alter, es ist etwas in Cleas Geist, an das ich nicht herankomme. Es ist dafür verantwortlich, daß sie sich so zurückgezogen hatte, und das du irgendwie durchdrungen hast. Aber ich sehe einfach nicht klar.«
    »Es ist Tomar«, versicherte ihm Alter. »Er war der Offizier, mit dem sie zu Anfang des Krieges verlobt war. Er fiel. Sie erzählte mir von ihm, ehe sie an ihrem neuen Projekt zu arbeiten begann. Sie meint übrigens, daß es noch viel bedeutender ist als der Materietransmitter.«
    Arkor schüttelte den Kopf. »Nein, Alter. Das ist es nicht. Es liegt viel tiefer. Es ist etwas, das sie herausfand und das so grauenvoll war, daß sie nun Tomars Tod benutzt, um ja nicht daran erinnert zu werden. Es hat auch etwas mit dem Herrn der Flammen zu tun.«
    »Clea?« fragte Alter überrascht.
    »Wie ich schon sagte, ich sehe einfach nicht ganz klar. Aber auch alle Waldwächter wissen darüber Bescheid und benutzen ihre vereinten Kräfte, um es mir zu verheimlichen. Sie wissen offenbar von meiner Verbindung mit dem Dreiwesen und sind sich nicht sicher, was sie tun sollen. Die gleiche

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