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Die Türme von Toron

Die Türme von Toron

Titel: Die Türme von Toron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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zurückgeschlagenen Kuppel erkennen. »Wie geht’s?« rief er ihm zu.
    »Ich kann den Kasten jetzt schon fast auf einem Dezistück wenden!« schrie Shrimp stolz zurück. »He, rate mal, wo ich Curly gesehen habe …« Aber schon schloß der Nebel sich hinter dem Tank.
    Erst als der Feierabendpfiff durch den Dunst schrillte, fiel Tel auf, daß der Flup-Flup nicht mehr oben auf dem Montagegestell saß. Er sah sich nach ihm um.
    Flap-Flap klang es von hinter ihm. Tel wischte sich die schmierigen Hände an der Hose ab, drehte sich um und stapfte durch den Schlamm. Fast rutschte er in einen kleinen Krater. Als er sein Gleichgewicht wieder zurückgewonnen hatte, befand er sich knapp außerhalb des Halbkreises um die Baracken.
    Er lauschte und hörte ein Zwitschern von links. Wieder drehte er sich um und folgte ihm. Er war bereits über eine meterhohe Steinsackmauer geklettert, ehe ihm Zweifel kamen, ob es auch wirklich der Flip-Flap gewesen war. Er bückte sich und schnippte mit den Fingern. Sofort erklang das Zwitschern aufs neue, aber immer noch war es zu weit entfernt, als daß er das Tier hätte sehen können. Er rannte ein paar Schritte. Das leise Geräusch von leichten Füßen zog sich zurück. »He!« rief er. »He! Komm doch zurück und bleib bei mir.« Er hätte vielleicht besser Holzkohle mitbringen sollen. Am Morgen hatte er sich die Taschen damit vollgestopft, aber im Lauf des Tages alles an den Federknäuel verfüttert. »Komm!« rief er.
    Flep-Flop, Flip-Flip, Flop-Flep.
    Tel rannte weitere zwanzig Schritte geradeaus. Als er stehenblieb, hielt auch der Flup-Flap an und gluckste. »Zum Teufel mit dir«, brummte Tel und kehrte um.
    Er hatte etwa ein halbes Dutzend Schritte durch den dickeren Schlamm gemacht, als er die Brauen zusammenzog. Er drehte sich nach rechts, tat fünf Schritte, und hielt an, als mehrere laublose Bäume vor ihm auftauchten. Konzentrierend runzelte er die Stirn und schlug eine neue Richtung ein. Fünf Minuten später wurde der Boden unter seinen Füßen erstaunlich fest. Er konnte sich nicht erinnern, einen solchen Grund überquert zu haben.
    Zu seiner Rechten war der Nebel blauer. Er versuchte sich zu erinnern: von welcher Seite hatte die Nacht begonnen, das Lager einzuhüllen? Es war grauer Nachmittag gewesen, als er alle die Kameraden hier kennengelernt hatte. Dann, als die Nacht angebrochen war, hatten sie um das Feuer gesessen und den Geschichten gelauscht, die der Soldat auf der Kiste erzählte. Aber von woher war die Dunkelheit zuerst gekommen? Er marschierte weiter, als plötzlich etwas gegen sein Gesicht streifte. Erschrocken sprang er zurück, und bemerkte jetzt erst, daß er blindlings in eine neue Baumgruppe spaziert war. Der Zweig, der ihn berührt hatte, war nicht scharf und kratzig, sondern weich wie Gummi. Er rieb sich das Kinn, dann betastete er den Zweig.
    Erst jetzt wurde ihm klar, was es bedeutete, sich hier zu verirren. Die Angst schoß wie geschmolzenes Eisen durch seine Adern. Seine Knie waren weich, er konnte kaum noch aufrecht stehen. Der Nebel schien immer dichter zu werden …
    Etwas zwitscherte links von ihm. Heftig warf er sich nach rechts und rannte. Der Schlamm spritzte hoch, dann wurde der Boden fester und gleich darauf wieder schlammig. Er lief und lief. Der Nebel brannte in seiner Lunge und reizte seine Nase.
    Gerade noch rechtzeitig streckte er schützend die Arme aus, sonst wäre er mit voller Wucht gegen einen Felsblock geprallt. Er preßte die heiße Stirn gegen den kühlen Stein und holte keuchend Luft. Er befand sich offenbar am Fuß einer Felswand. Das Gestein verschwand hoch über ihm und verlor sich auch nach rechts und links aus seiner Sicht. Er drehte sich um, drückte sich mit dem Rücken an den Fels. Er versuchte, nicht zu denken und die Augen geschlossen zu halten, aber sie öffneten sich immer wieder gegen seinen Willen und starrten wild um sich. Hysterisch konzentrierte er sich auf etwas Dunkles in dem düsteren Nebel.
    Etwas kam auf ihn zu.
    Er hielt den Atem an. Seine Lunge drohte zu platzen und die Rippen zu sprengen. Mutter, dachte er, o Mutter, Vater …
    »Du suchst dir auch die seltsamste Zeit für einen Spaziergang aus«, brummte Quorl. Als Tel vor Erleichterung fast das Bewußtsein verlor, schlug der Späher ihm scharf die Hand auf die Brust. »Atme!« befahl er.
    Tel begann wieder zu atmen. Er wollte schreien, doch die feuchte, modrige Luft zu holen, war wichtiger. Er löste sich vom Felsen. Sein Rücken war schweißüberströmt

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